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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.

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Woher beziehen wir unsern Lebensbedarf?

Unsre Quelle giebt ferner Auskunft über einige wichtige Handclsgcwächsc.

Raps und Rübsen haben in den letzten Jahren überall in Preußen an
Anbau verloren. Im Jahre 1884 waren nur uoch 8819V Hektaren damit
bestellt, welche (bei guter Ernte) 937 384 Doppelzentner ergaben. Der Preis
für 1000 Kilogramm schwankte um 250 M. Die Mehreinfuhr betrug 809232
Doppclzentner im Werte von 16485 000 M. Der größere Teil dieser Einfuhr
kam aus Ostindien, geringere Beträge aus Böhmen, Galizien und Ungarn.

Auch der Anbau von Hanf und Flachs ist erheblich zurückgegangen. Mit
Flachs waren im Jahre 1883 noch 76 256 Hektaren bebaut. Die Mehreinfuhr
von Flachs betrug 270 308 Doppelzentner im Werte von 17 236 000 M,
wozu noch eine Mehreinfuhr an Leinsaat von 402 857 Doppelzentnern im Werte
von 7 855 000 M. kam. An Hanf betrug die Mchreinfuhr 203 536 Doppel¬
zentner im Werte von 11206 000 M. Beide Artikel kamen zu überwiegenden
Teilen aus Nußland, Hanf auch ans Italien.

Gleichfalls im Rückgang begriffen ist der Anbau von Tabak. Davon
wurden in Preußen nur 96 821 Doppelzentner im Werte von 7 278 985 M.
geerntet.

Hopfen wird in Preußen nur in einzelnen Bezirken gebaut, und kaum der
zehnte Teil des deutschen Anbaues fällt auf Preußen. Der Schwerpunkt des
deutschen Hopfenbaues liegt in Baiern, namentlich in Mittelfranken. Dem
dortigen Anbau verdankt Deutschland eine erhebliche Mehrausfuhr, die im Jahre
1884 101 734 Doppelzentner im Werte von 30 064 000 M. betrug.

Auch Cichorien gehören zu den Artikeln, die Deutschland ausführt. Im
Jahre 1884 betrug die Mehrausfuhr an frischen und getrockneten Cichorien
62 804 Doppelzentner zu 1 179 000 M, an gebrannten und gemahlenen Cicho¬
rien 34 956 Doppelzentner zu 926 000 M.

In naher Verbindung mit der Landwirtschaft steht uoch eine Anzahl Ge¬
werbe, deren Ergebnisse hier kurz besprochen werden sollen. In erster Lune ist
hier die Mehlfabrikation zu nennen. Während in frühern Jahren Mchreinfuhr
und Mehrausfuhr von Mehl wechselten, ist seit dem Jahre 1882 die Mehmusfnhr
so gestiegen, daß das Jahr 1884 eine solche von 851494 Doppelzentuern in,
Werte von 15 031 000 M. zu verzeichnen hat. Während die Einfuhr vorzugs¬
weise aus Österreich-Ungarn kommt, richtet sich die Ausfuhr großenteils nach
England und den skandinavischen Ländern. In dieser Mehlansfuhr geht natür¬
lich ein erheblicher Teil der deutschen Einfuhr an Getreide wieder nach auswärts.

Das gewinnreichste landwirtschaftliche Gewerbe ist zur Zeit d,c Zuctcr-
fabrikation. Im Jahre 1334 waren in Preußen 271 609 Hektaren mit Zucker¬
rüben bestellt. Seit dem Jahre 1878 hatte sich der Anbau mehr als ver¬
doppelt. Die Hauptfelder dieses Anbaues sind die Provinzen Sachsen und
Schlesien; hiernächst auch Hannover und Posen. Die Zuckerpre.se hatten im
Jahre 1881 ihren Höhepunkt erreicht. Der Doppelzentner Rohzucker wurde


Woher beziehen wir unsern Lebensbedarf?

Unsre Quelle giebt ferner Auskunft über einige wichtige Handclsgcwächsc.

Raps und Rübsen haben in den letzten Jahren überall in Preußen an
Anbau verloren. Im Jahre 1884 waren nur uoch 8819V Hektaren damit
bestellt, welche (bei guter Ernte) 937 384 Doppelzentner ergaben. Der Preis
für 1000 Kilogramm schwankte um 250 M. Die Mehreinfuhr betrug 809232
Doppclzentner im Werte von 16485 000 M. Der größere Teil dieser Einfuhr
kam aus Ostindien, geringere Beträge aus Böhmen, Galizien und Ungarn.

Auch der Anbau von Hanf und Flachs ist erheblich zurückgegangen. Mit
Flachs waren im Jahre 1883 noch 76 256 Hektaren bebaut. Die Mehreinfuhr
von Flachs betrug 270 308 Doppelzentner im Werte von 17 236 000 M,
wozu noch eine Mehreinfuhr an Leinsaat von 402 857 Doppelzentnern im Werte
von 7 855 000 M. kam. An Hanf betrug die Mchreinfuhr 203 536 Doppel¬
zentner im Werte von 11206 000 M. Beide Artikel kamen zu überwiegenden
Teilen aus Nußland, Hanf auch ans Italien.

Gleichfalls im Rückgang begriffen ist der Anbau von Tabak. Davon
wurden in Preußen nur 96 821 Doppelzentner im Werte von 7 278 985 M.
geerntet.

Hopfen wird in Preußen nur in einzelnen Bezirken gebaut, und kaum der
zehnte Teil des deutschen Anbaues fällt auf Preußen. Der Schwerpunkt des
deutschen Hopfenbaues liegt in Baiern, namentlich in Mittelfranken. Dem
dortigen Anbau verdankt Deutschland eine erhebliche Mehrausfuhr, die im Jahre
1884 101 734 Doppelzentner im Werte von 30 064 000 M. betrug.

Auch Cichorien gehören zu den Artikeln, die Deutschland ausführt. Im
Jahre 1884 betrug die Mehrausfuhr an frischen und getrockneten Cichorien
62 804 Doppelzentner zu 1 179 000 M, an gebrannten und gemahlenen Cicho¬
rien 34 956 Doppelzentner zu 926 000 M.

In naher Verbindung mit der Landwirtschaft steht uoch eine Anzahl Ge¬
werbe, deren Ergebnisse hier kurz besprochen werden sollen. In erster Lune ist
hier die Mehlfabrikation zu nennen. Während in frühern Jahren Mchreinfuhr
und Mehrausfuhr von Mehl wechselten, ist seit dem Jahre 1882 die Mehmusfnhr
so gestiegen, daß das Jahr 1884 eine solche von 851494 Doppelzentuern in,
Werte von 15 031 000 M. zu verzeichnen hat. Während die Einfuhr vorzugs¬
weise aus Österreich-Ungarn kommt, richtet sich die Ausfuhr großenteils nach
England und den skandinavischen Ländern. In dieser Mehlansfuhr geht natür¬
lich ein erheblicher Teil der deutschen Einfuhr an Getreide wieder nach auswärts.

Das gewinnreichste landwirtschaftliche Gewerbe ist zur Zeit d,c Zuctcr-
fabrikation. Im Jahre 1334 waren in Preußen 271 609 Hektaren mit Zucker¬
rüben bestellt. Seit dem Jahre 1878 hatte sich der Anbau mehr als ver¬
doppelt. Die Hauptfelder dieses Anbaues sind die Provinzen Sachsen und
Schlesien; hiernächst auch Hannover und Posen. Die Zuckerpre.se hatten im
Jahre 1881 ihren Höhepunkt erreicht. Der Doppelzentner Rohzucker wurde


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[0519] Woher beziehen wir unsern Lebensbedarf? Unsre Quelle giebt ferner Auskunft über einige wichtige Handclsgcwächsc. Raps und Rübsen haben in den letzten Jahren überall in Preußen an Anbau verloren. Im Jahre 1884 waren nur uoch 8819V Hektaren damit bestellt, welche (bei guter Ernte) 937 384 Doppelzentner ergaben. Der Preis für 1000 Kilogramm schwankte um 250 M. Die Mehreinfuhr betrug 809232 Doppclzentner im Werte von 16485 000 M. Der größere Teil dieser Einfuhr kam aus Ostindien, geringere Beträge aus Böhmen, Galizien und Ungarn. Auch der Anbau von Hanf und Flachs ist erheblich zurückgegangen. Mit Flachs waren im Jahre 1883 noch 76 256 Hektaren bebaut. Die Mehreinfuhr von Flachs betrug 270 308 Doppelzentner im Werte von 17 236 000 M, wozu noch eine Mehreinfuhr an Leinsaat von 402 857 Doppelzentnern im Werte von 7 855 000 M. kam. An Hanf betrug die Mchreinfuhr 203 536 Doppel¬ zentner im Werte von 11206 000 M. Beide Artikel kamen zu überwiegenden Teilen aus Nußland, Hanf auch ans Italien. Gleichfalls im Rückgang begriffen ist der Anbau von Tabak. Davon wurden in Preußen nur 96 821 Doppelzentner im Werte von 7 278 985 M. geerntet. Hopfen wird in Preußen nur in einzelnen Bezirken gebaut, und kaum der zehnte Teil des deutschen Anbaues fällt auf Preußen. Der Schwerpunkt des deutschen Hopfenbaues liegt in Baiern, namentlich in Mittelfranken. Dem dortigen Anbau verdankt Deutschland eine erhebliche Mehrausfuhr, die im Jahre 1884 101 734 Doppelzentner im Werte von 30 064 000 M. betrug. Auch Cichorien gehören zu den Artikeln, die Deutschland ausführt. Im Jahre 1884 betrug die Mehrausfuhr an frischen und getrockneten Cichorien 62 804 Doppelzentner zu 1 179 000 M, an gebrannten und gemahlenen Cicho¬ rien 34 956 Doppelzentner zu 926 000 M. In naher Verbindung mit der Landwirtschaft steht uoch eine Anzahl Ge¬ werbe, deren Ergebnisse hier kurz besprochen werden sollen. In erster Lune ist hier die Mehlfabrikation zu nennen. Während in frühern Jahren Mchreinfuhr und Mehrausfuhr von Mehl wechselten, ist seit dem Jahre 1882 die Mehmusfnhr so gestiegen, daß das Jahr 1884 eine solche von 851494 Doppelzentuern in, Werte von 15 031 000 M. zu verzeichnen hat. Während die Einfuhr vorzugs¬ weise aus Österreich-Ungarn kommt, richtet sich die Ausfuhr großenteils nach England und den skandinavischen Ländern. In dieser Mehlansfuhr geht natür¬ lich ein erheblicher Teil der deutschen Einfuhr an Getreide wieder nach auswärts. Das gewinnreichste landwirtschaftliche Gewerbe ist zur Zeit d,c Zuctcr- fabrikation. Im Jahre 1334 waren in Preußen 271 609 Hektaren mit Zucker¬ rüben bestellt. Seit dem Jahre 1878 hatte sich der Anbau mehr als ver¬ doppelt. Die Hauptfelder dieses Anbaues sind die Provinzen Sachsen und Schlesien; hiernächst auch Hannover und Posen. Die Zuckerpre.se hatten im Jahre 1881 ihren Höhepunkt erreicht. Der Doppelzentner Rohzucker wurde

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/519>, abgerufen am 17.09.2024.