Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr.Joseph Freiherr von Eichendorff.
Wenn zu dieser ergötzlichen Ansprache dem Dichter -- er stand übrigens
Da Eichendorff von dieser Seite nur den wenigsten bekannt sein dürfte, so Joseph Freiherr von Eichendorff.
Wenn zu dieser ergötzlichen Ansprache dem Dichter — er stand übrigens
Da Eichendorff von dieser Seite nur den wenigsten bekannt sein dürfte, so <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0464" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/202563"/> <fw type="header" place="top"> Joseph Freiherr von Eichendorff.</fw><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_27" type="poem"> <l> Die einen sind die eiligen,<lb/> Die andern die langweiligen.<lb/> Auf jene pfleg' ich Wo zu schreiben,<lb/> Die andern können liegen bleiben.<lb/> Die liegen aber, geehrte Brüder,<lb/> Zerfallen in wicht'ge und höchstwichtige wieder.<lb/> Bei jenen — nun — man wird verwegen,<lb/> Man schreibt nach amtlichen Überlegen<lb/> Nors solido hier, und dort s,Ä g,oth>,<lb/> Diener rennen, man flucht, verpackt da,<lb/> Der Staat florirt und bleibt im Takt da.<lb/> Doch werden die Zeiten so ungeschliffen,<lb/> Wild umzuspringen mit den Begriffen,<lb/> Kommt gar, wie heute, ein Fall, der eilig<lb/> Und doch hochwichtig zugleich — dann freilich<lb/> Muß man von neuem unterscheiden-.<lb/> Ob er mehr eilig oder mehr wichtig.<lb/> Ich bitte, meine Herrn, versteh» Sie mich richtig!<lb/> Der Punkt ist von Einfluß. Denn wir vermeiden<lb/> Die sxooios t«,«ti, wie billig, sofort,<lb/> Flut't sich der Fall mehr eilig als liegend.<lb/> Ist aber das Wichtige überwiegend,<lb/> Wäre die Eile am unrechten Ort.<lb/> Meine Herrn, Sie haben nun die Prämissen,<lb/> Sie werden den Beschluß zu finden wissen.</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1724"> Wenn zu dieser ergötzlichen Ansprache dem Dichter — er stand übrigens<lb/> schon in der Schattenseite der Dreißiger — ohne Zweifel ein pedantischer Kon¬<lb/> fusionsrat Modell gesessen hat, so weist die Jahreszahl 1836 des Gedichtes<lb/> „Moderne Ritterschaft" auf eine ganze Springflut von damals neu dekorirten<lb/> hin. Der Dichter hat diesmal seine Verse für sich behalten, bis sie niemand mehr<lb/> kränken konnten. Sie lauten:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_28" type="poem"> <l> O große, heldenmütige Zeit<lb/> In diesen Fricdcnstagen,<lb/> Wo man in weiter Christenheit<lb/> Nichts thut als Ritter schlagen!</l> <l> Wer so viel Adlerbrut nur treibt<lb/> Aus ihren Bergeshängen,<lb/> Daß drunten jedem Wichte bleibt<lb/> Im Knopfloch einer hängen?</l> <l> O wunderbare Ritterschaft,<lb/> Wie würdet ihr wohl jagen,<lb/> Wenn Sankt Georgcns Lanzenschaft<lb/> Zu Rittern euch wollt' schlagen!</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1725" next="#ID_1726"> Da Eichendorff von dieser Seite nur den wenigsten bekannt sein dürfte, so<lb/> werden die hier gegebenen Proben von seiner Fähigkeit, auch einmal die Spott-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0464]
Joseph Freiherr von Eichendorff.
Die einen sind die eiligen,
Die andern die langweiligen.
Auf jene pfleg' ich Wo zu schreiben,
Die andern können liegen bleiben.
Die liegen aber, geehrte Brüder,
Zerfallen in wicht'ge und höchstwichtige wieder.
Bei jenen — nun — man wird verwegen,
Man schreibt nach amtlichen Überlegen
Nors solido hier, und dort s,Ä g,oth>,
Diener rennen, man flucht, verpackt da,
Der Staat florirt und bleibt im Takt da.
Doch werden die Zeiten so ungeschliffen,
Wild umzuspringen mit den Begriffen,
Kommt gar, wie heute, ein Fall, der eilig
Und doch hochwichtig zugleich — dann freilich
Muß man von neuem unterscheiden-.
Ob er mehr eilig oder mehr wichtig.
Ich bitte, meine Herrn, versteh» Sie mich richtig!
Der Punkt ist von Einfluß. Denn wir vermeiden
Die sxooios t«,«ti, wie billig, sofort,
Flut't sich der Fall mehr eilig als liegend.
Ist aber das Wichtige überwiegend,
Wäre die Eile am unrechten Ort.
Meine Herrn, Sie haben nun die Prämissen,
Sie werden den Beschluß zu finden wissen.
Wenn zu dieser ergötzlichen Ansprache dem Dichter — er stand übrigens
schon in der Schattenseite der Dreißiger — ohne Zweifel ein pedantischer Kon¬
fusionsrat Modell gesessen hat, so weist die Jahreszahl 1836 des Gedichtes
„Moderne Ritterschaft" auf eine ganze Springflut von damals neu dekorirten
hin. Der Dichter hat diesmal seine Verse für sich behalten, bis sie niemand mehr
kränken konnten. Sie lauten:
O große, heldenmütige Zeit
In diesen Fricdcnstagen,
Wo man in weiter Christenheit
Nichts thut als Ritter schlagen! Wer so viel Adlerbrut nur treibt
Aus ihren Bergeshängen,
Daß drunten jedem Wichte bleibt
Im Knopfloch einer hängen? O wunderbare Ritterschaft,
Wie würdet ihr wohl jagen,
Wenn Sankt Georgcns Lanzenschaft
Zu Rittern euch wollt' schlagen!
Da Eichendorff von dieser Seite nur den wenigsten bekannt sein dürfte, so
werden die hier gegebenen Proben von seiner Fähigkeit, auch einmal die Spott-
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