Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.An unsre Leser und Freunde. nacht. Ihr werdet ruhig schlafen, indes meine Seele um euch schwebt. Lebt Wo blieb der Gatte? Wo blieb Herr von Veulwitz? In dem Gluthauche An unsre Leser und Freunde. Der Verleger dieser Blätter versendet gegenwärtig das nachstehende Rund¬ Euer Hochwohlgeboren bitte ich um die Erlaubnis, mich im Interesse der von ") Nach Karolinens Bestimmung wurden nach ihrem Tode mehrere Pncrete Briefe un^ eröffnet und ungelesen verbrannt. Grenzboten I. 1887. 09
An unsre Leser und Freunde. nacht. Ihr werdet ruhig schlafen, indes meine Seele um euch schwebt. Lebt Wo blieb der Gatte? Wo blieb Herr von Veulwitz? In dem Gluthauche An unsre Leser und Freunde. Der Verleger dieser Blätter versendet gegenwärtig das nachstehende Rund¬ Euer Hochwohlgeboren bitte ich um die Erlaubnis, mich im Interesse der von ") Nach Karolinens Bestimmung wurden nach ihrem Tode mehrere Pncrete Briefe un^ eröffnet und ungelesen verbrannt. Grenzboten I. 1887. 09
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0553" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/200658"/> <fw type="header" place="top"> An unsre Leser und Freunde.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1729" prev="#ID_1728"> nacht. Ihr werdet ruhig schlafen, indes meine Seele um euch schwebt. Lebt<lb/> Wohl!" In immer neuen Wendungen, mit der ganzen Glut dichterischer Be¬<lb/> geisterung preist er die Schönheit ihrer Seele, die Reinheit ihres Wesens.<lb/> „Den schönsten Strahl der Sonne — ruft er Karolinen zu (5. November<lb/> 1789) — möchte ich nehmen vom Licht der Sonne, wie Iphigenie, und ihn vor<lb/> dich niederlegen." Alles Ernstes dachte er daran, daß sie mit Lotten zugleich<lb/> in sein Hans einziehen und bei ihm oder doch in seiner nächsten Nahe wohnen<lb/> solle. „Ach, was für himmlisch süße Stunden uns bevorstehen, wenn wir zu¬<lb/> sammen wohnen werden, teure Liebe! wenn meine Seele, durch eine gelungene Be¬<lb/> schäftigung aufflammend und bewegt, auch meiner Liebe Flammen der Schöpfung<lb/> zubringen und eure Liebe meinem Geiste Feuer und Leben borgen wird."<lb/> Karoline ging mit ganzer Seele auf diesen Wechselgesang der Liebe ein. Freilich<lb/> sind die Briefe, welche sie an Schiller nach dessen Verlobung mit Lotten schrieb,<lb/> zum größten Teile verloren gegangen oder vernichtet worden,*) aber Schillers<lb/> Entzücken über ihre Briefe zeigt uns deutlich genug, daß sie in demselben Tone<lb/> mit ihm redete. „Auch meinem Leben giebt die nahe, sichere Aussicht des Zu¬<lb/> sammenseins einen Reiz, den ich nicht cinssprcchen kann," schreibt sie noch kurz<lb/> vor der Hochzeit an Schiller. „Unser Plan hat keine Schwierigkeiten, Körners<lb/> Einstimmen freut mich auch, dem ruhigen Blicke der Freundschaft können wir<lb/> vertrauen."</p><lb/> <p xml:id="ID_1730"> Wo blieb der Gatte? Wo blieb Herr von Veulwitz? In dem Gluthauche<lb/> des Genius, den sie einsog, verkohlten die Banden ihrer Ehe wie Zunder, und<lb/> Schiller selbst war verwegen genug, sie über die Aschenreste zu sich herüberzu¬<lb/> ziehen. „Nur dein Schicksal, meine Karoline — klagt er noch am l,ü. November<lb/> 1739 — ist es, was mir Unruhe macht; ich kann dieses trübe Verhältnis noch<lb/> nicht erklären, und es wird noch verwirrter, wenn ich an meine Lage denke.<lb/> Bleibe ich in Jena, so will ich mich gern ein Jahr und etwas darüber mit<lb/> der Notwendigkeit aussöhnen, daß du mit Beulwitz allein lebst. Von diesem<lb/> Jahre kannst du die Hälfte bei uns zubringen, und die kleinen Zivischeurüume<lb/> der Trennung machen es erträglicher." (Schluß sol.^.)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> An unsre Leser und Freunde.</head><lb/> <p xml:id="ID_1731"> Der Verleger dieser Blätter versendet gegenwärtig das nachstehende Rund¬<lb/> schreiben an weitere Kreise:</p><lb/> <p xml:id="ID_1732"> Euer Hochwohlgeboren bitte ich um die Erlaubnis, mich im Interesse der von<lb/> mir verlegten und herausgegebenen Grenzboten mit einem Anliegen ein Sie zu wenden.</p><lb/> <note xml:id="FID_65" place="foot"> ") Nach Karolinens Bestimmung wurden nach ihrem Tode mehrere Pncrete Briefe un^<lb/> eröffnet und ungelesen verbrannt.</note><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I. 1887. 09</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0553]
An unsre Leser und Freunde.
nacht. Ihr werdet ruhig schlafen, indes meine Seele um euch schwebt. Lebt
Wohl!" In immer neuen Wendungen, mit der ganzen Glut dichterischer Be¬
geisterung preist er die Schönheit ihrer Seele, die Reinheit ihres Wesens.
„Den schönsten Strahl der Sonne — ruft er Karolinen zu (5. November
1789) — möchte ich nehmen vom Licht der Sonne, wie Iphigenie, und ihn vor
dich niederlegen." Alles Ernstes dachte er daran, daß sie mit Lotten zugleich
in sein Hans einziehen und bei ihm oder doch in seiner nächsten Nahe wohnen
solle. „Ach, was für himmlisch süße Stunden uns bevorstehen, wenn wir zu¬
sammen wohnen werden, teure Liebe! wenn meine Seele, durch eine gelungene Be¬
schäftigung aufflammend und bewegt, auch meiner Liebe Flammen der Schöpfung
zubringen und eure Liebe meinem Geiste Feuer und Leben borgen wird."
Karoline ging mit ganzer Seele auf diesen Wechselgesang der Liebe ein. Freilich
sind die Briefe, welche sie an Schiller nach dessen Verlobung mit Lotten schrieb,
zum größten Teile verloren gegangen oder vernichtet worden,*) aber Schillers
Entzücken über ihre Briefe zeigt uns deutlich genug, daß sie in demselben Tone
mit ihm redete. „Auch meinem Leben giebt die nahe, sichere Aussicht des Zu¬
sammenseins einen Reiz, den ich nicht cinssprcchen kann," schreibt sie noch kurz
vor der Hochzeit an Schiller. „Unser Plan hat keine Schwierigkeiten, Körners
Einstimmen freut mich auch, dem ruhigen Blicke der Freundschaft können wir
vertrauen."
Wo blieb der Gatte? Wo blieb Herr von Veulwitz? In dem Gluthauche
des Genius, den sie einsog, verkohlten die Banden ihrer Ehe wie Zunder, und
Schiller selbst war verwegen genug, sie über die Aschenreste zu sich herüberzu¬
ziehen. „Nur dein Schicksal, meine Karoline — klagt er noch am l,ü. November
1739 — ist es, was mir Unruhe macht; ich kann dieses trübe Verhältnis noch
nicht erklären, und es wird noch verwirrter, wenn ich an meine Lage denke.
Bleibe ich in Jena, so will ich mich gern ein Jahr und etwas darüber mit
der Notwendigkeit aussöhnen, daß du mit Beulwitz allein lebst. Von diesem
Jahre kannst du die Hälfte bei uns zubringen, und die kleinen Zivischeurüume
der Trennung machen es erträglicher." (Schluß sol.^.)
An unsre Leser und Freunde.
Der Verleger dieser Blätter versendet gegenwärtig das nachstehende Rund¬
schreiben an weitere Kreise:
Euer Hochwohlgeboren bitte ich um die Erlaubnis, mich im Interesse der von
mir verlegten und herausgegebenen Grenzboten mit einem Anliegen ein Sie zu wenden.
") Nach Karolinens Bestimmung wurden nach ihrem Tode mehrere Pncrete Briefe un^
eröffnet und ungelesen verbrannt.
Grenzboten I. 1887. 09
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |