Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.Tagebuchblciltcr eines Somitagsphilosopheii, palis im Heinrich von Ofterdingen, in einem Gedichte, das den zweiten Teil
Was sollten aber solche Träumer aus Wolkenkukuksheim, so glänzend sie es Wie sich gerade in der Zeit und dem Geiste der Romantik der Umschwung, Tagebuchblciltcr eines Somitagsphilosopheii, palis im Heinrich von Ofterdingen, in einem Gedichte, das den zweiten Teil
Was sollten aber solche Träumer aus Wolkenkukuksheim, so glänzend sie es Wie sich gerade in der Zeit und dem Geiste der Romantik der Umschwung, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0087" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/289210"/> <fw type="header" place="top"> Tagebuchblciltcr eines Somitagsphilosopheii,</fw><lb/> <p xml:id="ID_323" prev="#ID_322"> palis im Heinrich von Ofterdingen, in einem Gedichte, das den zweiten Teil<lb/> (Erfüllung genannt) eröffnet. Darin z. B:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_29" type="poem"> <l> Es bricht die neue Welt herein<lb/> Und verdunkelt den hellsten sbisherigenj Sonnenschein.<lb/> Man sieht nun aus bemoosten Trümmern öder alten Welt)<lb/> Eine wunderseltsame Zukunft schimmern u. s, w.</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_324"> Was sollten aber solche Träumer aus Wolkenkukuksheim, so glänzend sie es<lb/> ausmalten, unten in der deutschen Welt, wie sie nun wirklich war? In die<lb/> Sterne gucken, während ihnen die Bergspitze, auf der sie guckten, von unten her<lb/> abgegraben wurde? Man begreift da völlig, wie Napoleon, der unsäglich nüch¬<lb/> terne (und selbst doch gewaltiger Träumer), von den Deutschen als Ideologen<lb/> sprechen und denken konnte. Nun der Jdeenheld, als die Zeit kam, war doch<lb/> auch gleich wieder der alte deutsche nött W swer nariclsn, das sollte Napoleon<lb/> im Jahre 1813 erfahren, wie sein Neffe im Jahre 1870 wieder. Im Jahre 1805<lb/> tröstet sich Arnim prophetisch ahnend in der Abhandlung von Volksliedern, als<lb/> Anhang zum ersten Bande des Wunderhorns: „Ob sich die (deutsche) Welt aus¬<lb/> ruht zum Außerordentlichen? Das Speculiren, das so ernsthaft genommen<lb/> wird, macht es wahrscheinlich, denn dies ist der Traum der Thätigkeit, nur der<lb/> Morgenträume sind wir uns bewußt" (Wunderhorn 1845 1, 461). Und so<lb/> kam es, es waren Morgenträume auf einen neuen Welttag gewesen. In den<lb/> Heeren von 1813 kämpfte und lenkte nun der Geist mit, der eben aus jenem<lb/> Gedankenhimmel herunter kam, gerade auch der romantische, durch den ja auch<lb/> das deutsche Nationalgefühl aus der Vorzeit her wieder zu ganzer Kraft er¬<lb/> weckt, der deutsche Geist in der eignen Heimat wieder heimisch geworden war.<lb/> Die Träumer hatten dort oben doch die rechten Lichter aufgesteckt oder wieder¬<lb/> entdeckt, die die rechten Wege auch hienieden wiesen und beim Zugreifen an<lb/> der da gebotenen sauern Arbeit leuchteten.</p><lb/> <p xml:id="ID_325" next="#ID_326"> Wie sich gerade in der Zeit und dem Geiste der Romantik der Umschwung,<lb/> der nun nötig war, entschieden meldete, die Rückkehr vom Träumen zum Ein¬<lb/> greifen in die gegebene Welt, vorbereitet allerdings schon in der Genieperiode,<lb/> das läßt sich z. B. in Hölderlins Seele sehen, der den Weg vom Hellenismus<lb/> her zur deutschen Zukunft durch die Romantik hindurch suchte. So wenn er im<lb/> November 1794, also schon vor dem eigentlichen Drang und Zwang der poli¬<lb/> tischen Not, aus Jena in die Heimat an Neuffer von der ästhetischen Welt<lb/> schreibt, die ihm nun in ihrem Aufsteigen abgeschlossen vorkommen will, zugleich<lb/> unter dem mächtigen Einfluß von Fichtes Vorlesungen: „Wenns sein muß, so<lb/> zerbrechen wir unsre unglücklichen Saitenspiele und thun, was die Künstler<lb/> träumten. Das ist mein Trost." (Werke 1846 2, 106.) Und im Hypenon hat<lb/> er das gethan, so weit es mit der Feder in der Hand in der Stube möglich<lb/> ist, der Roman ist bei aller seligen Seelenträumerei, bei allem Rausch von Phan¬<lb/> tasie und Naturfühlen doch zugleich voller Prophetie auf ein großes Thatleben</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0087]
Tagebuchblciltcr eines Somitagsphilosopheii,
palis im Heinrich von Ofterdingen, in einem Gedichte, das den zweiten Teil
(Erfüllung genannt) eröffnet. Darin z. B:
Es bricht die neue Welt herein
Und verdunkelt den hellsten sbisherigenj Sonnenschein.
Man sieht nun aus bemoosten Trümmern öder alten Welt)
Eine wunderseltsame Zukunft schimmern u. s, w.
Was sollten aber solche Träumer aus Wolkenkukuksheim, so glänzend sie es
ausmalten, unten in der deutschen Welt, wie sie nun wirklich war? In die
Sterne gucken, während ihnen die Bergspitze, auf der sie guckten, von unten her
abgegraben wurde? Man begreift da völlig, wie Napoleon, der unsäglich nüch¬
terne (und selbst doch gewaltiger Träumer), von den Deutschen als Ideologen
sprechen und denken konnte. Nun der Jdeenheld, als die Zeit kam, war doch
auch gleich wieder der alte deutsche nött W swer nariclsn, das sollte Napoleon
im Jahre 1813 erfahren, wie sein Neffe im Jahre 1870 wieder. Im Jahre 1805
tröstet sich Arnim prophetisch ahnend in der Abhandlung von Volksliedern, als
Anhang zum ersten Bande des Wunderhorns: „Ob sich die (deutsche) Welt aus¬
ruht zum Außerordentlichen? Das Speculiren, das so ernsthaft genommen
wird, macht es wahrscheinlich, denn dies ist der Traum der Thätigkeit, nur der
Morgenträume sind wir uns bewußt" (Wunderhorn 1845 1, 461). Und so
kam es, es waren Morgenträume auf einen neuen Welttag gewesen. In den
Heeren von 1813 kämpfte und lenkte nun der Geist mit, der eben aus jenem
Gedankenhimmel herunter kam, gerade auch der romantische, durch den ja auch
das deutsche Nationalgefühl aus der Vorzeit her wieder zu ganzer Kraft er¬
weckt, der deutsche Geist in der eignen Heimat wieder heimisch geworden war.
Die Träumer hatten dort oben doch die rechten Lichter aufgesteckt oder wieder¬
entdeckt, die die rechten Wege auch hienieden wiesen und beim Zugreifen an
der da gebotenen sauern Arbeit leuchteten.
Wie sich gerade in der Zeit und dem Geiste der Romantik der Umschwung,
der nun nötig war, entschieden meldete, die Rückkehr vom Träumen zum Ein¬
greifen in die gegebene Welt, vorbereitet allerdings schon in der Genieperiode,
das läßt sich z. B. in Hölderlins Seele sehen, der den Weg vom Hellenismus
her zur deutschen Zukunft durch die Romantik hindurch suchte. So wenn er im
November 1794, also schon vor dem eigentlichen Drang und Zwang der poli¬
tischen Not, aus Jena in die Heimat an Neuffer von der ästhetischen Welt
schreibt, die ihm nun in ihrem Aufsteigen abgeschlossen vorkommen will, zugleich
unter dem mächtigen Einfluß von Fichtes Vorlesungen: „Wenns sein muß, so
zerbrechen wir unsre unglücklichen Saitenspiele und thun, was die Künstler
träumten. Das ist mein Trost." (Werke 1846 2, 106.) Und im Hypenon hat
er das gethan, so weit es mit der Feder in der Hand in der Stube möglich
ist, der Roman ist bei aller seligen Seelenträumerei, bei allem Rausch von Phan¬
tasie und Naturfühlen doch zugleich voller Prophetie auf ein großes Thatleben
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |