Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Drittes Vierteljahr.Der deutsche Volkscharakter und seine Wandlungen. in Chicago und der ^.tarin, (englisch) ebendaselbst. In London erscheinen die Der deutsche Volkscharakter und seine Wandlungen. von Guntram Schultheiß. (Schluß.) in meisten litt Wohl der Bauernstand unter dem Druck der Not Der deutsche Volkscharakter und seine Wandlungen. in Chicago und der ^.tarin, (englisch) ebendaselbst. In London erscheinen die Der deutsche Volkscharakter und seine Wandlungen. von Guntram Schultheiß. (Schluß.) in meisten litt Wohl der Bauernstand unter dem Druck der Not <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0170" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/200949"/> <fw type="header" place="top"> Der deutsche Volkscharakter und seine Wandlungen.</fw><lb/> <p xml:id="ID_535" prev="#ID_534"> in Chicago und der ^.tarin, (englisch) ebendaselbst. In London erscheinen die<lb/> „Autonomie" und der „Rebell" (beide deutsch) und die englisch geschriebenen<lb/> Blätter ^.rmrokist und ?r<zsäom. In Paris endlich kommt I^v Rsvoltv heraus.<lb/> Die Devise der „Parole" lautet: „Gleiche Pflichten, gleiche Rechte, keine Herren,<lb/> keine Knechte." Der „Rebell" liebt es, Redensarten vom Stapel zu lassen wie:<lb/> „Gäbe es einen Gott, so müßte man ihn abschaffen," oder: „Nur auf den<lb/> Trümmern der heutigen Gesellschaft kaun Freiheit und Glück erblühen," oder<lb/> auch: „Besser, einen Tyrannen töten als hundert revolutionäre Reden im<lb/> Parlamente halten." Alle diese amerikanischen Anarchistcnblcitter sind auch sonst<lb/> wahre Röhrbrnnncn von Phrasen ruchloser und blutiger Faselei, alle befehden<lb/> einander, weniger wegen verschiedner Ansichten als aus persönlichen Gründen,<lb/> alle aber haben trotzdem ihr gläubiges Publikum und, wie die letzten Vorgänge<lb/> in Chicago zeigten, ihre verhängnisvolle praktische Wirkung. Dasselbe gilt auch<lb/> von den in London erscheinenden, obwohl dieselben jetzt nicht so ungescheut mit<lb/> der Sprache herausgehen dürfen als früher, und obwohl sie in Deutschland<lb/> und Österreich sich auf unterirdischen Wegen zu ihren Liebhabern schleichen<lb/> müssen. Die Zeit, wo der Anarchismus bei uns eine Gefahr war, scheint also<lb/> noch nicht ganz vorüber zu sein.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Der deutsche Volkscharakter und seine Wandlungen.<lb/><note type="byline"> von Guntram Schultheiß.</note> (Schluß.)</head><lb/> <p xml:id="ID_536" next="#ID_537"> in meisten litt Wohl der Bauernstand unter dem Druck der Not<lb/> der Zeit und dem besondern der Ausbeutung seiner Arbeits¬<lb/> leistung durch die bevorrechteten Stände. Seitdem auch in dem<lb/> vor dem Osten sonst bevorzugten Süd- und Mitteldeutschland<lb/> durch die Folgen der Bauernkriege die ganze Last der wieder¬<lb/> hergestellten und verschärften Adelsherrschaft weltlicher und geistlicher Gattung<lb/> sich als Joch der Leibeigenschaft mit Steuern und Frohnden auf ihn legte,<lb/> wurde mit Herabsetzung der körperlichen Lebenshaltung auch jene Spannkraft<lb/> und jener Schwung in Empfindung und Charakter immer geringer, wie sie das<lb/> Mittelalter so vielfach literarisch bekundet hat in den Schilderungen ländlichen<lb/> Lebens, im Walther von der Vogelweide, im Nithard und im Meier Helm¬<lb/> brecht, und wie sie in der Energie der Besudelung des Ostens und in den</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0170]
Der deutsche Volkscharakter und seine Wandlungen.
in Chicago und der ^.tarin, (englisch) ebendaselbst. In London erscheinen die
„Autonomie" und der „Rebell" (beide deutsch) und die englisch geschriebenen
Blätter ^.rmrokist und ?r<zsäom. In Paris endlich kommt I^v Rsvoltv heraus.
Die Devise der „Parole" lautet: „Gleiche Pflichten, gleiche Rechte, keine Herren,
keine Knechte." Der „Rebell" liebt es, Redensarten vom Stapel zu lassen wie:
„Gäbe es einen Gott, so müßte man ihn abschaffen," oder: „Nur auf den
Trümmern der heutigen Gesellschaft kaun Freiheit und Glück erblühen," oder
auch: „Besser, einen Tyrannen töten als hundert revolutionäre Reden im
Parlamente halten." Alle diese amerikanischen Anarchistcnblcitter sind auch sonst
wahre Röhrbrnnncn von Phrasen ruchloser und blutiger Faselei, alle befehden
einander, weniger wegen verschiedner Ansichten als aus persönlichen Gründen,
alle aber haben trotzdem ihr gläubiges Publikum und, wie die letzten Vorgänge
in Chicago zeigten, ihre verhängnisvolle praktische Wirkung. Dasselbe gilt auch
von den in London erscheinenden, obwohl dieselben jetzt nicht so ungescheut mit
der Sprache herausgehen dürfen als früher, und obwohl sie in Deutschland
und Österreich sich auf unterirdischen Wegen zu ihren Liebhabern schleichen
müssen. Die Zeit, wo der Anarchismus bei uns eine Gefahr war, scheint also
noch nicht ganz vorüber zu sein.
Der deutsche Volkscharakter und seine Wandlungen.
von Guntram Schultheiß. (Schluß.)
in meisten litt Wohl der Bauernstand unter dem Druck der Not
der Zeit und dem besondern der Ausbeutung seiner Arbeits¬
leistung durch die bevorrechteten Stände. Seitdem auch in dem
vor dem Osten sonst bevorzugten Süd- und Mitteldeutschland
durch die Folgen der Bauernkriege die ganze Last der wieder¬
hergestellten und verschärften Adelsherrschaft weltlicher und geistlicher Gattung
sich als Joch der Leibeigenschaft mit Steuern und Frohnden auf ihn legte,
wurde mit Herabsetzung der körperlichen Lebenshaltung auch jene Spannkraft
und jener Schwung in Empfindung und Charakter immer geringer, wie sie das
Mittelalter so vielfach literarisch bekundet hat in den Schilderungen ländlichen
Lebens, im Walther von der Vogelweide, im Nithard und im Meier Helm¬
brecht, und wie sie in der Energie der Besudelung des Ostens und in den
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |