Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr.Österreich und der deutsch-französische Krieg. Wien, gerichtet habe, um die österreichischen Operationen zu beschleunigen. Damit ist unstreitig vieles in der Gramontschen Replik widerlegt, andres Dieses Urteil wird durch eine Depesche bestätigt, die Beust 1874 von London Österreich und der deutsch-französische Krieg. Wien, gerichtet habe, um die österreichischen Operationen zu beschleunigen. Damit ist unstreitig vieles in der Gramontschen Replik widerlegt, andres Dieses Urteil wird durch eine Depesche bestätigt, die Beust 1874 von London <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0403" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/203180"/> <fw type="header" place="top"> Österreich und der deutsch-französische Krieg.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1306" prev="#ID_1305"> Wien, gerichtet habe, um die österreichischen Operationen zu beschleunigen.<lb/> Da nimmt es sich doch seltsam aus, wenn der, welchem solche Zusagen gemacht<lb/> worden waren und welcher vergeblich auf deren Verwirklichung drang, dein<lb/> andern nichts vorzuwerfen hatte." Der Widerspruch löst sich nach Beust mit<lb/> der Unklarheit der Behauptungen Gramonts. „Abmachungen bestanden in Wirk¬<lb/> lichkeit nicht, und weder Metternich noch Vitzthum hat sich dazu bekannt, ent¬<lb/> sprechende Erklärungen abgegeben zu haben, zu denen sie in der That auch gar<lb/> nicht ermächtigt waren. Wohlweislich hat sich Gramont gehütet, sich auf einen<lb/> vollzogenen Akt zu berufen. ... Es wird zwar das elastische Wort gewählt:<lb/> »Der Graf Vitzthum stellte im Einvernehmen mit dem Botschafter Österreichs<lb/> mit mir die Grundlagen des Vertrages auf, welcher erklärte« u. f. w., was man<lb/> so verstehen konnte, als habe der Vertrag bestanden, was aber in Wahrheit<lb/> nur als jALiönäo, nicht alö lÄvto gelten konnte, sofern selbst, was ich gar nicht<lb/> zugebe, die genannten Personen sich in der Weise geäußert haben sollten, wie<lb/> Gramont sie verstanden haben will." Wenn Gramont sich auf eine Verab¬<lb/> redung bezieht, nach welcher von Preußen in Gestalt eines Ultimatums verlangt<lb/> werden sollte, nichts gegen den im Prager Frieden festgestellten Stätusauo zu<lb/> unternehmen, so hat ihm nach Beusts Behauptung sein Gedächtnis eilten argen<lb/> Streich gespielt. Allerdings beantragte Frankreich einmal etwas der Art bei<lb/> Österreich, das war aber 1868 bei der Luxemburger Verwicklung, und Oster¬<lb/> reich ging darauf nicht ein, und glauben machen zu wollen, es sei im Juli<lb/> 1870 geschehen, man habe in einem Augenblicke, wo die süddeutschen Armeen<lb/> mit der preußischen schon im Felde standen, in Wien an Preußen ein' Ulti¬<lb/> matum wegen der Mainlinic richten wollen, erfordert viel Kühnheit der<lb/> Phantasie.</p><lb/> <p xml:id="ID_1307"> Damit ist unstreitig vieles in der Gramontschen Replik widerlegt, andres<lb/> aber bleibt bestehen. Österreich verfuhr durchaus freundschaftlich gegen Frank¬<lb/> reich, aber behutsam. Man wünschte ihm den Sieg und hätte gern dazu mit¬<lb/> gewirkt, versprach das auch, band sich aber nicht; denn man kannte die Unzu-<lb/> Kcrlässigkeit Napoleons und war nicht sicher, wie viel er vermochte, hatte auch<lb/> Rußland zu fürchten. Beust ließ die Depesche vom 11. Juli nur vor¬<lb/> lesen, nicht übergeben. Vitzthum und Metternich verhandelten später mit Gra¬<lb/> mont über einen Vertrag, der Österreich eventuell zum Beistände mit den<lb/> Waffen verpflichtete, er blieb aber Entwurf wie das „Instrument," welches<lb/> vorher von den Souveränen Österreichs, Frankreichs und Italiens ins Auge<lb/> gefaßt war. Wenn endlich Gramont den Österreichern keinen Vorwurf machen<lb/> zu können erklärt, so will er offenbar damit sagen: ihr wolltet wohl, konntet<lb/> aber nicht, und so glaubt er es mit ihnen nicht verderben zu dürfen, da in<lb/> dem Augenblicke, wo er schrieb, Napoleon noch Aussicht hatte, seinen Thron<lb/> Mieder zu gewinnen, und dann Österreichs Wohlwollen von Wert war.</p><lb/> <p xml:id="ID_1308" next="#ID_1309"> Dieses Urteil wird durch eine Depesche bestätigt, die Beust 1874 von London</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0403]
Österreich und der deutsch-französische Krieg.
Wien, gerichtet habe, um die österreichischen Operationen zu beschleunigen.
Da nimmt es sich doch seltsam aus, wenn der, welchem solche Zusagen gemacht
worden waren und welcher vergeblich auf deren Verwirklichung drang, dein
andern nichts vorzuwerfen hatte." Der Widerspruch löst sich nach Beust mit
der Unklarheit der Behauptungen Gramonts. „Abmachungen bestanden in Wirk¬
lichkeit nicht, und weder Metternich noch Vitzthum hat sich dazu bekannt, ent¬
sprechende Erklärungen abgegeben zu haben, zu denen sie in der That auch gar
nicht ermächtigt waren. Wohlweislich hat sich Gramont gehütet, sich auf einen
vollzogenen Akt zu berufen. ... Es wird zwar das elastische Wort gewählt:
»Der Graf Vitzthum stellte im Einvernehmen mit dem Botschafter Österreichs
mit mir die Grundlagen des Vertrages auf, welcher erklärte« u. f. w., was man
so verstehen konnte, als habe der Vertrag bestanden, was aber in Wahrheit
nur als jALiönäo, nicht alö lÄvto gelten konnte, sofern selbst, was ich gar nicht
zugebe, die genannten Personen sich in der Weise geäußert haben sollten, wie
Gramont sie verstanden haben will." Wenn Gramont sich auf eine Verab¬
redung bezieht, nach welcher von Preußen in Gestalt eines Ultimatums verlangt
werden sollte, nichts gegen den im Prager Frieden festgestellten Stätusauo zu
unternehmen, so hat ihm nach Beusts Behauptung sein Gedächtnis eilten argen
Streich gespielt. Allerdings beantragte Frankreich einmal etwas der Art bei
Österreich, das war aber 1868 bei der Luxemburger Verwicklung, und Oster¬
reich ging darauf nicht ein, und glauben machen zu wollen, es sei im Juli
1870 geschehen, man habe in einem Augenblicke, wo die süddeutschen Armeen
mit der preußischen schon im Felde standen, in Wien an Preußen ein' Ulti¬
matum wegen der Mainlinic richten wollen, erfordert viel Kühnheit der
Phantasie.
Damit ist unstreitig vieles in der Gramontschen Replik widerlegt, andres
aber bleibt bestehen. Österreich verfuhr durchaus freundschaftlich gegen Frank¬
reich, aber behutsam. Man wünschte ihm den Sieg und hätte gern dazu mit¬
gewirkt, versprach das auch, band sich aber nicht; denn man kannte die Unzu-
Kcrlässigkeit Napoleons und war nicht sicher, wie viel er vermochte, hatte auch
Rußland zu fürchten. Beust ließ die Depesche vom 11. Juli nur vor¬
lesen, nicht übergeben. Vitzthum und Metternich verhandelten später mit Gra¬
mont über einen Vertrag, der Österreich eventuell zum Beistände mit den
Waffen verpflichtete, er blieb aber Entwurf wie das „Instrument," welches
vorher von den Souveränen Österreichs, Frankreichs und Italiens ins Auge
gefaßt war. Wenn endlich Gramont den Österreichern keinen Vorwurf machen
zu können erklärt, so will er offenbar damit sagen: ihr wolltet wohl, konntet
aber nicht, und so glaubt er es mit ihnen nicht verderben zu dürfen, da in
dem Augenblicke, wo er schrieb, Napoleon noch Aussicht hatte, seinen Thron
Mieder zu gewinnen, und dann Österreichs Wohlwollen von Wert war.
Dieses Urteil wird durch eine Depesche bestätigt, die Beust 1874 von London
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |