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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr.

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Tim Deutlichkeit läßt die Stelle nichts zu wünschen übrig. Da haben wir
unsern Vollblutfranzosen. Haben die französischen Karten nach 1681 dem ge¬
raubten Elsaß nicht dieselbe Farbe gegeben wie Frankreich? Aber wir haben
gar nicht nötig, auf so große historische Thatsachen hinzuweisen. Die elsässischen
Archive und Bibliotheken, im ganzen und großen von den Franzosen vernach¬
lässigt und nur von einigen Elsässern gepflegt, sind heute, nachdem das deutsch¬
redende Land auch politisch wieder deutsch ist, Stätten eifriger Forschungen
geworden. Deutscher Forschungen, die gewissenhaft und ernst die alte Zeit
studiren und in einem bessern Sinne unparteiisch sind, als Herr Combes es ist.
Wir können den Franzosen gar nicht genug danken, daß sie nicht allen diesen
wertvollen Urkundenbewahrstätten das Schicksal des Weißcnburger Archivs be¬
reitet haben. Mögen in Straßburg z. B. die Jahre 1647 und 1681 aus nur
zu leicht erklärlichen Gründen vernichtet worden sein, die großen Reihen dieser
Urkunden sind da, bis 1789 in deutscher Sprache! Dürfte das für Herrn
Combes, wenn er wieder genesen ist, nicht ein sehr wichtiges Argument gegen
seine jetzige Meinung sein? Freilich, was darin steht, ist wenig schmeichelhaft
für seine Landsleute. Ich will nicht so bös sein und wieder zitiren. Herr
Combes kennt meine Zitate ohne dies. Aber eins will ich ihm zu bedenken
geben. Er lasse die elsüssische Jugend, wie sie jetzt heranwächst, mit gelehrten
deutschen Kenntnissen ausgestattet, an diese Urkunden sich begeben, wie werden
ihr die Augen aufgethan werden! Was wird sie von den heute jenseits der
Vogesen so üblichen Aussetzungen sagen? Was von seinem Buche?

Soll ich dieser elsässischen Jugend noch ein paar Beweise welschen Auslandes
und welscher Unparteilichkeit geben? Ich muß jawohl; man glaubte sonst, ich
behandelte meinen Mann zu schlecht. Heine hat ein Gedicht gemacht auf die
Hohenzollern, das zu dem schmutzigsten gehört, was aus dieser schmutzigen Feder
geflossen ist. Es gipfelt in einem schamlosen Hohn ans Friedrich Wilhelm IV.
Nie hat ein anständiger Litterator es in der Weise zitirt, daß er eine der
bösesten Stellen daraus übersetzte. Herr Combes wagt auch das und führt fort:
"Heine haßte die Säbclzicher und fürchtete von ihrem Emporkommen für die
Zivilisation. Seit 1844 schrie er: Achtung, Frankreich! denn der Hengstkönig
hatte Lust zu trinken, ohne zu bezahlen." Das sagt Herr Combes, der unpar¬
teiische Mann, der Schreiber einer Makulaturlitteraturgeschichte; nicht Heine, der
schwankende, eigennützige; denn -- der hat von diesem König das Gegenteil
gesagt. Das heißt ein Gebiet betreten, auf das wir keinem Autor der Welt
folgen können. Ob auch Damen, französische Damen, unsre auch in dieser Be¬
ziehung reformirende Litteraturgeschichte lesen sollen?

Der Autor, der uns glauben machen will, er sei ohne Vorurteil, benimmt sich
so gehässig gegen Preuße", das neue Deutschland und seine Herrscher, daß fast unser
Glaube aufhört, daß wir es mit einem Kranken und nicht mit einem Nichtswürdigen
zu thun haben. Darum spricht er so niedrig von dem größten unsrer modernen


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Tim Deutlichkeit läßt die Stelle nichts zu wünschen übrig. Da haben wir
unsern Vollblutfranzosen. Haben die französischen Karten nach 1681 dem ge¬
raubten Elsaß nicht dieselbe Farbe gegeben wie Frankreich? Aber wir haben
gar nicht nötig, auf so große historische Thatsachen hinzuweisen. Die elsässischen
Archive und Bibliotheken, im ganzen und großen von den Franzosen vernach¬
lässigt und nur von einigen Elsässern gepflegt, sind heute, nachdem das deutsch¬
redende Land auch politisch wieder deutsch ist, Stätten eifriger Forschungen
geworden. Deutscher Forschungen, die gewissenhaft und ernst die alte Zeit
studiren und in einem bessern Sinne unparteiisch sind, als Herr Combes es ist.
Wir können den Franzosen gar nicht genug danken, daß sie nicht allen diesen
wertvollen Urkundenbewahrstätten das Schicksal des Weißcnburger Archivs be¬
reitet haben. Mögen in Straßburg z. B. die Jahre 1647 und 1681 aus nur
zu leicht erklärlichen Gründen vernichtet worden sein, die großen Reihen dieser
Urkunden sind da, bis 1789 in deutscher Sprache! Dürfte das für Herrn
Combes, wenn er wieder genesen ist, nicht ein sehr wichtiges Argument gegen
seine jetzige Meinung sein? Freilich, was darin steht, ist wenig schmeichelhaft
für seine Landsleute. Ich will nicht so bös sein und wieder zitiren. Herr
Combes kennt meine Zitate ohne dies. Aber eins will ich ihm zu bedenken
geben. Er lasse die elsüssische Jugend, wie sie jetzt heranwächst, mit gelehrten
deutschen Kenntnissen ausgestattet, an diese Urkunden sich begeben, wie werden
ihr die Augen aufgethan werden! Was wird sie von den heute jenseits der
Vogesen so üblichen Aussetzungen sagen? Was von seinem Buche?

Soll ich dieser elsässischen Jugend noch ein paar Beweise welschen Auslandes
und welscher Unparteilichkeit geben? Ich muß jawohl; man glaubte sonst, ich
behandelte meinen Mann zu schlecht. Heine hat ein Gedicht gemacht auf die
Hohenzollern, das zu dem schmutzigsten gehört, was aus dieser schmutzigen Feder
geflossen ist. Es gipfelt in einem schamlosen Hohn ans Friedrich Wilhelm IV.
Nie hat ein anständiger Litterator es in der Weise zitirt, daß er eine der
bösesten Stellen daraus übersetzte. Herr Combes wagt auch das und führt fort:
„Heine haßte die Säbclzicher und fürchtete von ihrem Emporkommen für die
Zivilisation. Seit 1844 schrie er: Achtung, Frankreich! denn der Hengstkönig
hatte Lust zu trinken, ohne zu bezahlen." Das sagt Herr Combes, der unpar¬
teiische Mann, der Schreiber einer Makulaturlitteraturgeschichte; nicht Heine, der
schwankende, eigennützige; denn — der hat von diesem König das Gegenteil
gesagt. Das heißt ein Gebiet betreten, auf das wir keinem Autor der Welt
folgen können. Ob auch Damen, französische Damen, unsre auch in dieser Be¬
ziehung reformirende Litteraturgeschichte lesen sollen?

Der Autor, der uns glauben machen will, er sei ohne Vorurteil, benimmt sich
so gehässig gegen Preuße«, das neue Deutschland und seine Herrscher, daß fast unser
Glaube aufhört, daß wir es mit einem Kranken und nicht mit einem Nichtswürdigen
zu thun haben. Darum spricht er so niedrig von dem größten unsrer modernen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202776/184>, abgerufen am 27.07.2024.