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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.

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Die Schulvereine.

verbündet sein dürfen, umso mehr aber von dem deutschfeindlichen Geiste durch¬
tränkt sind, und von der Gelegenheit, billige französische Bücher zu lesen, den
eifrigsten Gebrauch machen.

Wollen die Franzosen mit ihrer Schulpropaganda auch der Politik die
Wege vorbereiten? Das "Bulletin," welches über sämtliche irgendwo abge¬
haltenen Vereinsversammlungen und die dabei gesprochenen Reden genan Buch
führt, giebt auch darüber genaue Auskunft. Die zahlreichen Schulen in Syrien
dienen dem ganz bestimmten Zwecke der Einführung des französischen Geistes
in diese türkische Provinz, weil "Frankreich -- wie es in einem dieser Berichte
heißt -- sich rüsten muß gegen die Möglichkeit, daß England auch Syrien dem
kranken Manne entreiße." Die Länder französischer Zunge, Belgien, die Schweiz,
Kanada, Mauritius u. s. w., sollen durch die Thätigkeit der ^Ilianoe immer von
neuem daran erinnert werden, daß sie zum großen Mutterlande gehören und
von diesem nicht vergessen worden sind. Nur ein einziges Land ist von der
Wirksamkeit des Vereins ausgeschlossen: "denn wozu würde sie nützen? Es
liebt uns genug, um sich selbst zu bewahren. Auf welche Liste würden wir es
mich schreiben? Es giebt keinen Platz dafür unter den andern Ländern; es
steht abseits, unberührbar, im tiefsten Grunde unsrer Herzen. Es weiß und
sieht dies und täuscht sich nicht über die Bedeutung unsres Schweigens und
unsrer Enthaltsamkeit."

Noch eine Festrede möchte ich zum Schlüsse berühren, weil sie in nicht
wenigen Stellen dasselbe Land "Rührmichnichtan," wie es von Deutschen und
Franzosen, allerdings von beiden mit anderm Sinne, genannt werden könnte, in
aller Zartheit berührt. Die ^IliMLe- hat das Glück, daß gerade die größten
Männer Frankreichs zu ihren eifrigsten Anhängern gehören (Lesfeps ist z. B.
ihr erster Präsident, die Universitätsprofessoren, wie ausdrücklich hervorgehoben
wird, sind ihre thätigsten Werber und Förderer), und so hat denn auch der
greise Renan einem Gesellschaftsabende dieses Vereins dadurch einen besondern
Glanz verliehen, daß er eine an und für sich geistvolle und mit schelmischer
Grazie erfüllte, aber auch den alten Deutschenhaß verratende Ansprache hielt,
aus der ich nach dem Texte des ^ouriM ach vsbat" vom 3. Februar 1838
nur folgende Stellen herausheben will. Er spricht von dem Zuge nach Freiheit,
dem die Franzosen und ihre Sprache stets als Vorkämpfer gedient haben, und
fährt dann fort: "Nun aber hat sich ein so wenig liberaler Hauch erhoben
in der ganzen Welt, daß man beinahe als einen Beweis gegen uns ausgenützt
hat, was doch so hohes Lob verdient hätte. Man hat ohne viele Umstünde
ein Land weggenommen, welches wir, wie sie sagen, nicht zu assimiliren ver¬
standen hätten. Aber die Welt liebt den Starken. Kümmern wir uns nicht
um sie; bald wird sie anders denken. Ich habe stets jene Antwort so schön
gefunden, die Abraham dem Könige von Sodom, seinem Verbündeten, gab:
midi lmimas, oaetsra totis tibi." Im folgenden scherzt er: "Geben Sie Acht,


Die Schulvereine.

verbündet sein dürfen, umso mehr aber von dem deutschfeindlichen Geiste durch¬
tränkt sind, und von der Gelegenheit, billige französische Bücher zu lesen, den
eifrigsten Gebrauch machen.

Wollen die Franzosen mit ihrer Schulpropaganda auch der Politik die
Wege vorbereiten? Das „Bulletin," welches über sämtliche irgendwo abge¬
haltenen Vereinsversammlungen und die dabei gesprochenen Reden genan Buch
führt, giebt auch darüber genaue Auskunft. Die zahlreichen Schulen in Syrien
dienen dem ganz bestimmten Zwecke der Einführung des französischen Geistes
in diese türkische Provinz, weil „Frankreich — wie es in einem dieser Berichte
heißt — sich rüsten muß gegen die Möglichkeit, daß England auch Syrien dem
kranken Manne entreiße." Die Länder französischer Zunge, Belgien, die Schweiz,
Kanada, Mauritius u. s. w., sollen durch die Thätigkeit der ^Ilianoe immer von
neuem daran erinnert werden, daß sie zum großen Mutterlande gehören und
von diesem nicht vergessen worden sind. Nur ein einziges Land ist von der
Wirksamkeit des Vereins ausgeschlossen: „denn wozu würde sie nützen? Es
liebt uns genug, um sich selbst zu bewahren. Auf welche Liste würden wir es
mich schreiben? Es giebt keinen Platz dafür unter den andern Ländern; es
steht abseits, unberührbar, im tiefsten Grunde unsrer Herzen. Es weiß und
sieht dies und täuscht sich nicht über die Bedeutung unsres Schweigens und
unsrer Enthaltsamkeit."

Noch eine Festrede möchte ich zum Schlüsse berühren, weil sie in nicht
wenigen Stellen dasselbe Land „Rührmichnichtan," wie es von Deutschen und
Franzosen, allerdings von beiden mit anderm Sinne, genannt werden könnte, in
aller Zartheit berührt. Die ^IliMLe- hat das Glück, daß gerade die größten
Männer Frankreichs zu ihren eifrigsten Anhängern gehören (Lesfeps ist z. B.
ihr erster Präsident, die Universitätsprofessoren, wie ausdrücklich hervorgehoben
wird, sind ihre thätigsten Werber und Förderer), und so hat denn auch der
greise Renan einem Gesellschaftsabende dieses Vereins dadurch einen besondern
Glanz verliehen, daß er eine an und für sich geistvolle und mit schelmischer
Grazie erfüllte, aber auch den alten Deutschenhaß verratende Ansprache hielt,
aus der ich nach dem Texte des ^ouriM ach vsbat« vom 3. Februar 1838
nur folgende Stellen herausheben will. Er spricht von dem Zuge nach Freiheit,
dem die Franzosen und ihre Sprache stets als Vorkämpfer gedient haben, und
fährt dann fort: „Nun aber hat sich ein so wenig liberaler Hauch erhoben
in der ganzen Welt, daß man beinahe als einen Beweis gegen uns ausgenützt
hat, was doch so hohes Lob verdient hätte. Man hat ohne viele Umstünde
ein Land weggenommen, welches wir, wie sie sagen, nicht zu assimiliren ver¬
standen hätten. Aber die Welt liebt den Starken. Kümmern wir uns nicht
um sie; bald wird sie anders denken. Ich habe stets jene Antwort so schön
gefunden, die Abraham dem Könige von Sodom, seinem Verbündeten, gab:
midi lmimas, oaetsra totis tibi." Im folgenden scherzt er: „Geben Sie Acht,


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[0559] Die Schulvereine. verbündet sein dürfen, umso mehr aber von dem deutschfeindlichen Geiste durch¬ tränkt sind, und von der Gelegenheit, billige französische Bücher zu lesen, den eifrigsten Gebrauch machen. Wollen die Franzosen mit ihrer Schulpropaganda auch der Politik die Wege vorbereiten? Das „Bulletin," welches über sämtliche irgendwo abge¬ haltenen Vereinsversammlungen und die dabei gesprochenen Reden genan Buch führt, giebt auch darüber genaue Auskunft. Die zahlreichen Schulen in Syrien dienen dem ganz bestimmten Zwecke der Einführung des französischen Geistes in diese türkische Provinz, weil „Frankreich — wie es in einem dieser Berichte heißt — sich rüsten muß gegen die Möglichkeit, daß England auch Syrien dem kranken Manne entreiße." Die Länder französischer Zunge, Belgien, die Schweiz, Kanada, Mauritius u. s. w., sollen durch die Thätigkeit der ^Ilianoe immer von neuem daran erinnert werden, daß sie zum großen Mutterlande gehören und von diesem nicht vergessen worden sind. Nur ein einziges Land ist von der Wirksamkeit des Vereins ausgeschlossen: „denn wozu würde sie nützen? Es liebt uns genug, um sich selbst zu bewahren. Auf welche Liste würden wir es mich schreiben? Es giebt keinen Platz dafür unter den andern Ländern; es steht abseits, unberührbar, im tiefsten Grunde unsrer Herzen. Es weiß und sieht dies und täuscht sich nicht über die Bedeutung unsres Schweigens und unsrer Enthaltsamkeit." Noch eine Festrede möchte ich zum Schlüsse berühren, weil sie in nicht wenigen Stellen dasselbe Land „Rührmichnichtan," wie es von Deutschen und Franzosen, allerdings von beiden mit anderm Sinne, genannt werden könnte, in aller Zartheit berührt. Die ^IliMLe- hat das Glück, daß gerade die größten Männer Frankreichs zu ihren eifrigsten Anhängern gehören (Lesfeps ist z. B. ihr erster Präsident, die Universitätsprofessoren, wie ausdrücklich hervorgehoben wird, sind ihre thätigsten Werber und Förderer), und so hat denn auch der greise Renan einem Gesellschaftsabende dieses Vereins dadurch einen besondern Glanz verliehen, daß er eine an und für sich geistvolle und mit schelmischer Grazie erfüllte, aber auch den alten Deutschenhaß verratende Ansprache hielt, aus der ich nach dem Texte des ^ouriM ach vsbat« vom 3. Februar 1838 nur folgende Stellen herausheben will. Er spricht von dem Zuge nach Freiheit, dem die Franzosen und ihre Sprache stets als Vorkämpfer gedient haben, und fährt dann fort: „Nun aber hat sich ein so wenig liberaler Hauch erhoben in der ganzen Welt, daß man beinahe als einen Beweis gegen uns ausgenützt hat, was doch so hohes Lob verdient hätte. Man hat ohne viele Umstünde ein Land weggenommen, welches wir, wie sie sagen, nicht zu assimiliren ver¬ standen hätten. Aber die Welt liebt den Starken. Kümmern wir uns nicht um sie; bald wird sie anders denken. Ich habe stets jene Antwort so schön gefunden, die Abraham dem Könige von Sodom, seinem Verbündeten, gab: midi lmimas, oaetsra totis tibi." Im folgenden scherzt er: „Geben Sie Acht,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/559>, abgerufen am 24.08.2024.