Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.Das nachgelassene Werk Immanuel Kants. Biologie die zweckmäßig wirkende schöpferische Kraft in der organischen Natur Es folgt nun eine Übersicht über das Elementarsystem der bewegenden Die Qualität der bewegenden Kräfte führt uns auf die Aggregatzustände Grmzlwwn III. 1838. 39
Das nachgelassene Werk Immanuel Kants. Biologie die zweckmäßig wirkende schöpferische Kraft in der organischen Natur Es folgt nun eine Übersicht über das Elementarsystem der bewegenden Die Qualität der bewegenden Kräfte führt uns auf die Aggregatzustände Grmzlwwn III. 1838. 39
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0313" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/289436"/> <fw type="header" place="top"> Das nachgelassene Werk Immanuel Kants.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1035" prev="#ID_1034"> Biologie die zweckmäßig wirkende schöpferische Kraft in der organischen Natur<lb/> aus physikalischen Prinzipien erklären will, so ist das entweder Schwärmerei<lb/> oder Unsinn, das heißt in Widerspruch mit den Prinzipien der Vernunft.</p><lb/> <p xml:id="ID_1036"> Es folgt nun eine Übersicht über das Elementarsystem der bewegenden<lb/> Kräfte der Materie nach den vier Klassen der Kategorien Quantität, Qualität,<lb/> Relation und Modalität. Dabei werden die Erfahrungsthatsachen der Physik<lb/> klassifizirt und gleichsam in die frühern des menschlichen Erkenntnisvermögens<lb/> eingereiht. Wenn die Materie den Raum überall gleichmäßig erfüllte, so wäre<lb/> ihre Quantität geometrisch zu bestimmen durch die Raumteile, die ihre Massen<lb/> einnehmen. Da aber der Raum in unendlich verschiednen Grade der Dichtigkeit<lb/> von der Materie erfüllt ist, so ist ihre Quantität nur durch das Gewicht er¬<lb/> fahrbar. Damit aber ein Wägen der Materie möglich sei, muß sie anziehende<lb/> und abstoßende Kräfte besitzen. Der Hebel einer Wagschale muß stark sein durch<lb/> eine Widerstandskraft, die er dem Zerbrechen entgegensetzt, und die Materie<lb/> oder der Körper, der gewogen werden soll, muß durch die Kraft der Gravi¬<lb/> tation gegen den Mittelpunkt der Erde angezogen werden. Gäbe es nur die<lb/> eine bewegende Kraft der Materie, die Gravitation, so müßte schließlich das<lb/> ganze Weltall in einen einzigen Punkt zusammenfallen. Wäre die Abstoßung<lb/> die einzige bewegende Kraft der Materie, so müßte sich alles in dem unendlichen<lb/> Raume verlieren. Nur das Gegenteil beider Kräfte in verschiedenem Maße<lb/> macht es möglich, daß die Quantität materieller Körper durch Wägen bestimmt<lb/> werden kann. Die Metaphysik giebt so die Erklärung dafür, wie überhaupt die<lb/> Wägbarkeit (die Ponderabilitcit) der Materie zu stände kommt; sie macht es<lb/> auch begreiflich, wie räumlich gleich große Körper verschiedenes Gewicht haben<lb/> können; das verschiedne Verhältnis der gegen einander wirkenden Kräfte muß<lb/> eben einen verschiednen Grund der Erfüllung des Raumes zur Folge haben.<lb/> Die Physik hat dann empirisch das Gewicht — das spezifische wie das ab¬<lb/> solute — der Körper zu bestimmen. So ist die Quantität die erste charak¬<lb/> teristische Eigenschaft aller Materie, die wir unsrer Erfahrung unterwerfen.<lb/> Das Wesen einer impouderabeln Materie dagegen würden wir niemals bestimmen<lb/> können. Der Begriff einer solchen würde sogar einen Widerspruch in sich ent¬<lb/> halten; denn es kann nur das mit Recht ein Objekt der Wissenschaft sein, was<lb/> crfahrvcir ist, und erfahren kann nur werden, was auch Quantität hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1037" next="#ID_1038"> Die Qualität der bewegenden Kräfte führt uns auf die Aggregatzustände<lb/> der Materie und erklärt, wie es möglich ist, daß es feste, tropfbar flüssige und<lb/> elastisch flüssige, d. i. gasförmige Stoffe giebt. Kant entwickelt dabei eine Theorie<lb/> der Wärme, die in allen wesentlichen Teilen mit den heutigen, mindestens ein<lb/> halbes Jahrhundert später zur Geltung gekommenen Vorstellungen übereinstimmt.<lb/> Der Unterschied ist nur der, daß nach ihm die Wärme die Erschütterung<lb/> der kleinsten Teile der Materie ist, nur ohne das Vorhandensein wirklicher<lb/> Atome, deren Existenz niemand nachweisen kann. In tropfbar flüssigem Zustande</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grmzlwwn III. 1838. 39</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0313]
Das nachgelassene Werk Immanuel Kants.
Biologie die zweckmäßig wirkende schöpferische Kraft in der organischen Natur
aus physikalischen Prinzipien erklären will, so ist das entweder Schwärmerei
oder Unsinn, das heißt in Widerspruch mit den Prinzipien der Vernunft.
Es folgt nun eine Übersicht über das Elementarsystem der bewegenden
Kräfte der Materie nach den vier Klassen der Kategorien Quantität, Qualität,
Relation und Modalität. Dabei werden die Erfahrungsthatsachen der Physik
klassifizirt und gleichsam in die frühern des menschlichen Erkenntnisvermögens
eingereiht. Wenn die Materie den Raum überall gleichmäßig erfüllte, so wäre
ihre Quantität geometrisch zu bestimmen durch die Raumteile, die ihre Massen
einnehmen. Da aber der Raum in unendlich verschiednen Grade der Dichtigkeit
von der Materie erfüllt ist, so ist ihre Quantität nur durch das Gewicht er¬
fahrbar. Damit aber ein Wägen der Materie möglich sei, muß sie anziehende
und abstoßende Kräfte besitzen. Der Hebel einer Wagschale muß stark sein durch
eine Widerstandskraft, die er dem Zerbrechen entgegensetzt, und die Materie
oder der Körper, der gewogen werden soll, muß durch die Kraft der Gravi¬
tation gegen den Mittelpunkt der Erde angezogen werden. Gäbe es nur die
eine bewegende Kraft der Materie, die Gravitation, so müßte schließlich das
ganze Weltall in einen einzigen Punkt zusammenfallen. Wäre die Abstoßung
die einzige bewegende Kraft der Materie, so müßte sich alles in dem unendlichen
Raume verlieren. Nur das Gegenteil beider Kräfte in verschiedenem Maße
macht es möglich, daß die Quantität materieller Körper durch Wägen bestimmt
werden kann. Die Metaphysik giebt so die Erklärung dafür, wie überhaupt die
Wägbarkeit (die Ponderabilitcit) der Materie zu stände kommt; sie macht es
auch begreiflich, wie räumlich gleich große Körper verschiedenes Gewicht haben
können; das verschiedne Verhältnis der gegen einander wirkenden Kräfte muß
eben einen verschiednen Grund der Erfüllung des Raumes zur Folge haben.
Die Physik hat dann empirisch das Gewicht — das spezifische wie das ab¬
solute — der Körper zu bestimmen. So ist die Quantität die erste charak¬
teristische Eigenschaft aller Materie, die wir unsrer Erfahrung unterwerfen.
Das Wesen einer impouderabeln Materie dagegen würden wir niemals bestimmen
können. Der Begriff einer solchen würde sogar einen Widerspruch in sich ent¬
halten; denn es kann nur das mit Recht ein Objekt der Wissenschaft sein, was
crfahrvcir ist, und erfahren kann nur werden, was auch Quantität hat.
Die Qualität der bewegenden Kräfte führt uns auf die Aggregatzustände
der Materie und erklärt, wie es möglich ist, daß es feste, tropfbar flüssige und
elastisch flüssige, d. i. gasförmige Stoffe giebt. Kant entwickelt dabei eine Theorie
der Wärme, die in allen wesentlichen Teilen mit den heutigen, mindestens ein
halbes Jahrhundert später zur Geltung gekommenen Vorstellungen übereinstimmt.
Der Unterschied ist nur der, daß nach ihm die Wärme die Erschütterung
der kleinsten Teile der Materie ist, nur ohne das Vorhandensein wirklicher
Atome, deren Existenz niemand nachweisen kann. In tropfbar flüssigem Zustande
Grmzlwwn III. 1838. 39
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |