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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr.

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Die sogenannte Konkurrenz,

der Zahl und damit auch des Eigenbedarfes der Konkurrenten, sowie die Neigung
derselben zu unreellen Mitteln der Konkurrenz; die Unmöglichkeit, durch die
Konkurrenz einen Bedarf zu schaffen, der nicht da ist, oder ihn über das Maß
des Vorhandenen zu erhöhen; und die Neigung der Konkurrenten, sich dem
Publikum gegenüber zu einer Einheit zu verbinden -- diese drei Gesichtspunkte
näher zu betrachten, dürfte wohl sehr zeitgemäß sein.

Wenn jemand einen "Konkurrenten" bekommt, so streben beide voraus¬
sichtlich in höherem Grade, als dies bisher der eine gethan hat, darnach, sich
die Zufriedenheit des Publikums zu erwerben. Aber deswegen ist doch nicht
außer Acht zu lassen, daß da, wo früher einer war, jetzt zwei lebe" wollen.
In der Mehrheit der Fälle wird dies auch ganz gut gehen, und im allgemeinen
wird es immer von Nutzen sein, wenn man auch im kleinste" Orte nicht auf
einen einzigen Gewerbsmann seines Faches angewiesen ist; gleichwohl kann auch
der Fall eintreten, daß, wo einer befriedigend durchkommen konnte, zwei dies
nicht mehr können, und viele Leute werden in der Lage sein, zu bestätigen, daß
das Vorhandensein eines konkurrenzlosen Geschäftsmannes keineswegs mit schlechter
Führung des Geschäfts, mit Vernachlässigung der Kunden, mit Zurückbleiben
hinter den Anforderungen der Zeit u. dergl. in, untrennbar verbunden sei. Viel¬
mehr darf wiederholt darauf hingewiesen werden, daß die Konkurrenz nicht die
einzige bewegende Kraft ist, sondern daß es -- ganz davon zu schweigen, daß
doch die bloße Furcht vor einer etwa möglichen Konkurrenz oder davor, den
Kunden den Gedanken an Herbeiführung einer solchen ciufzuzwingen, auch ihre
Wirkung thut -- auch noch andre Dinge giebt, die ihren Einfluß üben: Ge¬
schäftsstolz, das Streben, vorwärts zu kommen und gesellschaftlich geachtet
dazustehen, auch eigne technische Einsicht, die auf mancherlei Wegen Nahrung
bekommen kann. Was die Vermehrung der auf einen Geschäftszweig angewiesenen
Leute und Familien durch die Konkurrenz betrifft, so kann sich dies allerdings
eine Zeitlang dadurch ausgleichen, daß (vielleicht infolge der gestiegenen Güte der
Leistungen) der Verbrauch steigt, und weiterhin kann es kommen, daß die einzelnen
Geschäftsleute ihre eignen Ansprüche an das Leben herabsetzen und dadurch einer
Verteilung des gleichen Ertrages unter eine gestiegene Menge von Personen zu Hilfe
kommen, ohne daß die betreffenden Familien gerade in Not zu geraten brauchen.
Mit cilledem kommen wir jedoch nicht darüber hinaus, daß alle Konkurrenten
vor allem sich selbst an derselben Krippe nähren möchten, und daß es ganz auf
die Unistände ankommt, ob sie selbst umso weniger bekommen, oder ob ihnen
umso viel mehr eingeschüttet werden muß. An und für sich ist das letztere eben
so gut möglich wie das erstere, und dann ist es also das Publikum, welches
die Zeche zu bezahlen hat. Allerdings kann, wie schon bemerkt, die Nachfrage
nach den betreffenden Leistungen gesteigert werden, und wenn diese Nachfrage
etwa eine auswärtige wäre, könnte sie ja eine große, sogar eine praktisch unbe¬
grenzte Ausdehnung erhalten, wenn auch andernfalls die Grenze der Vermehrung


Die sogenannte Konkurrenz,

der Zahl und damit auch des Eigenbedarfes der Konkurrenten, sowie die Neigung
derselben zu unreellen Mitteln der Konkurrenz; die Unmöglichkeit, durch die
Konkurrenz einen Bedarf zu schaffen, der nicht da ist, oder ihn über das Maß
des Vorhandenen zu erhöhen; und die Neigung der Konkurrenten, sich dem
Publikum gegenüber zu einer Einheit zu verbinden — diese drei Gesichtspunkte
näher zu betrachten, dürfte wohl sehr zeitgemäß sein.

Wenn jemand einen „Konkurrenten" bekommt, so streben beide voraus¬
sichtlich in höherem Grade, als dies bisher der eine gethan hat, darnach, sich
die Zufriedenheit des Publikums zu erwerben. Aber deswegen ist doch nicht
außer Acht zu lassen, daß da, wo früher einer war, jetzt zwei lebe» wollen.
In der Mehrheit der Fälle wird dies auch ganz gut gehen, und im allgemeinen
wird es immer von Nutzen sein, wenn man auch im kleinste» Orte nicht auf
einen einzigen Gewerbsmann seines Faches angewiesen ist; gleichwohl kann auch
der Fall eintreten, daß, wo einer befriedigend durchkommen konnte, zwei dies
nicht mehr können, und viele Leute werden in der Lage sein, zu bestätigen, daß
das Vorhandensein eines konkurrenzlosen Geschäftsmannes keineswegs mit schlechter
Führung des Geschäfts, mit Vernachlässigung der Kunden, mit Zurückbleiben
hinter den Anforderungen der Zeit u. dergl. in, untrennbar verbunden sei. Viel¬
mehr darf wiederholt darauf hingewiesen werden, daß die Konkurrenz nicht die
einzige bewegende Kraft ist, sondern daß es — ganz davon zu schweigen, daß
doch die bloße Furcht vor einer etwa möglichen Konkurrenz oder davor, den
Kunden den Gedanken an Herbeiführung einer solchen ciufzuzwingen, auch ihre
Wirkung thut — auch noch andre Dinge giebt, die ihren Einfluß üben: Ge¬
schäftsstolz, das Streben, vorwärts zu kommen und gesellschaftlich geachtet
dazustehen, auch eigne technische Einsicht, die auf mancherlei Wegen Nahrung
bekommen kann. Was die Vermehrung der auf einen Geschäftszweig angewiesenen
Leute und Familien durch die Konkurrenz betrifft, so kann sich dies allerdings
eine Zeitlang dadurch ausgleichen, daß (vielleicht infolge der gestiegenen Güte der
Leistungen) der Verbrauch steigt, und weiterhin kann es kommen, daß die einzelnen
Geschäftsleute ihre eignen Ansprüche an das Leben herabsetzen und dadurch einer
Verteilung des gleichen Ertrages unter eine gestiegene Menge von Personen zu Hilfe
kommen, ohne daß die betreffenden Familien gerade in Not zu geraten brauchen.
Mit cilledem kommen wir jedoch nicht darüber hinaus, daß alle Konkurrenten
vor allem sich selbst an derselben Krippe nähren möchten, und daß es ganz auf
die Unistände ankommt, ob sie selbst umso weniger bekommen, oder ob ihnen
umso viel mehr eingeschüttet werden muß. An und für sich ist das letztere eben
so gut möglich wie das erstere, und dann ist es also das Publikum, welches
die Zeche zu bezahlen hat. Allerdings kann, wie schon bemerkt, die Nachfrage
nach den betreffenden Leistungen gesteigert werden, und wenn diese Nachfrage
etwa eine auswärtige wäre, könnte sie ja eine große, sogar eine praktisch unbe¬
grenzte Ausdehnung erhalten, wenn auch andernfalls die Grenze der Vermehrung


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[0048] Die sogenannte Konkurrenz, der Zahl und damit auch des Eigenbedarfes der Konkurrenten, sowie die Neigung derselben zu unreellen Mitteln der Konkurrenz; die Unmöglichkeit, durch die Konkurrenz einen Bedarf zu schaffen, der nicht da ist, oder ihn über das Maß des Vorhandenen zu erhöhen; und die Neigung der Konkurrenten, sich dem Publikum gegenüber zu einer Einheit zu verbinden — diese drei Gesichtspunkte näher zu betrachten, dürfte wohl sehr zeitgemäß sein. Wenn jemand einen „Konkurrenten" bekommt, so streben beide voraus¬ sichtlich in höherem Grade, als dies bisher der eine gethan hat, darnach, sich die Zufriedenheit des Publikums zu erwerben. Aber deswegen ist doch nicht außer Acht zu lassen, daß da, wo früher einer war, jetzt zwei lebe» wollen. In der Mehrheit der Fälle wird dies auch ganz gut gehen, und im allgemeinen wird es immer von Nutzen sein, wenn man auch im kleinste» Orte nicht auf einen einzigen Gewerbsmann seines Faches angewiesen ist; gleichwohl kann auch der Fall eintreten, daß, wo einer befriedigend durchkommen konnte, zwei dies nicht mehr können, und viele Leute werden in der Lage sein, zu bestätigen, daß das Vorhandensein eines konkurrenzlosen Geschäftsmannes keineswegs mit schlechter Führung des Geschäfts, mit Vernachlässigung der Kunden, mit Zurückbleiben hinter den Anforderungen der Zeit u. dergl. in, untrennbar verbunden sei. Viel¬ mehr darf wiederholt darauf hingewiesen werden, daß die Konkurrenz nicht die einzige bewegende Kraft ist, sondern daß es — ganz davon zu schweigen, daß doch die bloße Furcht vor einer etwa möglichen Konkurrenz oder davor, den Kunden den Gedanken an Herbeiführung einer solchen ciufzuzwingen, auch ihre Wirkung thut — auch noch andre Dinge giebt, die ihren Einfluß üben: Ge¬ schäftsstolz, das Streben, vorwärts zu kommen und gesellschaftlich geachtet dazustehen, auch eigne technische Einsicht, die auf mancherlei Wegen Nahrung bekommen kann. Was die Vermehrung der auf einen Geschäftszweig angewiesenen Leute und Familien durch die Konkurrenz betrifft, so kann sich dies allerdings eine Zeitlang dadurch ausgleichen, daß (vielleicht infolge der gestiegenen Güte der Leistungen) der Verbrauch steigt, und weiterhin kann es kommen, daß die einzelnen Geschäftsleute ihre eignen Ansprüche an das Leben herabsetzen und dadurch einer Verteilung des gleichen Ertrages unter eine gestiegene Menge von Personen zu Hilfe kommen, ohne daß die betreffenden Familien gerade in Not zu geraten brauchen. Mit cilledem kommen wir jedoch nicht darüber hinaus, daß alle Konkurrenten vor allem sich selbst an derselben Krippe nähren möchten, und daß es ganz auf die Unistände ankommt, ob sie selbst umso weniger bekommen, oder ob ihnen umso viel mehr eingeschüttet werden muß. An und für sich ist das letztere eben so gut möglich wie das erstere, und dann ist es also das Publikum, welches die Zeche zu bezahlen hat. Allerdings kann, wie schon bemerkt, die Nachfrage nach den betreffenden Leistungen gesteigert werden, und wenn diese Nachfrage etwa eine auswärtige wäre, könnte sie ja eine große, sogar eine praktisch unbe¬ grenzte Ausdehnung erhalten, wenn auch andernfalls die Grenze der Vermehrung

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202098/48>, abgerufen am 21.06.2024.