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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr.

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wurden 1092, 1885 dagegen etwa 3000 Flinten eingeführt, und die Pulver¬
einfuhr, die im ersteren Jahre 124.000 Kilogramm betrug, belief sich im folgenden
auf 150.000 Kilogramm, Es leidet keinen Zweifel, daß dieses Kriegsmaterial
hauptsächlich zur Bewaffnung der Araber und derjenigen Schwarzen dient, die
mit ihnen verbündet die Sklavenjagden gewerbsmäßig betreiben, und es war
hohe Zeit, diesem Unwesen durch ein allgemeines und durch Kriegsfahrzeuge
unterstütztes Verbot zu steuern und zu verhindern, daß mit Hilfe von Waffen,
welche europäische Spekulanten liefern, wieder erfolgreiche Angriffe auf friedliche
europäische Ansiedelungen unternommen wurden. Der Kongostaat hatte ein der¬
artiges Verbot bereits erlassen, und es war erfreulich, daß die portugiesische Negie¬
rung dem Ersuchen Deutschlands und Englands, dasselbe zu thun und für Beachtung
ihres Verbotes durch Beteiligung an der Blockade zu sorgen, unverweilt nachkam.

In Betreff des Rechts zum Anhalten und Durchsuchen verdächtiger Schiffe,
um das es sich bei Frankreich handelte, ist daran zu erinnern, daß es von
Völkerrechtslehrern vielfach bestritten, vou England aber als bestes Mittel zur
Bekämpfung des Sklavenhandels stets formell beansprucht worden ist. Frankreich
unterstützte die Engländer anfangs durch zwei Verträge (1831 und 1833), bald
aber wurde, mit Grund oder Ungrund. behauptet, daß England das Recht nur
auf fremde Schiffe anwende, um so den eignen heimlichen Sklavenhandel
erfolgreicher betreiben zu können. Dazu kam die üble Laune, welche die Eng¬
länder über die Besitznahme Algeriens verrieten, dazu ferner die Entzweiung
zwischen ihnen und den Franzosen über die orientalische Frage, die 1840 mit
einem Kriege zu enden drohte. Es widerstrebte daher der öffentlichen Meinung
und nicht minder der Regierung in Frankreich, einer feindseligen Macht wie
England die Befugnis weiter zu gewähren, französische Fahrzeuge mitten im
Frieden anzuhalten und zu durchsuchen. So kam 1845 eine neue Übereinkunft
zu Stande, die diese Befugnis ausschloß und noch heute'für Frankreich ma߬
gebend ist, da das Jahr 1848 mit seinen liberalen und philantropischen Phrasen
daran nichts geändert hat, und weder der dritte Napoleon noch die dritte
Republik geneigt gewesen ist, die frühern Verträge zu erneuern. Es war daher
zweifelhaft, wie der französische Minister des Auswärtigen den deutsch-englischen
Vorschlag, in der Sansibarfrage das Dnrchsuchungsrccht anzuerkennen, aufnehmen
würde. Er that indes, was er konnte, d. h. er kam den löblichen Zielen
Deutschlands entgegen und nahm sich anderseits in Acht, die chauvinistische
Empfindlichkeit seiner Landsleute gegen Deutschland vor den Kopf zu stoßen.
Von einem Anschlusse Frankreichs an die Blockadegeschwader Deutschlands und
Englands konnte der letztern gegenüber nicht die Rede sein, aber das Durch-
suchungSrecht konnte in beschränktem Maße zugestanden werden, und so geschah
es auch, und die gemäßigte Pariser Presse fand daran nichts auszusetzen.
So sagt z. B. die I^ibsrt^ "Die französische Regierung hat sich, den allgemeinen
völkerrechtlichen Grundsätzen entsprechend, nur so weit verpflichtet, daß sie für


wurden 1092, 1885 dagegen etwa 3000 Flinten eingeführt, und die Pulver¬
einfuhr, die im ersteren Jahre 124.000 Kilogramm betrug, belief sich im folgenden
auf 150.000 Kilogramm, Es leidet keinen Zweifel, daß dieses Kriegsmaterial
hauptsächlich zur Bewaffnung der Araber und derjenigen Schwarzen dient, die
mit ihnen verbündet die Sklavenjagden gewerbsmäßig betreiben, und es war
hohe Zeit, diesem Unwesen durch ein allgemeines und durch Kriegsfahrzeuge
unterstütztes Verbot zu steuern und zu verhindern, daß mit Hilfe von Waffen,
welche europäische Spekulanten liefern, wieder erfolgreiche Angriffe auf friedliche
europäische Ansiedelungen unternommen wurden. Der Kongostaat hatte ein der¬
artiges Verbot bereits erlassen, und es war erfreulich, daß die portugiesische Negie¬
rung dem Ersuchen Deutschlands und Englands, dasselbe zu thun und für Beachtung
ihres Verbotes durch Beteiligung an der Blockade zu sorgen, unverweilt nachkam.

In Betreff des Rechts zum Anhalten und Durchsuchen verdächtiger Schiffe,
um das es sich bei Frankreich handelte, ist daran zu erinnern, daß es von
Völkerrechtslehrern vielfach bestritten, vou England aber als bestes Mittel zur
Bekämpfung des Sklavenhandels stets formell beansprucht worden ist. Frankreich
unterstützte die Engländer anfangs durch zwei Verträge (1831 und 1833), bald
aber wurde, mit Grund oder Ungrund. behauptet, daß England das Recht nur
auf fremde Schiffe anwende, um so den eignen heimlichen Sklavenhandel
erfolgreicher betreiben zu können. Dazu kam die üble Laune, welche die Eng¬
länder über die Besitznahme Algeriens verrieten, dazu ferner die Entzweiung
zwischen ihnen und den Franzosen über die orientalische Frage, die 1840 mit
einem Kriege zu enden drohte. Es widerstrebte daher der öffentlichen Meinung
und nicht minder der Regierung in Frankreich, einer feindseligen Macht wie
England die Befugnis weiter zu gewähren, französische Fahrzeuge mitten im
Frieden anzuhalten und zu durchsuchen. So kam 1845 eine neue Übereinkunft
zu Stande, die diese Befugnis ausschloß und noch heute'für Frankreich ma߬
gebend ist, da das Jahr 1848 mit seinen liberalen und philantropischen Phrasen
daran nichts geändert hat, und weder der dritte Napoleon noch die dritte
Republik geneigt gewesen ist, die frühern Verträge zu erneuern. Es war daher
zweifelhaft, wie der französische Minister des Auswärtigen den deutsch-englischen
Vorschlag, in der Sansibarfrage das Dnrchsuchungsrccht anzuerkennen, aufnehmen
würde. Er that indes, was er konnte, d. h. er kam den löblichen Zielen
Deutschlands entgegen und nahm sich anderseits in Acht, die chauvinistische
Empfindlichkeit seiner Landsleute gegen Deutschland vor den Kopf zu stoßen.
Von einem Anschlusse Frankreichs an die Blockadegeschwader Deutschlands und
Englands konnte der letztern gegenüber nicht die Rede sein, aber das Durch-
suchungSrecht konnte in beschränktem Maße zugestanden werden, und so geschah
es auch, und die gemäßigte Pariser Presse fand daran nichts auszusetzen.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_203434/541>, abgerufen am 28.09.2024.