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Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr.

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Die Denkwürdigkeiten des Herzogs Lrnst.

sprießlichen Ausweg. Erkenne man -- so fährt der gekrönte Phantast mit dem
rückwärts gewendeten Antlitz fort -- als Ehrenhanpt teutscher Nation den
Römischen Kaiser wieder an. Erneuere man die römische Kaiserwürde, und wie
bis zum Jahre 1806 unauflöslich mit dem Erbkaisertum Österreich -- wenn
man will xrc> Iionoris og,usa. Man lasse ihm aber auch gewisse bezeichnende
Ehren. Ich bin ganz für das Kuren des besondern teutschen Reichsoberhauptes.
Nenne man dasselbe, wenn es, wie ich zu Gott hoffe, auf Lebenszeit gekürt
und dann -- echt deutsch -- auch als die von Gott eingesetzte höchste Reichs¬
obrigkeit anerkannt wird (und nicht Z. 1" xslov^iss als Spielball der Magnaten¬
ambitionen betrachtet wird), nenne man dasselbe "König der Teutschen" -- wie
vor Alters. Ich wünsche, daß die Könige des Bundes (die ihrem Titel wieder
den kurfürstlichen gesellen sollten) den Wahlakt allein begehen; demnächst aber
die übrigen souveränen Fürsten zur Zustimmung auffordern. Beides die Sache
weniger Stunden, die Könige und Großherzoge etwa im sogenannten Konklave
des Bartholomäusdoms zu Frankfurt, die Fürsten im Chor. Daraus wende
man sich an den Römischen Kaiser und ersuche ihn ehrfurchtsvoll, die Wahl zu
bestätigen. . . . Dann aber werde, wie vor Alters, der Dom dem Volke geöffnet,
und seine Akklamation vollende die Wahl. Bald darauf werde der teutsche
König gesalbt und gekrönt (eben wie auch der Römische Kaiser bei seinem erb¬
lichen Regierungsantritte) und zwar, wenn er römisch-katholisch ist, durch den
Erzbischof von Köln, der Reichskanzler würde -- ist er evangelisch, durch einen
zu ernennenden Erzbischof von Magdeburg, Primus Germaniae. Durch diese
Einrichtung der römischen Kaiserwürde auf das Haupt des österreichischen Ex¬
kaisers wird Österreich erst dem Teutschen Reiche gewiß. Österreich wird für
immer Deutschland gewonnen und mit ihm die schönsten, ersten Länder Teutsch-
lands dem neuen (alten) Reiche gesichert -- Tirol, Vorarlberg, Ober- und
Niederösterreich, Steiermark, Körnten, Krain und Jstrien. Truge Österreich
nicht die höchste Krone, so ist an ein Beugen desselben vor dem teutschen Wahl¬
oberhaupte unmöglich zu denken, wenn es jemals wieder einigermaßen zu sich
kommt. Und wer wollte daran verzweifeln? Der Fürstentag scheint mir ein
ungemein gesunder Gedanke zu sei". Nur denke ich mir ihn gegliedert, ähnlich
dem alten Reichstage, in ein Kollegium der Könige und Großherzoge, der
Herzoge und Fürsten. Durch die mediatisirten Fürsten und Grafen (teils
viMm, teils in Bänke geteilt) verstärkt, würde der Fürstentag alle drei Jahre
das teutsche Oberhaus des Reichstags bilden, dessen Unterhaus das Haus oder
die Kurie der Reichsboten wäre. Nur empfehle ich aufs dringendste, daß bei
der Stellung des Ober- zum Unterhause nie vergessen werde, daß souveräne
Fürsten seinen Kern bilden lind unter ihnen zwei Großmächte (daß sich Gott
erbarme). Auch die Prvvidirung der Verantwortlicher Ministerien spricht mich
gar sehr an. Ob dem Oberhaupte, zumal wenn es der König der Teutschen
ist, nicht etwas mehr freie Hand gelassen werden kann, laß ich dahingestellt.


Die Denkwürdigkeiten des Herzogs Lrnst.

sprießlichen Ausweg. Erkenne man — so fährt der gekrönte Phantast mit dem
rückwärts gewendeten Antlitz fort — als Ehrenhanpt teutscher Nation den
Römischen Kaiser wieder an. Erneuere man die römische Kaiserwürde, und wie
bis zum Jahre 1806 unauflöslich mit dem Erbkaisertum Österreich — wenn
man will xrc> Iionoris og,usa. Man lasse ihm aber auch gewisse bezeichnende
Ehren. Ich bin ganz für das Kuren des besondern teutschen Reichsoberhauptes.
Nenne man dasselbe, wenn es, wie ich zu Gott hoffe, auf Lebenszeit gekürt
und dann — echt deutsch — auch als die von Gott eingesetzte höchste Reichs¬
obrigkeit anerkannt wird (und nicht Z. 1» xslov^iss als Spielball der Magnaten¬
ambitionen betrachtet wird), nenne man dasselbe »König der Teutschen« — wie
vor Alters. Ich wünsche, daß die Könige des Bundes (die ihrem Titel wieder
den kurfürstlichen gesellen sollten) den Wahlakt allein begehen; demnächst aber
die übrigen souveränen Fürsten zur Zustimmung auffordern. Beides die Sache
weniger Stunden, die Könige und Großherzoge etwa im sogenannten Konklave
des Bartholomäusdoms zu Frankfurt, die Fürsten im Chor. Daraus wende
man sich an den Römischen Kaiser und ersuche ihn ehrfurchtsvoll, die Wahl zu
bestätigen. . . . Dann aber werde, wie vor Alters, der Dom dem Volke geöffnet,
und seine Akklamation vollende die Wahl. Bald darauf werde der teutsche
König gesalbt und gekrönt (eben wie auch der Römische Kaiser bei seinem erb¬
lichen Regierungsantritte) und zwar, wenn er römisch-katholisch ist, durch den
Erzbischof von Köln, der Reichskanzler würde — ist er evangelisch, durch einen
zu ernennenden Erzbischof von Magdeburg, Primus Germaniae. Durch diese
Einrichtung der römischen Kaiserwürde auf das Haupt des österreichischen Ex¬
kaisers wird Österreich erst dem Teutschen Reiche gewiß. Österreich wird für
immer Deutschland gewonnen und mit ihm die schönsten, ersten Länder Teutsch-
lands dem neuen (alten) Reiche gesichert — Tirol, Vorarlberg, Ober- und
Niederösterreich, Steiermark, Körnten, Krain und Jstrien. Truge Österreich
nicht die höchste Krone, so ist an ein Beugen desselben vor dem teutschen Wahl¬
oberhaupte unmöglich zu denken, wenn es jemals wieder einigermaßen zu sich
kommt. Und wer wollte daran verzweifeln? Der Fürstentag scheint mir ein
ungemein gesunder Gedanke zu sei». Nur denke ich mir ihn gegliedert, ähnlich
dem alten Reichstage, in ein Kollegium der Könige und Großherzoge, der
Herzoge und Fürsten. Durch die mediatisirten Fürsten und Grafen (teils
viMm, teils in Bänke geteilt) verstärkt, würde der Fürstentag alle drei Jahre
das teutsche Oberhaus des Reichstags bilden, dessen Unterhaus das Haus oder
die Kurie der Reichsboten wäre. Nur empfehle ich aufs dringendste, daß bei
der Stellung des Ober- zum Unterhause nie vergessen werde, daß souveräne
Fürsten seinen Kern bilden lind unter ihnen zwei Großmächte (daß sich Gott
erbarme). Auch die Prvvidirung der Verantwortlicher Ministerien spricht mich
gar sehr an. Ob dem Oberhaupte, zumal wenn es der König der Teutschen
ist, nicht etwas mehr freie Hand gelassen werden kann, laß ich dahingestellt.


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[0366] Die Denkwürdigkeiten des Herzogs Lrnst. sprießlichen Ausweg. Erkenne man — so fährt der gekrönte Phantast mit dem rückwärts gewendeten Antlitz fort — als Ehrenhanpt teutscher Nation den Römischen Kaiser wieder an. Erneuere man die römische Kaiserwürde, und wie bis zum Jahre 1806 unauflöslich mit dem Erbkaisertum Österreich — wenn man will xrc> Iionoris og,usa. Man lasse ihm aber auch gewisse bezeichnende Ehren. Ich bin ganz für das Kuren des besondern teutschen Reichsoberhauptes. Nenne man dasselbe, wenn es, wie ich zu Gott hoffe, auf Lebenszeit gekürt und dann — echt deutsch — auch als die von Gott eingesetzte höchste Reichs¬ obrigkeit anerkannt wird (und nicht Z. 1» xslov^iss als Spielball der Magnaten¬ ambitionen betrachtet wird), nenne man dasselbe »König der Teutschen« — wie vor Alters. Ich wünsche, daß die Könige des Bundes (die ihrem Titel wieder den kurfürstlichen gesellen sollten) den Wahlakt allein begehen; demnächst aber die übrigen souveränen Fürsten zur Zustimmung auffordern. Beides die Sache weniger Stunden, die Könige und Großherzoge etwa im sogenannten Konklave des Bartholomäusdoms zu Frankfurt, die Fürsten im Chor. Daraus wende man sich an den Römischen Kaiser und ersuche ihn ehrfurchtsvoll, die Wahl zu bestätigen. . . . Dann aber werde, wie vor Alters, der Dom dem Volke geöffnet, und seine Akklamation vollende die Wahl. Bald darauf werde der teutsche König gesalbt und gekrönt (eben wie auch der Römische Kaiser bei seinem erb¬ lichen Regierungsantritte) und zwar, wenn er römisch-katholisch ist, durch den Erzbischof von Köln, der Reichskanzler würde — ist er evangelisch, durch einen zu ernennenden Erzbischof von Magdeburg, Primus Germaniae. Durch diese Einrichtung der römischen Kaiserwürde auf das Haupt des österreichischen Ex¬ kaisers wird Österreich erst dem Teutschen Reiche gewiß. Österreich wird für immer Deutschland gewonnen und mit ihm die schönsten, ersten Länder Teutsch- lands dem neuen (alten) Reiche gesichert — Tirol, Vorarlberg, Ober- und Niederösterreich, Steiermark, Körnten, Krain und Jstrien. Truge Österreich nicht die höchste Krone, so ist an ein Beugen desselben vor dem teutschen Wahl¬ oberhaupte unmöglich zu denken, wenn es jemals wieder einigermaßen zu sich kommt. Und wer wollte daran verzweifeln? Der Fürstentag scheint mir ein ungemein gesunder Gedanke zu sei». Nur denke ich mir ihn gegliedert, ähnlich dem alten Reichstage, in ein Kollegium der Könige und Großherzoge, der Herzoge und Fürsten. Durch die mediatisirten Fürsten und Grafen (teils viMm, teils in Bänke geteilt) verstärkt, würde der Fürstentag alle drei Jahre das teutsche Oberhaus des Reichstags bilden, dessen Unterhaus das Haus oder die Kurie der Reichsboten wäre. Nur empfehle ich aufs dringendste, daß bei der Stellung des Ober- zum Unterhause nie vergessen werde, daß souveräne Fürsten seinen Kern bilden lind unter ihnen zwei Großmächte (daß sich Gott erbarme). Auch die Prvvidirung der Verantwortlicher Ministerien spricht mich gar sehr an. Ob dem Oberhaupte, zumal wenn es der König der Teutschen ist, nicht etwas mehr freie Hand gelassen werden kann, laß ich dahingestellt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_202098/366>, abgerufen am 21.06.2024.