Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Viertes Vierteljahr.Die ostcifrikanische Frage. in Gemeinschaft mit England vorzugehen, gemeinsames Interesse und Gegen¬ Portugal wurde zum Anschlusse an das deutsch-englische Übereinkommen Die ostcifrikanische Frage. in Gemeinschaft mit England vorzugehen, gemeinsames Interesse und Gegen¬ Portugal wurde zum Anschlusse an das deutsch-englische Übereinkommen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0540" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/203975"/> <fw type="header" place="top"> Die ostcifrikanische Frage.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1402" prev="#ID_1401"> in Gemeinschaft mit England vorzugehen, gemeinsames Interesse und Gegen¬<lb/> seitigkeit bei dessen Wahrnehmung vorauszusetzen, das heißt, es war anzunehmen,<lb/> daß in England wie bei uns Neigung zu freundschaftlichen Beziehungen zwischen<lb/> den beide» Mächten vorhanden sei, und daß man dort an den maßgebenden<lb/> Stellen, im Ministerium und im Parlamente, den Wunsch hege, in Sansibar,<lb/> auf einem für die englische Kolonialpolitik nicht besonders wichtigen, für die<lb/> deutsche aber hochbedeutsamen Gebiete, mit Deutschland oder doch neben ihm<lb/> dasselbe zu erstreben und in gleicher Richtung vorzugehen. Nur dadurch<lb/> wurde uns die Möglichkeit gewährt, den Sultan, für den sich die englische<lb/> Politik bisher interessirt hatte, im Verein mit dieser weiter zu unterstützen<lb/> und dessen Macht und Ansehen im gemeinsamen Interesse wiederherzustellen,<lb/> zu stärken und zu befestigen. Erhielt in England die liberale Opposition mit<lb/> ihrer deutschfeindlichen Gesinnung das Übergewicht in der Sache, so war daraus<lb/> zu schließen, daß die englische Politik der deutschen Freundschaft jetzt und in<lb/> der nächsten Zukunft überhaupt nicht zu bedürfen meine, und die Rückwirkung<lb/> davon würde sich über kurz oder lang fühlbar gemacht haben. Lagen, in denen<lb/> Großbritannien eines starken Freundes auf dem europäischen Festlande bedürfen<lb/> würde, mögen für heute und morgen nicht gerade wahrscheinlich sein, aber die<lb/> Möglichkeit derselben ist durchaus nicht ausgeschlossen. Nach dieser Auffassung<lb/> der Dinge handelte die deutsche Regierung, als sie sich zuerst die Mitwirkung<lb/> englischer Seestreitkräfte bei der Blockade zu verschaffen suchte, und ihre Be¬<lb/> mühungen hatten guten Erfolg. Auf.den betreffenden Vorschlag des deutschen<lb/> Botschafters in London erfolgte von Seiten des Marquis von Salisbury schon<lb/> zwei Tage darnach (5. November dieses Jahres) eine zustimmende Antwort, in<lb/> der es hieß: „Angesichts der zunehmenden Ausdehnung des Sklavenhandels<lb/> an der Ostküste von Afrika und der Störungen und Hindernisse, die derselbe<lb/> dem gesetzlich gestatteten Handel bereitet, tritt Ihrer Majestät Negierung dem<lb/> Vorschlage der kaiserlichen Regierung bei, mit Zustimmung des Sultans von<lb/> Sansibar an den Küsten der festländischen Besitzungen Seiner Hoheit eine Blockade<lb/> gegen die Einfuhr von Kriegsmaterial und die Ausfuhr von Sklaven herzu¬<lb/> stellen. Das Programm für deren Ausführung ist von dem englischen und<lb/> dem deutschen Admiral gemeinsam festzusetzen, und sie soll fortdauern, bis eine<lb/> der beiden Mächte ihre Absicht erklärt, sie aufzugeben."</p><lb/> <p xml:id="ID_1403" next="#ID_1404"> Portugal wurde zum Anschlusse an das deutsch-englische Übereinkommen<lb/> ersucht, weil der Negerhandel der Araber, sowie deren Versorgung mit Schie߬<lb/> gewehren und Munition sich auf das nahegelegne Gebiet dieses Staates, die<lb/> Provinz Mozambique, erstreckt hatte; Frankreich dagegen mußte in Betreff<lb/> der zur Blockade gehörigen Maßregel befragt werden, wonach verdächtige Schiffe,<lb/> gleichviel, welche Flagge sie führten, angehalten und nach Sklaven und Kriegs¬<lb/> material untersucht werden sollten. Die Einfuhr von Waffen und Pulver aus<lb/> Mozambique nach dem Innern von Ostafrika steigt von Jahr zu Jahr. 1884</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0540]
Die ostcifrikanische Frage.
in Gemeinschaft mit England vorzugehen, gemeinsames Interesse und Gegen¬
seitigkeit bei dessen Wahrnehmung vorauszusetzen, das heißt, es war anzunehmen,
daß in England wie bei uns Neigung zu freundschaftlichen Beziehungen zwischen
den beide» Mächten vorhanden sei, und daß man dort an den maßgebenden
Stellen, im Ministerium und im Parlamente, den Wunsch hege, in Sansibar,
auf einem für die englische Kolonialpolitik nicht besonders wichtigen, für die
deutsche aber hochbedeutsamen Gebiete, mit Deutschland oder doch neben ihm
dasselbe zu erstreben und in gleicher Richtung vorzugehen. Nur dadurch
wurde uns die Möglichkeit gewährt, den Sultan, für den sich die englische
Politik bisher interessirt hatte, im Verein mit dieser weiter zu unterstützen
und dessen Macht und Ansehen im gemeinsamen Interesse wiederherzustellen,
zu stärken und zu befestigen. Erhielt in England die liberale Opposition mit
ihrer deutschfeindlichen Gesinnung das Übergewicht in der Sache, so war daraus
zu schließen, daß die englische Politik der deutschen Freundschaft jetzt und in
der nächsten Zukunft überhaupt nicht zu bedürfen meine, und die Rückwirkung
davon würde sich über kurz oder lang fühlbar gemacht haben. Lagen, in denen
Großbritannien eines starken Freundes auf dem europäischen Festlande bedürfen
würde, mögen für heute und morgen nicht gerade wahrscheinlich sein, aber die
Möglichkeit derselben ist durchaus nicht ausgeschlossen. Nach dieser Auffassung
der Dinge handelte die deutsche Regierung, als sie sich zuerst die Mitwirkung
englischer Seestreitkräfte bei der Blockade zu verschaffen suchte, und ihre Be¬
mühungen hatten guten Erfolg. Auf.den betreffenden Vorschlag des deutschen
Botschafters in London erfolgte von Seiten des Marquis von Salisbury schon
zwei Tage darnach (5. November dieses Jahres) eine zustimmende Antwort, in
der es hieß: „Angesichts der zunehmenden Ausdehnung des Sklavenhandels
an der Ostküste von Afrika und der Störungen und Hindernisse, die derselbe
dem gesetzlich gestatteten Handel bereitet, tritt Ihrer Majestät Negierung dem
Vorschlage der kaiserlichen Regierung bei, mit Zustimmung des Sultans von
Sansibar an den Küsten der festländischen Besitzungen Seiner Hoheit eine Blockade
gegen die Einfuhr von Kriegsmaterial und die Ausfuhr von Sklaven herzu¬
stellen. Das Programm für deren Ausführung ist von dem englischen und
dem deutschen Admiral gemeinsam festzusetzen, und sie soll fortdauern, bis eine
der beiden Mächte ihre Absicht erklärt, sie aufzugeben."
Portugal wurde zum Anschlusse an das deutsch-englische Übereinkommen
ersucht, weil der Negerhandel der Araber, sowie deren Versorgung mit Schie߬
gewehren und Munition sich auf das nahegelegne Gebiet dieses Staates, die
Provinz Mozambique, erstreckt hatte; Frankreich dagegen mußte in Betreff
der zur Blockade gehörigen Maßregel befragt werden, wonach verdächtige Schiffe,
gleichviel, welche Flagge sie führten, angehalten und nach Sklaven und Kriegs¬
material untersucht werden sollten. Die Einfuhr von Waffen und Pulver aus
Mozambique nach dem Innern von Ostafrika steigt von Jahr zu Jahr. 1884
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