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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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Unsre Apotheken.

und freut sich, wenn die Werte der Landgüter, Bauplätze u. s, w, steigen; aber
ein Anwachsen des Geschäftswcrtes der Apotheken soll vom Übel sein. Mögen
anch schwindelhafte Verknuse stattgefunden haben, es giebt doch auch Grunde,
welche das Steigen der Apvthekenpreise sehr erklärlich machen.

Von 1848 bis 1870 und länger war es zweifelhaft, ob der Drang nach
Gewerbefreiheit, welcher damals unter der Herrschaft der Maiichesterdoktrin alles
beherrschte, nicht auch die Apvthekeuwertc über Bord werfen werde. Es war
damals schwer, eine Apotheke zu verkaufen, die Käufer hielten sich zurück, und
wo ein größeres Geschäft verlauft werden mußte, so wurde in Anbetracht der
Gefahr, welche der Käufer einging, kein hoher Preis bewilligt. Erst als nach
Feststellung des Gewerbegesctzes die Apotheken von den freien Gewerben aus¬
genommen wurden und sich auch ein Umschwung in der öffentlichen Meinung
gegen die allzu ausgedehnte gewerbliche Schranlenlosigreit vollzog, verringerte
sich die Gefahr des Käufers, und es konnten wieder höhere Preise bezahlt werden.
Nun trat auch mehr Kauflust ein, und die Nachfrage nach Apotheken wurde
größer. Hierzu kam, daß der Zudrang zum Apvthekerstande mit den gesicherten
Zuständen gleichen Schritt hielt. In der Periode vor 1870 wollte niemand
Apotheker werden. Um Lehrlinge zu erhalten, gab man diesen schon in Form
von "Taschengeld" Bezahlung. Jetzt zahlen die Lehrlinge überall, umgekehrt,
ein Kostgeld. Das Vertrauen, welches den Apotheken höhern Wert gab, ver¬
anlaßte junge Leute, sich wieder dem Stande zu widmen. Dem entsprechend
gab es aber später eine größere Zahl cxaminirter Apotheker, wodurch auch die
Nachfrage nach Apotheken gesteigert wurde. Das wirkt ebenfalls auf die
Apvthekenpreise.

Ein dritter Umstand kam hinzu, nämlich das Sinken des Zinsfußes.
Wenn es früher leicht war, Geld zu fleus und sechs Prozent in Papieren an¬
zulegen, und das Kapital solche Anlagen auch deshalb liebte, weil an diesen
Papieren oft uoch bedeutende Knpitalgewinne gemacht wurden, so ist das später,
besonders als auch sehr viel Geld wieder in solchen Anlagen verloren wurde,
anders geworden. Mit dein Sinken des Zinsfußes aber ist wohl mancher ehe¬
malige Apothekenrcntner gezwungen worden, sich wieder anzukaufen. Betrachtet
ein solcher Herr eine Apotheke mehr als eine sichere Geldanlage zu etwas
bessern Zinsen, so hat er auf den Preis nicht sehr zu sehen.

Diese Umstände zusammengenommen haben es dahin gebracht, daß ein
stetes Steigen der Apothekenpreise in Gang kam. Auch die Apvthekcn-
kommissivnäre, deren es eine ganze Anzahl offne und heimliche giebt, haben
ihren Teil dazu beigetragen, die Preise in die Höhe zu treiben. Es ist aber
kein Grund einzusehen, weshalb man in den teuern Apothekenpreisen einen
Übelstand finden sollte, der gleichsam das öffentliche Wohl gefährde und von
Staatswegen bekämpft werden müsse. Diese Anschauung ist völlig verkehrt.
Das Wohl des einzelnen Apothekers, insofern es sich darum handelt, daß er


Unsre Apotheken.

und freut sich, wenn die Werte der Landgüter, Bauplätze u. s, w, steigen; aber
ein Anwachsen des Geschäftswcrtes der Apotheken soll vom Übel sein. Mögen
anch schwindelhafte Verknuse stattgefunden haben, es giebt doch auch Grunde,
welche das Steigen der Apvthekenpreise sehr erklärlich machen.

Von 1848 bis 1870 und länger war es zweifelhaft, ob der Drang nach
Gewerbefreiheit, welcher damals unter der Herrschaft der Maiichesterdoktrin alles
beherrschte, nicht auch die Apvthekeuwertc über Bord werfen werde. Es war
damals schwer, eine Apotheke zu verkaufen, die Käufer hielten sich zurück, und
wo ein größeres Geschäft verlauft werden mußte, so wurde in Anbetracht der
Gefahr, welche der Käufer einging, kein hoher Preis bewilligt. Erst als nach
Feststellung des Gewerbegesctzes die Apotheken von den freien Gewerben aus¬
genommen wurden und sich auch ein Umschwung in der öffentlichen Meinung
gegen die allzu ausgedehnte gewerbliche Schranlenlosigreit vollzog, verringerte
sich die Gefahr des Käufers, und es konnten wieder höhere Preise bezahlt werden.
Nun trat auch mehr Kauflust ein, und die Nachfrage nach Apotheken wurde
größer. Hierzu kam, daß der Zudrang zum Apvthekerstande mit den gesicherten
Zuständen gleichen Schritt hielt. In der Periode vor 1870 wollte niemand
Apotheker werden. Um Lehrlinge zu erhalten, gab man diesen schon in Form
von „Taschengeld" Bezahlung. Jetzt zahlen die Lehrlinge überall, umgekehrt,
ein Kostgeld. Das Vertrauen, welches den Apotheken höhern Wert gab, ver¬
anlaßte junge Leute, sich wieder dem Stande zu widmen. Dem entsprechend
gab es aber später eine größere Zahl cxaminirter Apotheker, wodurch auch die
Nachfrage nach Apotheken gesteigert wurde. Das wirkt ebenfalls auf die
Apvthekenpreise.

Ein dritter Umstand kam hinzu, nämlich das Sinken des Zinsfußes.
Wenn es früher leicht war, Geld zu fleus und sechs Prozent in Papieren an¬
zulegen, und das Kapital solche Anlagen auch deshalb liebte, weil an diesen
Papieren oft uoch bedeutende Knpitalgewinne gemacht wurden, so ist das später,
besonders als auch sehr viel Geld wieder in solchen Anlagen verloren wurde,
anders geworden. Mit dein Sinken des Zinsfußes aber ist wohl mancher ehe¬
malige Apothekenrcntner gezwungen worden, sich wieder anzukaufen. Betrachtet
ein solcher Herr eine Apotheke mehr als eine sichere Geldanlage zu etwas
bessern Zinsen, so hat er auf den Preis nicht sehr zu sehen.

Diese Umstände zusammengenommen haben es dahin gebracht, daß ein
stetes Steigen der Apothekenpreise in Gang kam. Auch die Apvthekcn-
kommissivnäre, deren es eine ganze Anzahl offne und heimliche giebt, haben
ihren Teil dazu beigetragen, die Preise in die Höhe zu treiben. Es ist aber
kein Grund einzusehen, weshalb man in den teuern Apothekenpreisen einen
Übelstand finden sollte, der gleichsam das öffentliche Wohl gefährde und von
Staatswegen bekämpft werden müsse. Diese Anschauung ist völlig verkehrt.
Das Wohl des einzelnen Apothekers, insofern es sich darum handelt, daß er


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/27>, abgerufen am 22.12.2024.