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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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Paul Heyses Roman der Stiftsdame.

Testaccio und der Pyramide des Cestius statt. An der Spitze der vollzählig
erschienenen deutschen Kolonie war der deutsche Botschafter von Keudell, an der
der Italiener der Generaldirektor der Ausgrabungen Fivrelli anwesend. Es war
einer der sonnigen Tage, wie sie der Vorfrühling in Rom mit sich bringt: die
ersten Vogelstüumcn ließen sich hören. Einfach und würdig, ganz im Sinne des
Verstorbenen, der allem äußerlichen Gepränge abhold war, verlief die ernste
Feier. Auf die Rede des Geistlichen folgten Abschiedsworte des Professor
Michaelis, der als Vertreter der Zentraldirektion des Instituts aus Straßburg
hierhergekommen war, voll von dankbarer Anerkennung und herzlicher Freundes¬
treue. Im Namen der jüngern Generation legte Ferdinand Dümmler, Privat¬
dozent in Gießen, einen Lvrberlranz auf das Grab. Die schönen menschlichen
Eigenschaften des Verstorbenen, seine Freundlichkeit und stete Bereitwilligkeit,
zu fördern, seine Gastlichkeit gaben dem Sprechenden warme, empfundene Worte
ein. Im Namen der Italiener sprach Professor Galli, den langjährige Freund¬
schaft und gemeinsame Arbeit mit Herzen verbanden. Seine melodische Rede,
in klassische Formen gegossen, glich einem antiken Panegyrikos. Am Schlüsse
verkündete er vor den Versammelten, daß der Senat von Rom einstimmig be¬
schlossen habe, eine Büste Herzens auf dem Kapitol im Saale der Konsular-
fasten zu errichten, eine Ehre, die bisher nur wenigen Deutschen widerfahren
ist. An Herzens offenem Grabe wurde auch das Versprechen gegeben, daß die
Italiener, dem Wunsche des Verstorbenen gemäß, auch fernerhin treu zum
deutschen Institut halten würden.

Endlich fand am 11. Februar eine außerordentliche Sitzung des Instituts
statt, in welcher G. B. de Rossi und W. Helbig, der zweite Sekretär des In¬
stituts, vor einer zahlreichen Zuhörerschaft in längern Reden Herzens Verdienste
um die Wissenschaft darstellten.


P. Hartwig.


jDaul Heyses Roman der Htiftsdame.

enen, die nach einer Theorie der Dichtungsformen streben, wird
gleich der Titel des neuesten Werkes von Paul Hesse") Stoff
zum Nachdenken geben. Er nennt seine Erzählung, die in Wahr¬
heit nichts als eine erweiterte Novelle ist, zu gleicher Zeit Roman
und Lebensgeschichte. Offenbar soll die zweite Benennung die
erste beschränken, erläutern. Denn das Wort Roman wird von Heyse hier nur
in dem populären Sinne gebraucht, wonach eine jede Dame ihren Roman, das



*) Der Roman der Stiftsdame. Eine Lebensgeschichte. Von Paul Heyse.
Berlin, Hertz, 1887. Fünfte Auflage.
Paul Heyses Roman der Stiftsdame.

Testaccio und der Pyramide des Cestius statt. An der Spitze der vollzählig
erschienenen deutschen Kolonie war der deutsche Botschafter von Keudell, an der
der Italiener der Generaldirektor der Ausgrabungen Fivrelli anwesend. Es war
einer der sonnigen Tage, wie sie der Vorfrühling in Rom mit sich bringt: die
ersten Vogelstüumcn ließen sich hören. Einfach und würdig, ganz im Sinne des
Verstorbenen, der allem äußerlichen Gepränge abhold war, verlief die ernste
Feier. Auf die Rede des Geistlichen folgten Abschiedsworte des Professor
Michaelis, der als Vertreter der Zentraldirektion des Instituts aus Straßburg
hierhergekommen war, voll von dankbarer Anerkennung und herzlicher Freundes¬
treue. Im Namen der jüngern Generation legte Ferdinand Dümmler, Privat¬
dozent in Gießen, einen Lvrberlranz auf das Grab. Die schönen menschlichen
Eigenschaften des Verstorbenen, seine Freundlichkeit und stete Bereitwilligkeit,
zu fördern, seine Gastlichkeit gaben dem Sprechenden warme, empfundene Worte
ein. Im Namen der Italiener sprach Professor Galli, den langjährige Freund¬
schaft und gemeinsame Arbeit mit Herzen verbanden. Seine melodische Rede,
in klassische Formen gegossen, glich einem antiken Panegyrikos. Am Schlüsse
verkündete er vor den Versammelten, daß der Senat von Rom einstimmig be¬
schlossen habe, eine Büste Herzens auf dem Kapitol im Saale der Konsular-
fasten zu errichten, eine Ehre, die bisher nur wenigen Deutschen widerfahren
ist. An Herzens offenem Grabe wurde auch das Versprechen gegeben, daß die
Italiener, dem Wunsche des Verstorbenen gemäß, auch fernerhin treu zum
deutschen Institut halten würden.

Endlich fand am 11. Februar eine außerordentliche Sitzung des Instituts
statt, in welcher G. B. de Rossi und W. Helbig, der zweite Sekretär des In¬
stituts, vor einer zahlreichen Zuhörerschaft in längern Reden Herzens Verdienste
um die Wissenschaft darstellten.


P. Hartwig.


jDaul Heyses Roman der Htiftsdame.

enen, die nach einer Theorie der Dichtungsformen streben, wird
gleich der Titel des neuesten Werkes von Paul Hesse") Stoff
zum Nachdenken geben. Er nennt seine Erzählung, die in Wahr¬
heit nichts als eine erweiterte Novelle ist, zu gleicher Zeit Roman
und Lebensgeschichte. Offenbar soll die zweite Benennung die
erste beschränken, erläutern. Denn das Wort Roman wird von Heyse hier nur
in dem populären Sinne gebraucht, wonach eine jede Dame ihren Roman, das



*) Der Roman der Stiftsdame. Eine Lebensgeschichte. Von Paul Heyse.
Berlin, Hertz, 1887. Fünfte Auflage.
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[0432] Paul Heyses Roman der Stiftsdame. Testaccio und der Pyramide des Cestius statt. An der Spitze der vollzählig erschienenen deutschen Kolonie war der deutsche Botschafter von Keudell, an der der Italiener der Generaldirektor der Ausgrabungen Fivrelli anwesend. Es war einer der sonnigen Tage, wie sie der Vorfrühling in Rom mit sich bringt: die ersten Vogelstüumcn ließen sich hören. Einfach und würdig, ganz im Sinne des Verstorbenen, der allem äußerlichen Gepränge abhold war, verlief die ernste Feier. Auf die Rede des Geistlichen folgten Abschiedsworte des Professor Michaelis, der als Vertreter der Zentraldirektion des Instituts aus Straßburg hierhergekommen war, voll von dankbarer Anerkennung und herzlicher Freundes¬ treue. Im Namen der jüngern Generation legte Ferdinand Dümmler, Privat¬ dozent in Gießen, einen Lvrberlranz auf das Grab. Die schönen menschlichen Eigenschaften des Verstorbenen, seine Freundlichkeit und stete Bereitwilligkeit, zu fördern, seine Gastlichkeit gaben dem Sprechenden warme, empfundene Worte ein. Im Namen der Italiener sprach Professor Galli, den langjährige Freund¬ schaft und gemeinsame Arbeit mit Herzen verbanden. Seine melodische Rede, in klassische Formen gegossen, glich einem antiken Panegyrikos. Am Schlüsse verkündete er vor den Versammelten, daß der Senat von Rom einstimmig be¬ schlossen habe, eine Büste Herzens auf dem Kapitol im Saale der Konsular- fasten zu errichten, eine Ehre, die bisher nur wenigen Deutschen widerfahren ist. An Herzens offenem Grabe wurde auch das Versprechen gegeben, daß die Italiener, dem Wunsche des Verstorbenen gemäß, auch fernerhin treu zum deutschen Institut halten würden. Endlich fand am 11. Februar eine außerordentliche Sitzung des Instituts statt, in welcher G. B. de Rossi und W. Helbig, der zweite Sekretär des In¬ stituts, vor einer zahlreichen Zuhörerschaft in längern Reden Herzens Verdienste um die Wissenschaft darstellten. P. Hartwig. jDaul Heyses Roman der Htiftsdame. enen, die nach einer Theorie der Dichtungsformen streben, wird gleich der Titel des neuesten Werkes von Paul Hesse") Stoff zum Nachdenken geben. Er nennt seine Erzählung, die in Wahr¬ heit nichts als eine erweiterte Novelle ist, zu gleicher Zeit Roman und Lebensgeschichte. Offenbar soll die zweite Benennung die erste beschränken, erläutern. Denn das Wort Roman wird von Heyse hier nur in dem populären Sinne gebraucht, wonach eine jede Dame ihren Roman, das *) Der Roman der Stiftsdame. Eine Lebensgeschichte. Von Paul Heyse. Berlin, Hertz, 1887. Fünfte Auflage.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/432>, abgerufen am 22.07.2024.