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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.

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Schriften zur Bühnenfrage,

gesperrt und waren bereit, alle Versuche, durch diesen zu gelangen, mit Gewalt
zurückzuweisen. Zu gleicher Zeit waren aber auch neue feindliche Heerhaufen
von den Höhen über den Zug der Römer hergefallen, und auf der ganzen Linie,
wenigstens eine Meile in die Länge, entspann sich das Gefecht.

Da ein Teil des Heeres sich bereits zwischen den Bergen befand, so war
an ein Umkehren nicht mehr zu denken. Daß ein Ausweichen zur Seite nicht
möglich war, ist ebenso bereits gezeigt, und das römische Heer mußte somit
alle Schrecken des Kampfes über sich ergehen lassen. Rechts von den Bergen
stürzten die Feinde fortwährend in Masse auf die Marschkolonnen herab, die
in getrennten Gliedern und in unordentlichem Zuge weiterrückten. Nur bei
einem Terrain, wie wir es hier vorfinden, erklärt sich hinlänglich die Lage, in
welche das römische Heer geraten war. Es kann sich nur um einen Marsch
an der Langseite des Gebirges hin gehandelt haben. Dieselbe Lage trat später
wieder einmal ein, als Calcium nach dem Marsch über die xcmtss longi auf
schmalem Wege neben Bergen hinmarschircn mußte, von welchen die Deutschen
fortwährend über die Römer Herstürzen konnten, el" Verhältnis, so ähnlich der
Schlacht im Teutoburger Walde, daß damals Armin frohlockend ausrief: "Hie
Varus und die von demselben Verhängnis zum zweitenmale gefangenen Le¬
gionen!"

Dabei war das Wetter fürchterlich. Rege" und heftiger Wind drang auf
die Römer ein. Der Boden war schlüpfrig, sodaß man "ur mit der größten
Anstrengung ausschreiten konnte, und bei dem Sturme, der sich erhoben hatte,
wurden die Zweige der Bäume so erschüttert, daß alle Angenblicke dürre Äste
von den mächtigen Stämmen niederstürzten und unter den Soldaten Schrecken
und Verwirrung verbreiteten. (Schluß folgt.)




Schriften zur Vühnenfrage.

o alt wie die Klage über den Verfall des deutschen Theaters
ist, so alt sind auch die Reformgedanken und Reformvorschläge.
Welch eine Kette von Hoffnungen, Mühe", und Enttäuschungen,
die vou Lessing bis zu deu jüngsten Vorkämpfern für ein neues
"Volkstheater" reicht, welch ein endloses Auf und Ab, in welchem
jede oder doch beiucche jede klare Stimme immer wieder von dem Höllenlärm
der Hunderte übertönt wird, die uuter dem Namen der "Praxis" jede Schmach
und Rohheit mit Eifer verteidigen! Und dennoch sage niemand, daß aller Liebe


Schriften zur Bühnenfrage,

gesperrt und waren bereit, alle Versuche, durch diesen zu gelangen, mit Gewalt
zurückzuweisen. Zu gleicher Zeit waren aber auch neue feindliche Heerhaufen
von den Höhen über den Zug der Römer hergefallen, und auf der ganzen Linie,
wenigstens eine Meile in die Länge, entspann sich das Gefecht.

Da ein Teil des Heeres sich bereits zwischen den Bergen befand, so war
an ein Umkehren nicht mehr zu denken. Daß ein Ausweichen zur Seite nicht
möglich war, ist ebenso bereits gezeigt, und das römische Heer mußte somit
alle Schrecken des Kampfes über sich ergehen lassen. Rechts von den Bergen
stürzten die Feinde fortwährend in Masse auf die Marschkolonnen herab, die
in getrennten Gliedern und in unordentlichem Zuge weiterrückten. Nur bei
einem Terrain, wie wir es hier vorfinden, erklärt sich hinlänglich die Lage, in
welche das römische Heer geraten war. Es kann sich nur um einen Marsch
an der Langseite des Gebirges hin gehandelt haben. Dieselbe Lage trat später
wieder einmal ein, als Calcium nach dem Marsch über die xcmtss longi auf
schmalem Wege neben Bergen hinmarschircn mußte, von welchen die Deutschen
fortwährend über die Römer Herstürzen konnten, el» Verhältnis, so ähnlich der
Schlacht im Teutoburger Walde, daß damals Armin frohlockend ausrief: „Hie
Varus und die von demselben Verhängnis zum zweitenmale gefangenen Le¬
gionen!"

Dabei war das Wetter fürchterlich. Rege» und heftiger Wind drang auf
die Römer ein. Der Boden war schlüpfrig, sodaß man »ur mit der größten
Anstrengung ausschreiten konnte, und bei dem Sturme, der sich erhoben hatte,
wurden die Zweige der Bäume so erschüttert, daß alle Angenblicke dürre Äste
von den mächtigen Stämmen niederstürzten und unter den Soldaten Schrecken
und Verwirrung verbreiteten. (Schluß folgt.)




Schriften zur Vühnenfrage.

o alt wie die Klage über den Verfall des deutschen Theaters
ist, so alt sind auch die Reformgedanken und Reformvorschläge.
Welch eine Kette von Hoffnungen, Mühe», und Enttäuschungen,
die vou Lessing bis zu deu jüngsten Vorkämpfern für ein neues
„Volkstheater" reicht, welch ein endloses Auf und Ab, in welchem
jede oder doch beiucche jede klare Stimme immer wieder von dem Höllenlärm
der Hunderte übertönt wird, die uuter dem Namen der „Praxis" jede Schmach
und Rohheit mit Eifer verteidigen! Und dennoch sage niemand, daß aller Liebe


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/590>, abgerufen am 17.09.2024.