Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr.![]() Das Studium der alten Sprachen auf den Gymnasien. von z. von Unger. (Schluß,) s kommt also doch darauf hinaus: zur Zeit ist das Lateinische Ich komme nun zu der zweiten wichtigen Frage: In welchem Umfange Ist es erforderlich, daß der "klassisch gebildete" Mann die lateinische Litte¬ ![]() Das Studium der alten Sprachen auf den Gymnasien. von z. von Unger. (Schluß,) s kommt also doch darauf hinaus: zur Zeit ist das Lateinische Ich komme nun zu der zweiten wichtigen Frage: In welchem Umfange Ist es erforderlich, daß der „klassisch gebildete" Mann die lateinische Litte¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0574" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/203351"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341847_202776/figures/grenzboten_341847_202776_203351_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Das Studium der alten Sprachen<lb/> auf den Gymnasien.<lb/><note type="byline"> von z. von Unger.</note> (Schluß,) </head><lb/> <p xml:id="ID_1806"> s kommt also doch darauf hinaus: zur Zeit ist das Lateinische<lb/> als grundlegende Sprache und als hervorragende Disziplin auf<lb/> den Gymnasien unentbehrlich und unersetzlich. Ich lege besonders<lb/> Gewicht auf die Worte: als hervorragende Disziplin. Denn es<lb/> ist durchaus nicht zu übersehen, vielmehr von großer Bedeutung,<lb/> daß die eingehende und lange fortgesetzte Beschäftigung mit dem Lateinischen<lb/> den Schüler gewöhnt, einen Gegenstand als die Hauptsache zu betrachten und<lb/> auf diesen seine Kraft und seinen Fleiß zu sammeln. Diese Gewohnheit bringt<lb/> er auf die Universität mit und überträgt sie dort auf sein Fachstudium. Hierauf<lb/> vor allem beruht es, daß die meisten Universitätslehrer entschieden erklären: die<lb/> vom Gymnasium kommenden Studenten sind weit lernfähiger als die, welche<lb/> die Realschule liefert. Richtig ist ja, daß die Realanstalten zumeist mit weniger<lb/> gutem Schülermaterial zu arbeiten haben als die Gymnasien; die Haupt¬<lb/> ursache jenes Unterschiedes bleibt jedoch unzweifelhaft der gesammeltere Bildungs¬<lb/> gang auf den Gymnasien.</p><lb/> <p xml:id="ID_1807"> Ich komme nun zu der zweiten wichtigen Frage: In welchem Umfange<lb/> und wie soll das Lateinische auf den Gymnasien betrieben werden? Der Satz:<lb/> Avr Lvtwlas, sha vitas Zisoiuius wird beständig im Munde geführt, auf den<lb/> Schulen aber tagtäglich aufs gröblichste mißachtet. Er bedeutet: Man lehre<lb/> das Notwendige und, soweit es angeht, auch das Nützliche, enthalte sich aber des<lb/> Überflüssigem. Denn das Überflüssige verschlingt die Zeit, welche dem not¬<lb/> wendigen und Nützlichen gewidmet werden könnte. Der Kreis der Lehrgegen-<lb/> stände ist so ausgedehnt, und in diesem Kreise fehlt zur Zeit auf den Gymnasien<lb/> noch so wichtiges, daß die äußerste Sparsamkeit mit der Zeit dringendes Gebot<lb/> ist. Machen wir nun die Anwendung auf das Lateinische.</p><lb/> <p xml:id="ID_1808" next="#ID_1809"> Ist es erforderlich, daß der „klassisch gebildete" Mann die lateinische Litte¬<lb/> ratur in ihrem ganzen Umfange kenne? Gewiß nicht. Dazu würde auch ein</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0574]
[Abbildung]
Das Studium der alten Sprachen
auf den Gymnasien.
von z. von Unger. (Schluß,)
s kommt also doch darauf hinaus: zur Zeit ist das Lateinische
als grundlegende Sprache und als hervorragende Disziplin auf
den Gymnasien unentbehrlich und unersetzlich. Ich lege besonders
Gewicht auf die Worte: als hervorragende Disziplin. Denn es
ist durchaus nicht zu übersehen, vielmehr von großer Bedeutung,
daß die eingehende und lange fortgesetzte Beschäftigung mit dem Lateinischen
den Schüler gewöhnt, einen Gegenstand als die Hauptsache zu betrachten und
auf diesen seine Kraft und seinen Fleiß zu sammeln. Diese Gewohnheit bringt
er auf die Universität mit und überträgt sie dort auf sein Fachstudium. Hierauf
vor allem beruht es, daß die meisten Universitätslehrer entschieden erklären: die
vom Gymnasium kommenden Studenten sind weit lernfähiger als die, welche
die Realschule liefert. Richtig ist ja, daß die Realanstalten zumeist mit weniger
gutem Schülermaterial zu arbeiten haben als die Gymnasien; die Haupt¬
ursache jenes Unterschiedes bleibt jedoch unzweifelhaft der gesammeltere Bildungs¬
gang auf den Gymnasien.
Ich komme nun zu der zweiten wichtigen Frage: In welchem Umfange
und wie soll das Lateinische auf den Gymnasien betrieben werden? Der Satz:
Avr Lvtwlas, sha vitas Zisoiuius wird beständig im Munde geführt, auf den
Schulen aber tagtäglich aufs gröblichste mißachtet. Er bedeutet: Man lehre
das Notwendige und, soweit es angeht, auch das Nützliche, enthalte sich aber des
Überflüssigem. Denn das Überflüssige verschlingt die Zeit, welche dem not¬
wendigen und Nützlichen gewidmet werden könnte. Der Kreis der Lehrgegen-
stände ist so ausgedehnt, und in diesem Kreise fehlt zur Zeit auf den Gymnasien
noch so wichtiges, daß die äußerste Sparsamkeit mit der Zeit dringendes Gebot
ist. Machen wir nun die Anwendung auf das Lateinische.
Ist es erforderlich, daß der „klassisch gebildete" Mann die lateinische Litte¬
ratur in ihrem ganzen Umfange kenne? Gewiß nicht. Dazu würde auch ein
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |