Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Gin deutscher Maler in Rom.

war unser Festlokal. Eine reichbesetzte Tafel, die alle, Kinder und Erwachsene,
faßte, war an der einen Seite aufgeschlagen, die andre war freigelassen, um
für die übrige Festfreude Platz zu lassen. Ich brachte zuerst deine Gesundheit
aus, die von allen mit dem größten Jubel getrunken wurde; dann dankte ich
in deinem Namen und trank auf die Gesundheit der lieben Gäste; dann tranken
wir auf das Andenken des verstorbenen Besitzers der Villa Massimi und die
Gesundheit des gegenwärtigen, endlich wurde die Gesundheit des Königs von
Baiern, meines künftigen Königs, getrunken. Kästner und Stier hatten schöne
Gedichte gemacht, die vorgelesen und mit großer Freude angehört wurden; du
sollst sie auch lesen, wenn ich zu dir komme. Wir waren mit der Tafel ziem¬
lich zu Ende, als auf mein Veranstalter mehrere Mädchen aus den benachbarten
Vignen in saubern Körben Erdbeeren auftrugen und bald darauf Tambure
herbeibrachten und mit Begleitung derselben und einer Flöte ihren National-
tanz (Saltarello) tanzten. Der ganze Raum war bald von den lieblichsten
Gruppen Tanzender und Zuschauender geschmückt. Die erwachsenen Gäste
hatten sich alle an die eine Seite der Tafel gezogen, die Kinder fanden be¬
quemere Plätze auf den verschiednen Tischen, die unter den Weinlauben sich
fanden; auch ungerufene Mädchen und Bursche kamen herbei und füllten bald
alle Seiten des Raumes. Zuerst tanzten immer zwei und zwei abwechselnd,
endlich alle, und von der großen Lustigkeit fortgerissen, mischte sich endlich auch
mein Flöteubläser unter die Tanzenden, ohne deshalb sein Instrument zu ver¬
säumen. Wir waren überaus fröhlich und glücklich. Ein jeder gab mir Ver¬
sicherungen seiner Freude. Der teure Platner gedachte deiner mit besondrer
Herzlichkeit und trug mir auf, dir zu sagen, wie teuer du ihm immer gewesen
seist und wie lieb er dich noch habe. Wenn ich zu dir komme, erzähle ich dir
noch mehr von diesem Feste; jetzt sei das Gesagte genug."

Die Fresken nach Ariosts "Rasenden Roland" in der Villa Massimi,
deren Vollendung mit diesem Feste gefeiert wurde, Schmorrs Hauptarbeit während
des Jahrzehnts in Rom, waren eine Schwergeburt. Ganz abgesehen von den
Schwierigkeiten der Freskotechnik, welche sich Schmorr und seine Genossen keines¬
wegs ganz zu eigen gemacht hatten, zog sich die Arbeit an den Entwürfen und
ihrer Ausführungen über viele Jahre hin. Gleich nach dem Eintreffen des
Künstlers in Rom zeigte sich der Marchese Massimi geneigt, ihm neben Corne¬
lius (welcher die Bilder zu Dante übernommen hatte, die Philipp Veit nach¬
mals vollendete) und Overbeck (der Szenen aus Torquato Tassos "Befreiten
Jerusalem" malte) einen Saal seines Hauses zur künstlerischen Ausschmückung
anzuvertrauen. Schmorr ging mit Feuereifer an die Arbeit. Bald aber schien
sich herauszustellen, daß sein Gesundheitszustand einen jahrelangen Aufenthalt
in Italien verbiete, der Kontrakt ward gelöst, der Auftrag für die Ariostfresken
an den italienischen Maler del Fratte erteilt. Als sich dann Schmorrs Ge¬
sundheitszustand befestigte, hätte er gern die Arbeit an dem Zyklus zurück-


Gin deutscher Maler in Rom.

war unser Festlokal. Eine reichbesetzte Tafel, die alle, Kinder und Erwachsene,
faßte, war an der einen Seite aufgeschlagen, die andre war freigelassen, um
für die übrige Festfreude Platz zu lassen. Ich brachte zuerst deine Gesundheit
aus, die von allen mit dem größten Jubel getrunken wurde; dann dankte ich
in deinem Namen und trank auf die Gesundheit der lieben Gäste; dann tranken
wir auf das Andenken des verstorbenen Besitzers der Villa Massimi und die
Gesundheit des gegenwärtigen, endlich wurde die Gesundheit des Königs von
Baiern, meines künftigen Königs, getrunken. Kästner und Stier hatten schöne
Gedichte gemacht, die vorgelesen und mit großer Freude angehört wurden; du
sollst sie auch lesen, wenn ich zu dir komme. Wir waren mit der Tafel ziem¬
lich zu Ende, als auf mein Veranstalter mehrere Mädchen aus den benachbarten
Vignen in saubern Körben Erdbeeren auftrugen und bald darauf Tambure
herbeibrachten und mit Begleitung derselben und einer Flöte ihren National-
tanz (Saltarello) tanzten. Der ganze Raum war bald von den lieblichsten
Gruppen Tanzender und Zuschauender geschmückt. Die erwachsenen Gäste
hatten sich alle an die eine Seite der Tafel gezogen, die Kinder fanden be¬
quemere Plätze auf den verschiednen Tischen, die unter den Weinlauben sich
fanden; auch ungerufene Mädchen und Bursche kamen herbei und füllten bald
alle Seiten des Raumes. Zuerst tanzten immer zwei und zwei abwechselnd,
endlich alle, und von der großen Lustigkeit fortgerissen, mischte sich endlich auch
mein Flöteubläser unter die Tanzenden, ohne deshalb sein Instrument zu ver¬
säumen. Wir waren überaus fröhlich und glücklich. Ein jeder gab mir Ver¬
sicherungen seiner Freude. Der teure Platner gedachte deiner mit besondrer
Herzlichkeit und trug mir auf, dir zu sagen, wie teuer du ihm immer gewesen
seist und wie lieb er dich noch habe. Wenn ich zu dir komme, erzähle ich dir
noch mehr von diesem Feste; jetzt sei das Gesagte genug."

Die Fresken nach Ariosts „Rasenden Roland" in der Villa Massimi,
deren Vollendung mit diesem Feste gefeiert wurde, Schmorrs Hauptarbeit während
des Jahrzehnts in Rom, waren eine Schwergeburt. Ganz abgesehen von den
Schwierigkeiten der Freskotechnik, welche sich Schmorr und seine Genossen keines¬
wegs ganz zu eigen gemacht hatten, zog sich die Arbeit an den Entwürfen und
ihrer Ausführungen über viele Jahre hin. Gleich nach dem Eintreffen des
Künstlers in Rom zeigte sich der Marchese Massimi geneigt, ihm neben Corne¬
lius (welcher die Bilder zu Dante übernommen hatte, die Philipp Veit nach¬
mals vollendete) und Overbeck (der Szenen aus Torquato Tassos „Befreiten
Jerusalem" malte) einen Saal seines Hauses zur künstlerischen Ausschmückung
anzuvertrauen. Schmorr ging mit Feuereifer an die Arbeit. Bald aber schien
sich herauszustellen, daß sein Gesundheitszustand einen jahrelangen Aufenthalt
in Italien verbiete, der Kontrakt ward gelöst, der Auftrag für die Ariostfresken
an den italienischen Maler del Fratte erteilt. Als sich dann Schmorrs Ge¬
sundheitszustand befestigte, hätte er gern die Arbeit an dem Zyklus zurück-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0388" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/200493"/>
          <fw type="header" place="top"> Gin deutscher Maler in Rom.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1225" prev="#ID_1224"> war unser Festlokal. Eine reichbesetzte Tafel, die alle, Kinder und Erwachsene,<lb/>
faßte, war an der einen Seite aufgeschlagen, die andre war freigelassen, um<lb/>
für die übrige Festfreude Platz zu lassen. Ich brachte zuerst deine Gesundheit<lb/>
aus, die von allen mit dem größten Jubel getrunken wurde; dann dankte ich<lb/>
in deinem Namen und trank auf die Gesundheit der lieben Gäste; dann tranken<lb/>
wir auf das Andenken des verstorbenen Besitzers der Villa Massimi und die<lb/>
Gesundheit des gegenwärtigen, endlich wurde die Gesundheit des Königs von<lb/>
Baiern, meines künftigen Königs, getrunken. Kästner und Stier hatten schöne<lb/>
Gedichte gemacht, die vorgelesen und mit großer Freude angehört wurden; du<lb/>
sollst sie auch lesen, wenn ich zu dir komme. Wir waren mit der Tafel ziem¬<lb/>
lich zu Ende, als auf mein Veranstalter mehrere Mädchen aus den benachbarten<lb/>
Vignen in saubern Körben Erdbeeren auftrugen und bald darauf Tambure<lb/>
herbeibrachten und mit Begleitung derselben und einer Flöte ihren National-<lb/>
tanz (Saltarello) tanzten. Der ganze Raum war bald von den lieblichsten<lb/>
Gruppen Tanzender und Zuschauender geschmückt. Die erwachsenen Gäste<lb/>
hatten sich alle an die eine Seite der Tafel gezogen, die Kinder fanden be¬<lb/>
quemere Plätze auf den verschiednen Tischen, die unter den Weinlauben sich<lb/>
fanden; auch ungerufene Mädchen und Bursche kamen herbei und füllten bald<lb/>
alle Seiten des Raumes. Zuerst tanzten immer zwei und zwei abwechselnd,<lb/>
endlich alle, und von der großen Lustigkeit fortgerissen, mischte sich endlich auch<lb/>
mein Flöteubläser unter die Tanzenden, ohne deshalb sein Instrument zu ver¬<lb/>
säumen. Wir waren überaus fröhlich und glücklich. Ein jeder gab mir Ver¬<lb/>
sicherungen seiner Freude. Der teure Platner gedachte deiner mit besondrer<lb/>
Herzlichkeit und trug mir auf, dir zu sagen, wie teuer du ihm immer gewesen<lb/>
seist und wie lieb er dich noch habe. Wenn ich zu dir komme, erzähle ich dir<lb/>
noch mehr von diesem Feste; jetzt sei das Gesagte genug."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1226" next="#ID_1227"> Die Fresken nach Ariosts &#x201E;Rasenden Roland" in der Villa Massimi,<lb/>
deren Vollendung mit diesem Feste gefeiert wurde, Schmorrs Hauptarbeit während<lb/>
des Jahrzehnts in Rom, waren eine Schwergeburt. Ganz abgesehen von den<lb/>
Schwierigkeiten der Freskotechnik, welche sich Schmorr und seine Genossen keines¬<lb/>
wegs ganz zu eigen gemacht hatten, zog sich die Arbeit an den Entwürfen und<lb/>
ihrer Ausführungen über viele Jahre hin. Gleich nach dem Eintreffen des<lb/>
Künstlers in Rom zeigte sich der Marchese Massimi geneigt, ihm neben Corne¬<lb/>
lius (welcher die Bilder zu Dante übernommen hatte, die Philipp Veit nach¬<lb/>
mals vollendete) und Overbeck (der Szenen aus Torquato Tassos &#x201E;Befreiten<lb/>
Jerusalem" malte) einen Saal seines Hauses zur künstlerischen Ausschmückung<lb/>
anzuvertrauen. Schmorr ging mit Feuereifer an die Arbeit. Bald aber schien<lb/>
sich herauszustellen, daß sein Gesundheitszustand einen jahrelangen Aufenthalt<lb/>
in Italien verbiete, der Kontrakt ward gelöst, der Auftrag für die Ariostfresken<lb/>
an den italienischen Maler del Fratte erteilt. Als sich dann Schmorrs Ge¬<lb/>
sundheitszustand befestigte, hätte er gern die Arbeit an dem Zyklus zurück-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0388] Gin deutscher Maler in Rom. war unser Festlokal. Eine reichbesetzte Tafel, die alle, Kinder und Erwachsene, faßte, war an der einen Seite aufgeschlagen, die andre war freigelassen, um für die übrige Festfreude Platz zu lassen. Ich brachte zuerst deine Gesundheit aus, die von allen mit dem größten Jubel getrunken wurde; dann dankte ich in deinem Namen und trank auf die Gesundheit der lieben Gäste; dann tranken wir auf das Andenken des verstorbenen Besitzers der Villa Massimi und die Gesundheit des gegenwärtigen, endlich wurde die Gesundheit des Königs von Baiern, meines künftigen Königs, getrunken. Kästner und Stier hatten schöne Gedichte gemacht, die vorgelesen und mit großer Freude angehört wurden; du sollst sie auch lesen, wenn ich zu dir komme. Wir waren mit der Tafel ziem¬ lich zu Ende, als auf mein Veranstalter mehrere Mädchen aus den benachbarten Vignen in saubern Körben Erdbeeren auftrugen und bald darauf Tambure herbeibrachten und mit Begleitung derselben und einer Flöte ihren National- tanz (Saltarello) tanzten. Der ganze Raum war bald von den lieblichsten Gruppen Tanzender und Zuschauender geschmückt. Die erwachsenen Gäste hatten sich alle an die eine Seite der Tafel gezogen, die Kinder fanden be¬ quemere Plätze auf den verschiednen Tischen, die unter den Weinlauben sich fanden; auch ungerufene Mädchen und Bursche kamen herbei und füllten bald alle Seiten des Raumes. Zuerst tanzten immer zwei und zwei abwechselnd, endlich alle, und von der großen Lustigkeit fortgerissen, mischte sich endlich auch mein Flöteubläser unter die Tanzenden, ohne deshalb sein Instrument zu ver¬ säumen. Wir waren überaus fröhlich und glücklich. Ein jeder gab mir Ver¬ sicherungen seiner Freude. Der teure Platner gedachte deiner mit besondrer Herzlichkeit und trug mir auf, dir zu sagen, wie teuer du ihm immer gewesen seist und wie lieb er dich noch habe. Wenn ich zu dir komme, erzähle ich dir noch mehr von diesem Feste; jetzt sei das Gesagte genug." Die Fresken nach Ariosts „Rasenden Roland" in der Villa Massimi, deren Vollendung mit diesem Feste gefeiert wurde, Schmorrs Hauptarbeit während des Jahrzehnts in Rom, waren eine Schwergeburt. Ganz abgesehen von den Schwierigkeiten der Freskotechnik, welche sich Schmorr und seine Genossen keines¬ wegs ganz zu eigen gemacht hatten, zog sich die Arbeit an den Entwürfen und ihrer Ausführungen über viele Jahre hin. Gleich nach dem Eintreffen des Künstlers in Rom zeigte sich der Marchese Massimi geneigt, ihm neben Corne¬ lius (welcher die Bilder zu Dante übernommen hatte, die Philipp Veit nach¬ mals vollendete) und Overbeck (der Szenen aus Torquato Tassos „Befreiten Jerusalem" malte) einen Saal seines Hauses zur künstlerischen Ausschmückung anzuvertrauen. Schmorr ging mit Feuereifer an die Arbeit. Bald aber schien sich herauszustellen, daß sein Gesundheitszustand einen jahrelangen Aufenthalt in Italien verbiete, der Kontrakt ward gelöst, der Auftrag für die Ariostfresken an den italienischen Maler del Fratte erteilt. Als sich dann Schmorrs Ge¬ sundheitszustand befestigte, hätte er gern die Arbeit an dem Zyklus zurück-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/388
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/388>, abgerufen am 03.07.2024.