Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.Vie Schulvereine. es mit ihrem Antisemitismus nicht für vereinbar hielten, daß der Schulverein Noch wäre ein älterer Verein in Österreich zu erwähnen, der zwar nur Der "katholische Schulverein" ist nicht unter die nationalen Verteidigungs¬ Umso jubelnder wurde daher die Nachricht begrüßt, die im Sommer des Vie Schulvereine. es mit ihrem Antisemitismus nicht für vereinbar hielten, daß der Schulverein Noch wäre ein älterer Verein in Österreich zu erwähnen, der zwar nur Der „katholische Schulverein" ist nicht unter die nationalen Verteidigungs¬ Umso jubelnder wurde daher die Nachricht begrüßt, die im Sommer des <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0514" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/289637"/> <fw type="header" place="top"> Vie Schulvereine.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1714" prev="#ID_1713"> es mit ihrem Antisemitismus nicht für vereinbar hielten, daß der Schulverein<lb/> seine Unterstützung auch einzelnen jüdischen Privatschulen angedeihen läßt, weil<lb/> gerade diese, zumal in Mähren, mitten unter slawischen Bevölkerungen die ein¬<lb/> zigen Bewahrer deutscher Sprache und Bildung von altersher sind. Die Anti¬<lb/> semiten bildeten einen eignen „Schulverein für Deutsche," der satzungsgemäß<lb/> dieselben Ziele anstrebt wie der Musterverein, von seinen Wohlthaten aber, wie<lb/> auch von seinen Pflichten, jeden Nichtarier ausschließt. Die Hauptmasse der<lb/> Anhänger des neuen Vereins ist in den Alpenländern, besonders in Steiermark,<lb/> zu finden, dessen Hauptstadt Graz auch der Sitz der Hauptleitung ist; schon<lb/> aus dieser geographischen Lage erhellt, daß seine Thätigkeit hauptsächlich dem<lb/> südslawischen Boden gewidmet sein muß, und das ist eine Entlastung für den<lb/> alten Verein, der nunmehr umso kräftiger die nördlichen Gebiete beschützen<lb/> kann. Der „Schulverein für Deutsche" wurde im Jahre 1886 gegründet, zählt<lb/> jetzt an dreihundert Ortsgruppen mit einer Einnahme von 25000 Gulden,<lb/> von welchen aber nach den letzten Ausweisen nur etwa 5000 Gulden für Schul¬<lb/> zwecke ausgegeben werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1715"> Noch wäre ein älterer Verein in Österreich zu erwähnen, der zwar nur<lb/> einen beschränkten Wirkungskreis gewählt, in diesem aber schon seit Jahrzehnten<lb/> viel segensreiches geschaffen hat, nämlich die „Deutsche Schulgesellschaft" in<lb/> Innsbruck, begründet im Jahre 1867 auf Anregung des gelehrten Professors<lb/> Dr. Ignaz Zingerle. Trotz geringer Hilfsmittel ist es dieser Gesellschaft ge¬<lb/> lungen, der zunehmenden Verwälschung in Südtirol durch unermüdete Förderung<lb/> des Deutschtums in den hier merkwürdig zersplitterten Grenzgebieten Einhalt<lb/> zu thun, und der einsichtsvolle Berechner zukünftiger Staatenverhältnisse wird<lb/> die Wichtigkeit gerade dieser deutschen Vorwande an der Adria (bekanntlich sind<lb/> Neste deutscher Bevölkerung noch auf italienischem Gebiete bei Treviso u. s. w.<lb/> vorhanden) nicht verkennen und jenen vaterlandsliebenden Männern den Dank<lb/> des ganzen Volkes in Aussicht stellen können.</p><lb/> <p xml:id="ID_1716"> Der „katholische Schulverein" ist nicht unter die nationalen Verteidigungs¬<lb/> anstalten zu rechnen, denn er verfolgt ausschließlich römisch-klerikale Zwecke.<lb/> Ich nenne ihn hier nur deswegen, weil ich des alten Elendes unter den Deutschen<lb/> gedenken muß, daß sie von jeher ihre Haut für andre zu Markte getragen<lb/> haben. Mit seinem stattlichen Vermögen von mehr als 20000 Gulden, welches<lb/> aus den Taschen deutscher Alpenbewohner entnommen ist, könnte so manche<lb/> gute nationale That verrichtet werden, während es leider nur allzu wahr ist,<lb/> daß der freisinnige deutsche Bürger in Österreich mit seinen nationalen Feinden<lb/> noch eher Pallirer kann als mit dem eignen, dieselbe Sprache redenden Klerus.</p><lb/> <p xml:id="ID_1717" next="#ID_1718"> Umso jubelnder wurde daher die Nachricht begrüßt, die im Sommer des<lb/> Jahres 1881 in die Ostmark getragen wurde. Durch die Bemühungen einiger<lb/> edeln Patrioten war der „Allgemeine Deutsche Schulverein" ins Leben gerufen<lb/> worden, und zwar im Haupt- und Stammlande der Deutschen selbst, wo vier-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0514]
Vie Schulvereine.
es mit ihrem Antisemitismus nicht für vereinbar hielten, daß der Schulverein
seine Unterstützung auch einzelnen jüdischen Privatschulen angedeihen läßt, weil
gerade diese, zumal in Mähren, mitten unter slawischen Bevölkerungen die ein¬
zigen Bewahrer deutscher Sprache und Bildung von altersher sind. Die Anti¬
semiten bildeten einen eignen „Schulverein für Deutsche," der satzungsgemäß
dieselben Ziele anstrebt wie der Musterverein, von seinen Wohlthaten aber, wie
auch von seinen Pflichten, jeden Nichtarier ausschließt. Die Hauptmasse der
Anhänger des neuen Vereins ist in den Alpenländern, besonders in Steiermark,
zu finden, dessen Hauptstadt Graz auch der Sitz der Hauptleitung ist; schon
aus dieser geographischen Lage erhellt, daß seine Thätigkeit hauptsächlich dem
südslawischen Boden gewidmet sein muß, und das ist eine Entlastung für den
alten Verein, der nunmehr umso kräftiger die nördlichen Gebiete beschützen
kann. Der „Schulverein für Deutsche" wurde im Jahre 1886 gegründet, zählt
jetzt an dreihundert Ortsgruppen mit einer Einnahme von 25000 Gulden,
von welchen aber nach den letzten Ausweisen nur etwa 5000 Gulden für Schul¬
zwecke ausgegeben werden.
Noch wäre ein älterer Verein in Österreich zu erwähnen, der zwar nur
einen beschränkten Wirkungskreis gewählt, in diesem aber schon seit Jahrzehnten
viel segensreiches geschaffen hat, nämlich die „Deutsche Schulgesellschaft" in
Innsbruck, begründet im Jahre 1867 auf Anregung des gelehrten Professors
Dr. Ignaz Zingerle. Trotz geringer Hilfsmittel ist es dieser Gesellschaft ge¬
lungen, der zunehmenden Verwälschung in Südtirol durch unermüdete Förderung
des Deutschtums in den hier merkwürdig zersplitterten Grenzgebieten Einhalt
zu thun, und der einsichtsvolle Berechner zukünftiger Staatenverhältnisse wird
die Wichtigkeit gerade dieser deutschen Vorwande an der Adria (bekanntlich sind
Neste deutscher Bevölkerung noch auf italienischem Gebiete bei Treviso u. s. w.
vorhanden) nicht verkennen und jenen vaterlandsliebenden Männern den Dank
des ganzen Volkes in Aussicht stellen können.
Der „katholische Schulverein" ist nicht unter die nationalen Verteidigungs¬
anstalten zu rechnen, denn er verfolgt ausschließlich römisch-klerikale Zwecke.
Ich nenne ihn hier nur deswegen, weil ich des alten Elendes unter den Deutschen
gedenken muß, daß sie von jeher ihre Haut für andre zu Markte getragen
haben. Mit seinem stattlichen Vermögen von mehr als 20000 Gulden, welches
aus den Taschen deutscher Alpenbewohner entnommen ist, könnte so manche
gute nationale That verrichtet werden, während es leider nur allzu wahr ist,
daß der freisinnige deutsche Bürger in Österreich mit seinen nationalen Feinden
noch eher Pallirer kann als mit dem eignen, dieselbe Sprache redenden Klerus.
Umso jubelnder wurde daher die Nachricht begrüßt, die im Sommer des
Jahres 1881 in die Ostmark getragen wurde. Durch die Bemühungen einiger
edeln Patrioten war der „Allgemeine Deutsche Schulverein" ins Leben gerufen
worden, und zwar im Haupt- und Stammlande der Deutschen selbst, wo vier-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |