Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr.Die Auflösung des alten Reiches. mußte erst Platz geschaffen werden für eine Umgestaltung Deutschlands und des Aber nicht plötzlich und mit einem Schlage trat diese Auflösung des alten Womit beginnt denn nun eigentlich die Auflösung des alten Reiches? Der Fürstenbund, dessen Entwurf (?rc>M als ÜKug sntrs les ?rinn;s8 Die Ausführung dieser Entwürfe vereitelte Friedrich durch seinen kräftigen Die Auflösung des alten Reiches. mußte erst Platz geschaffen werden für eine Umgestaltung Deutschlands und des Aber nicht plötzlich und mit einem Schlage trat diese Auflösung des alten Womit beginnt denn nun eigentlich die Auflösung des alten Reiches? Der Fürstenbund, dessen Entwurf (?rc>M als ÜKug sntrs les ?rinn;s8 Die Ausführung dieser Entwürfe vereitelte Friedrich durch seinen kräftigen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0515" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/201944"/> <fw type="header" place="top"> Die Auflösung des alten Reiches.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1329" prev="#ID_1328"> mußte erst Platz geschaffen werden für eine Umgestaltung Deutschlands und des<lb/> deutschen Volkes.</p><lb/> <p xml:id="ID_1330"> Aber nicht plötzlich und mit einem Schlage trat diese Auflösung des alten<lb/> Reiches ein; denn Staaten, und namentlich große Reiche, pflegen langsam zu<lb/> sterben. So zog sich auch der Todeskampf des Neichskörpers durch einen längern<lb/> Zeitraum hin, und eine Reihe von Ereignissen bezeichnet die fortschreitende Zer¬<lb/> setzung dieses Körpers.</p><lb/> <p xml:id="ID_1331"> Womit beginnt denn nun eigentlich die Auflösung des alten Reiches?<lb/> Über diese Frage ist viel gestritten worden. Manche Geschichtschreiber haben<lb/> die Ansicht ausgesprochen und vertreten, daß schon der Fttrstenbnnd, jenes letzte<lb/> Politische Werk des großen Friedrich, diese Auflösung begonnen habe. Aber<lb/> doch wohl mit Unrecht. Ein Grund zur Auflösung des Reiches war dieser<lb/> Fürstenbund nicht, höchstens ein Anzeichen, wie weit bereits der innere Verfall<lb/> gediehen war; er wirft ein grelles Licht auf die innere Fäulnis aller Reichs-<lb/> einrichtungeu; vor allen Dingen beweist er, daß Österreich damals Deutschland<lb/> schon so sehr entfremdet war, und daß ein organischer Zusammenhang beider<lb/> Länder unnatürlich war und für beide nur nachteilig sein konnte, eine Wahr¬<lb/> heit, von der heutzutage wohl die meisten politischen Köpfe überzeugt sein dürften.</p><lb/> <p xml:id="ID_1332"> Der Fürstenbund, dessen Entwurf (?rc>M als ÜKug sntrs les ?rinn;s8<lb/> ä'^IIemÄAnc! (Zlüciuöö sur 1e> raoMs et<z oells as Lingle-Ms) von Friedrich dem<lb/> Großen eigenhändig aufgezeichnet wurde, war veranlaßt worden durch die un¬<lb/> ruhige, begehrliche, ländergierige Politik Kaiser Josefs II. Obwohl Josef<lb/> im Frieden zu Teschen (13. März 1779) auf die Erwerbung Baierns verzichtet<lb/> hatte, gab er doch seinen Plan, dieses für Österreich so günstig gelegene Kur¬<lb/> fürstentum zu erwerben, niemals auf. Bekannt ist namentlich das Tausch-<lb/> Projekt, uach welchem der Kurfürst Karl Theodor für die Abtretung Baierns<lb/> durch den Besitz der österreichischen Niederlande unter dem Namen eines König¬<lb/> reiches Burgund entschädigt werden sollte. Außerdem plante der Kaiser eine<lb/> Aneignung Württembergs auf Grund einer alten Anwartschaft Österreichs auf<lb/> dies Land (des sogenannten ?g.owra RuäolrMnunr vom Jahre 1599), und das<lb/> württembergische Fürstenhaus sollte etwa nach Moden« verpflanzt werden.<lb/> Endlich hatte er noch umfassende „Säkularisirungen" und „Mediatisirungen"<lb/> zu Nutz und Frommen der habsburgischen Erdtaube in Aussicht genommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1333" next="#ID_1334"> Die Ausführung dieser Entwürfe vereitelte Friedrich durch seinen kräftigen<lb/> Einspruch, und um solchen Übergriffen des Hauses Habsburg ein für alle male<lb/> einen Riegel vorzuschieben, stiftete er den Fürstenbund, zunächst mit Sachsen<lb/> und Hannover. Diesem Bunde traten später bei: Sachsen-Weimar und Gotha,<lb/> Zweibrttcken, Kurmainz, Braunschweig, Baden, Hessen-Kassel, Anhalt, Mecklen¬<lb/> burg, Trier u. a. Obwohl Friedrich selbst diesen Bund als „eine Assoziation<lb/> zur Erhaltung des Reichssystems" bezeichnet, so konnte es doch nicht fehlen, daß<lb/> der kaiserliche Minister, Fürst Kaunitz, erklärte, der Bund sei eine „Landfriedens-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0515]
Die Auflösung des alten Reiches.
mußte erst Platz geschaffen werden für eine Umgestaltung Deutschlands und des
deutschen Volkes.
Aber nicht plötzlich und mit einem Schlage trat diese Auflösung des alten
Reiches ein; denn Staaten, und namentlich große Reiche, pflegen langsam zu
sterben. So zog sich auch der Todeskampf des Neichskörpers durch einen längern
Zeitraum hin, und eine Reihe von Ereignissen bezeichnet die fortschreitende Zer¬
setzung dieses Körpers.
Womit beginnt denn nun eigentlich die Auflösung des alten Reiches?
Über diese Frage ist viel gestritten worden. Manche Geschichtschreiber haben
die Ansicht ausgesprochen und vertreten, daß schon der Fttrstenbnnd, jenes letzte
Politische Werk des großen Friedrich, diese Auflösung begonnen habe. Aber
doch wohl mit Unrecht. Ein Grund zur Auflösung des Reiches war dieser
Fürstenbund nicht, höchstens ein Anzeichen, wie weit bereits der innere Verfall
gediehen war; er wirft ein grelles Licht auf die innere Fäulnis aller Reichs-
einrichtungeu; vor allen Dingen beweist er, daß Österreich damals Deutschland
schon so sehr entfremdet war, und daß ein organischer Zusammenhang beider
Länder unnatürlich war und für beide nur nachteilig sein konnte, eine Wahr¬
heit, von der heutzutage wohl die meisten politischen Köpfe überzeugt sein dürften.
Der Fürstenbund, dessen Entwurf (?rc>M als ÜKug sntrs les ?rinn;s8
ä'^IIemÄAnc! (Zlüciuöö sur 1e> raoMs et<z oells as Lingle-Ms) von Friedrich dem
Großen eigenhändig aufgezeichnet wurde, war veranlaßt worden durch die un¬
ruhige, begehrliche, ländergierige Politik Kaiser Josefs II. Obwohl Josef
im Frieden zu Teschen (13. März 1779) auf die Erwerbung Baierns verzichtet
hatte, gab er doch seinen Plan, dieses für Österreich so günstig gelegene Kur¬
fürstentum zu erwerben, niemals auf. Bekannt ist namentlich das Tausch-
Projekt, uach welchem der Kurfürst Karl Theodor für die Abtretung Baierns
durch den Besitz der österreichischen Niederlande unter dem Namen eines König¬
reiches Burgund entschädigt werden sollte. Außerdem plante der Kaiser eine
Aneignung Württembergs auf Grund einer alten Anwartschaft Österreichs auf
dies Land (des sogenannten ?g.owra RuäolrMnunr vom Jahre 1599), und das
württembergische Fürstenhaus sollte etwa nach Moden« verpflanzt werden.
Endlich hatte er noch umfassende „Säkularisirungen" und „Mediatisirungen"
zu Nutz und Frommen der habsburgischen Erdtaube in Aussicht genommen.
Die Ausführung dieser Entwürfe vereitelte Friedrich durch seinen kräftigen
Einspruch, und um solchen Übergriffen des Hauses Habsburg ein für alle male
einen Riegel vorzuschieben, stiftete er den Fürstenbund, zunächst mit Sachsen
und Hannover. Diesem Bunde traten später bei: Sachsen-Weimar und Gotha,
Zweibrttcken, Kurmainz, Braunschweig, Baden, Hessen-Kassel, Anhalt, Mecklen¬
burg, Trier u. a. Obwohl Friedrich selbst diesen Bund als „eine Assoziation
zur Erhaltung des Reichssystems" bezeichnet, so konnte es doch nicht fehlen, daß
der kaiserliche Minister, Fürst Kaunitz, erklärte, der Bund sei eine „Landfriedens-
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