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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.

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Die Schlacht im Teutoburger konnte.

Schluchten zu überwinden. So ging es z, B> durch das Dütcthal und durch
das Thal des sogenannten Schluchterbaches, von andern kleineren Schluchten
abgesehen, und man hatte Mühe und Not, auch hier durch Fällen von Bäumen
und Überbrücken der Tiefen den Weg zu ebnen. Dazu wurde infolge des
Regens der Boden immer weicher. Besteht doch überall in dieser Gegend das
Erdreich aus fettem Lehm. Dort im Walde aber wurde der klebrige Boden
besonders beschwerlich, und wenn man in der Lage gewesen ist, die Gegend im
Herbst zu durchwandern, nachdem es vorher auch nur ein wenig geregnet hat,
so ist man völlig in der Lage zu begreifen, was für Schwierigkeiten ein Marsch
in strömendem Regen den Römern bereiten mußte.

Unter solchen Verhältnissen gelangte das Heer an der Südseite des Museu-
berges an und befand sich somit zwischen den beiden Gebirgsketten. Jetzt hatte
man noch eine Meile bis Iburg zurückzulegen. Der Weg wird in derselben
Richtung wie die heutige Chaussee geführt haben, welche am südlichen Abhänge
des Berges auf halber Höhe weitergeht. Hinter dem Musenberge dehnt sich
ein niedrigerer Bergrücken, die sogenannte Herrenkaste, in westlicher Richtung aus,
an deren Kamme sich die Straße entlang zieht. Dann erhebt sich rechts wieder
zu bedeutender Höhe das sogenannte Herrenholz, worauf dann der Dvrenbcrg
sich anstürmt, das ganze Gebirgsland stolz überragend. Daß der Weg über
die Höhe des Musenberges geführt habe, ist bei der Beschaffenheit desselben
ausgeschlossen. Nur wenn die Römer, wie der heutige Weg andeutet, sich auf
halber Höhe hielten, konnten sie die Schwierigkeiten zu überwinden hoffen.
Ließen sie sich in das Thal links hinunterdrängen, dann umso schlimmer für
sie; dann konnten sie auch noch von dem Limberge aus durch die Deutschen
angefallen werden und waren somit den Angriffen auf beiden Flanken preis¬
gegeben. Außerdem ist das Erdreich in der Tiefe noch viel feuchter und stellen¬
weise geradezu sumpfig. Auch an der Gebirgswand auf der Südseite des
Thales weiterzugehen, würde keinen Vorteil gebracht haben, obwohl die Mög¬
lichkeit, daß dies wirklich geschehen sei, nicht ganz ausgeschlossen ist. Jedenfalls
aber wären die örtlichen Verhältnisse hier nicht weniger schwierig gewesen. Es
ist übrigens anzunehmen, daß damals, als die Römer zwischen jene Bergwände
eintraten, noch nicht sofort der Überfall erfolgte, sondern daß man sie erst mit
einem größern Teile der Truppen zwischen die Berge einziehen ließ. Der ganze
Zug erstreckte sich natürlich mehr als eine Meile in die Länge.

So mochte das vordere Ende des Heeres bereits in die Nähe von Iburg
gekommen sein, ehe der Kampf eröffnet wurde. Man mochte an der Spitze
des Zuges hoffen, schon das Ende der Mühen erreicht zu haben. Man er¬
wartete gewiß auch, daß die deutschen Hilfstruppen, welche Armin und die
andern Fürsten dem Barus zuführen wollten, zum Empfange bereit stünden.
Da wurden die Römer plötzlich inne, daß ihre vermeintlichen Freunde sie in
eine Falle gelockt hatten. Denn die Deutschen hatten den Paß von Iburg


Die Schlacht im Teutoburger konnte.

Schluchten zu überwinden. So ging es z, B> durch das Dütcthal und durch
das Thal des sogenannten Schluchterbaches, von andern kleineren Schluchten
abgesehen, und man hatte Mühe und Not, auch hier durch Fällen von Bäumen
und Überbrücken der Tiefen den Weg zu ebnen. Dazu wurde infolge des
Regens der Boden immer weicher. Besteht doch überall in dieser Gegend das
Erdreich aus fettem Lehm. Dort im Walde aber wurde der klebrige Boden
besonders beschwerlich, und wenn man in der Lage gewesen ist, die Gegend im
Herbst zu durchwandern, nachdem es vorher auch nur ein wenig geregnet hat,
so ist man völlig in der Lage zu begreifen, was für Schwierigkeiten ein Marsch
in strömendem Regen den Römern bereiten mußte.

Unter solchen Verhältnissen gelangte das Heer an der Südseite des Museu-
berges an und befand sich somit zwischen den beiden Gebirgsketten. Jetzt hatte
man noch eine Meile bis Iburg zurückzulegen. Der Weg wird in derselben
Richtung wie die heutige Chaussee geführt haben, welche am südlichen Abhänge
des Berges auf halber Höhe weitergeht. Hinter dem Musenberge dehnt sich
ein niedrigerer Bergrücken, die sogenannte Herrenkaste, in westlicher Richtung aus,
an deren Kamme sich die Straße entlang zieht. Dann erhebt sich rechts wieder
zu bedeutender Höhe das sogenannte Herrenholz, worauf dann der Dvrenbcrg
sich anstürmt, das ganze Gebirgsland stolz überragend. Daß der Weg über
die Höhe des Musenberges geführt habe, ist bei der Beschaffenheit desselben
ausgeschlossen. Nur wenn die Römer, wie der heutige Weg andeutet, sich auf
halber Höhe hielten, konnten sie die Schwierigkeiten zu überwinden hoffen.
Ließen sie sich in das Thal links hinunterdrängen, dann umso schlimmer für
sie; dann konnten sie auch noch von dem Limberge aus durch die Deutschen
angefallen werden und waren somit den Angriffen auf beiden Flanken preis¬
gegeben. Außerdem ist das Erdreich in der Tiefe noch viel feuchter und stellen¬
weise geradezu sumpfig. Auch an der Gebirgswand auf der Südseite des
Thales weiterzugehen, würde keinen Vorteil gebracht haben, obwohl die Mög¬
lichkeit, daß dies wirklich geschehen sei, nicht ganz ausgeschlossen ist. Jedenfalls
aber wären die örtlichen Verhältnisse hier nicht weniger schwierig gewesen. Es
ist übrigens anzunehmen, daß damals, als die Römer zwischen jene Bergwände
eintraten, noch nicht sofort der Überfall erfolgte, sondern daß man sie erst mit
einem größern Teile der Truppen zwischen die Berge einziehen ließ. Der ganze
Zug erstreckte sich natürlich mehr als eine Meile in die Länge.

So mochte das vordere Ende des Heeres bereits in die Nähe von Iburg
gekommen sein, ehe der Kampf eröffnet wurde. Man mochte an der Spitze
des Zuges hoffen, schon das Ende der Mühen erreicht zu haben. Man er¬
wartete gewiß auch, daß die deutschen Hilfstruppen, welche Armin und die
andern Fürsten dem Barus zuführen wollten, zum Empfange bereit stünden.
Da wurden die Römer plötzlich inne, daß ihre vermeintlichen Freunde sie in
eine Falle gelockt hatten. Denn die Deutschen hatten den Paß von Iburg


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[0589] Die Schlacht im Teutoburger konnte. Schluchten zu überwinden. So ging es z, B> durch das Dütcthal und durch das Thal des sogenannten Schluchterbaches, von andern kleineren Schluchten abgesehen, und man hatte Mühe und Not, auch hier durch Fällen von Bäumen und Überbrücken der Tiefen den Weg zu ebnen. Dazu wurde infolge des Regens der Boden immer weicher. Besteht doch überall in dieser Gegend das Erdreich aus fettem Lehm. Dort im Walde aber wurde der klebrige Boden besonders beschwerlich, und wenn man in der Lage gewesen ist, die Gegend im Herbst zu durchwandern, nachdem es vorher auch nur ein wenig geregnet hat, so ist man völlig in der Lage zu begreifen, was für Schwierigkeiten ein Marsch in strömendem Regen den Römern bereiten mußte. Unter solchen Verhältnissen gelangte das Heer an der Südseite des Museu- berges an und befand sich somit zwischen den beiden Gebirgsketten. Jetzt hatte man noch eine Meile bis Iburg zurückzulegen. Der Weg wird in derselben Richtung wie die heutige Chaussee geführt haben, welche am südlichen Abhänge des Berges auf halber Höhe weitergeht. Hinter dem Musenberge dehnt sich ein niedrigerer Bergrücken, die sogenannte Herrenkaste, in westlicher Richtung aus, an deren Kamme sich die Straße entlang zieht. Dann erhebt sich rechts wieder zu bedeutender Höhe das sogenannte Herrenholz, worauf dann der Dvrenbcrg sich anstürmt, das ganze Gebirgsland stolz überragend. Daß der Weg über die Höhe des Musenberges geführt habe, ist bei der Beschaffenheit desselben ausgeschlossen. Nur wenn die Römer, wie der heutige Weg andeutet, sich auf halber Höhe hielten, konnten sie die Schwierigkeiten zu überwinden hoffen. Ließen sie sich in das Thal links hinunterdrängen, dann umso schlimmer für sie; dann konnten sie auch noch von dem Limberge aus durch die Deutschen angefallen werden und waren somit den Angriffen auf beiden Flanken preis¬ gegeben. Außerdem ist das Erdreich in der Tiefe noch viel feuchter und stellen¬ weise geradezu sumpfig. Auch an der Gebirgswand auf der Südseite des Thales weiterzugehen, würde keinen Vorteil gebracht haben, obwohl die Mög¬ lichkeit, daß dies wirklich geschehen sei, nicht ganz ausgeschlossen ist. Jedenfalls aber wären die örtlichen Verhältnisse hier nicht weniger schwierig gewesen. Es ist übrigens anzunehmen, daß damals, als die Römer zwischen jene Bergwände eintraten, noch nicht sofort der Überfall erfolgte, sondern daß man sie erst mit einem größern Teile der Truppen zwischen die Berge einziehen ließ. Der ganze Zug erstreckte sich natürlich mehr als eine Meile in die Länge. So mochte das vordere Ende des Heeres bereits in die Nähe von Iburg gekommen sein, ehe der Kampf eröffnet wurde. Man mochte an der Spitze des Zuges hoffen, schon das Ende der Mühen erreicht zu haben. Man er¬ wartete gewiß auch, daß die deutschen Hilfstruppen, welche Armin und die andern Fürsten dem Barus zuführen wollten, zum Empfange bereit stünden. Da wurden die Römer plötzlich inne, daß ihre vermeintlichen Freunde sie in eine Falle gelockt hatten. Denn die Deutschen hatten den Paß von Iburg

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/589>, abgerufen am 17.09.2024.