Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr.Im Mondschein mit Goethe. Dich ehr' ich, heiliges Licht, (Triumph der Empfindsamkeit, dritter Akt.) Ist je die Versöhnung zwischen der Notwendigkeit des Sichfesthaltens am
Ewig wird es wahr bleiben: "Des Geistes Flntstrvm ebbet nach und nach," Ich denke dein, wenn sich des Mondes Flimmer Wie viele haben dies dem Dichter nachgesungen, wenn Amors Pfeil sie erreicht Wohin? Wohin? bin auch ich vor Jahren so gern geflohen mit jenem Pfeil im Herzen? Dahin: Wo du, heiliger Mond, auf den Wipfeln (Stella, fünfter Akt.) Meiner Bäume dämmertest! Im Mondschein mit Goethe. Dich ehr' ich, heiliges Licht, (Triumph der Empfindsamkeit, dritter Akt.) Ist je die Versöhnung zwischen der Notwendigkeit des Sichfesthaltens am
Ewig wird es wahr bleiben: „Des Geistes Flntstrvm ebbet nach und nach," Ich denke dein, wenn sich des Mondes Flimmer Wie viele haben dies dem Dichter nachgesungen, wenn Amors Pfeil sie erreicht Wohin? Wohin? bin auch ich vor Jahren so gern geflohen mit jenem Pfeil im Herzen? Dahin: Wo du, heiliger Mond, auf den Wipfeln (Stella, fünfter Akt.) Meiner Bäume dämmertest! <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0519" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/202618"/> <fw type="header" place="top"> Im Mondschein mit Goethe.</fw><lb/> <quote> Dich ehr' ich, heiliges Licht,<lb/> Reiner, hoher Gefühle Freund!<lb/> Du, der du mir<lb/> Der Liebe stockende Schmerzen<lb/> Im Busen auf zu sanften Thränen lösest!</quote><lb/> <note type="bibl"> (Triumph der Empfindsamkeit, dritter Akt.)</note><lb/> <p xml:id="ID_1918"> Ist je die Versöhnung zwischen der Notwendigkeit des Sichfesthaltens am<lb/> Rande des Kraters und dem Drange nach dem Sturze ins verzehrende<lb/> Feuer der Liebesglut poetischer zum Ausdrucke gelangt, als hier unter Anrufung<lb/> des kleinen Himmelslichtes? Oder kann der das ungestillte Liebcssehnen be¬<lb/> schwichtigende, den Schmerz der Trennung mildernde, und doch auch die be¬<lb/> glückende Hoffnung auf Erfüllung wach haltende Zauber der Mondnacht über¬<lb/> zeugender zur Darstellung gebracht werden als in jenen Strophen, die der<lb/> Dichter, als er im Jahre 1828 einsam und traurig auf Dornburgs Felseiihöhe<lb/> weilte, sich selber zum Troste, zur Beruhigung sang:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_47" type="poem"> <l> Willst du mich sogleich verlassen?<lb/> Warst im Augenblick so nah!<lb/> Dich umfinstern Wolkenmassen,<lb/> Und nun bist du gar nicht da!</l> <l> Doch du fühlst, wie ich betrübt bin,<lb/> Blickt dein Rand herauf als Stern!<lb/> Zeugest mir, daß ich geliebt bin,<lb/> Sei das Liebchen noch so fern!</l> <l> So hinan denn! Hell und Heller<lb/> Reiner Bahn, in voller Pracht!<lb/> Schlägt mein Herz auch schmerzlich schneller,<lb/> Ü<note type="bibl"> (Dem aufgehenden Vollmond.)</note> bersclig ist die Nacht! </l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1919" next="#ID_1920"> Ewig wird es wahr bleiben: „Des Geistes Flntstrvm ebbet nach und nach,"<lb/> sobald Mondlicht uns umfließt, und nie zu sanfteren Wellenschlage, als wenn<lb/> der Affekt der Liebe ihn aufgewühlt hat.</p><lb/> <quote> Ich denke dein, wenn sich des Mondes Flimmer<lb/><bibl> (Nähe des Geliebten)</bibl> In Quellen malt — </quote><lb/> <p xml:id="ID_1920" prev="#ID_1919" next="#ID_1921"> Wie viele haben dies dem Dichter nachgesungen, wenn Amors Pfeil sie erreicht<lb/> hatte, in mondbeglänzten Zaubernächten aber wohl kaum jemals mit Verlangen<lb/> nach glühendem Genuß, sondern wohl stets nur mit dem Gefühle süßer Be¬<lb/> ruhigung oder lindernden Trostes.</p><lb/> <quote> Wohin? Wohin?</quote><lb/> <p xml:id="ID_1921" prev="#ID_1920" next="#ID_1922"> bin auch ich vor Jahren so gern geflohen mit jenem Pfeil im Herzen? Dahin:</p><lb/> <quote> Wo du, heiliger Mond, auf den Wipfeln<bibl> (Stella, fünfter Akt.)</bibl> Meiner Bäume dämmertest! </quote><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0519]
Im Mondschein mit Goethe.
Dich ehr' ich, heiliges Licht,
Reiner, hoher Gefühle Freund!
Du, der du mir
Der Liebe stockende Schmerzen
Im Busen auf zu sanften Thränen lösest!
(Triumph der Empfindsamkeit, dritter Akt.)
Ist je die Versöhnung zwischen der Notwendigkeit des Sichfesthaltens am
Rande des Kraters und dem Drange nach dem Sturze ins verzehrende
Feuer der Liebesglut poetischer zum Ausdrucke gelangt, als hier unter Anrufung
des kleinen Himmelslichtes? Oder kann der das ungestillte Liebcssehnen be¬
schwichtigende, den Schmerz der Trennung mildernde, und doch auch die be¬
glückende Hoffnung auf Erfüllung wach haltende Zauber der Mondnacht über¬
zeugender zur Darstellung gebracht werden als in jenen Strophen, die der
Dichter, als er im Jahre 1828 einsam und traurig auf Dornburgs Felseiihöhe
weilte, sich selber zum Troste, zur Beruhigung sang:
Willst du mich sogleich verlassen?
Warst im Augenblick so nah!
Dich umfinstern Wolkenmassen,
Und nun bist du gar nicht da! Doch du fühlst, wie ich betrübt bin,
Blickt dein Rand herauf als Stern!
Zeugest mir, daß ich geliebt bin,
Sei das Liebchen noch so fern! So hinan denn! Hell und Heller
Reiner Bahn, in voller Pracht!
Schlägt mein Herz auch schmerzlich schneller,
Ü (Dem aufgehenden Vollmond.) bersclig ist die Nacht!
Ewig wird es wahr bleiben: „Des Geistes Flntstrvm ebbet nach und nach,"
sobald Mondlicht uns umfließt, und nie zu sanfteren Wellenschlage, als wenn
der Affekt der Liebe ihn aufgewühlt hat.
Ich denke dein, wenn sich des Mondes Flimmer
(Nähe des Geliebten) In Quellen malt —
Wie viele haben dies dem Dichter nachgesungen, wenn Amors Pfeil sie erreicht
hatte, in mondbeglänzten Zaubernächten aber wohl kaum jemals mit Verlangen
nach glühendem Genuß, sondern wohl stets nur mit dem Gefühle süßer Be¬
ruhigung oder lindernden Trostes.
Wohin? Wohin?
bin auch ich vor Jahren so gern geflohen mit jenem Pfeil im Herzen? Dahin:
Wo du, heiliger Mond, auf den Wipfeln (Stella, fünfter Akt.) Meiner Bäume dämmertest!
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