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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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Unsre Apotheken.

Schüttelns nicht erwehren. Hat man etwa durch Erteilung wertvoller Konzessionen
wohlhabende Leute noch wohlhabender machen wollen, so wäre das Verschenken dieser
Konzessionen, von denen manche 100 000 Mark und mehr wert ist, eigentlich unver¬
antwortlich. Diese Bedingung muß vernünftigerweise wegfallen, um nicht die Be¬
werber zu nötigen, sich künstliche Vermögensnachweise zu verschaffen, sie kann umso-
mehr wegfallen, als der glückliche Besitzer einer Apothekenkonzession Kredit genug
hat, um die Apotheke einzurichten. Ebenso ist die Bedingung, daß der Bewerber
bisher noch keine Apotheke besessen haben darf, eine unnötige. Der Staat hat
kein Interesse weiter, als daß die Apotheke später seinen Anforderungen ent¬
spreche und der Inhaber ein geprüfter Apotheker sei. Es ist eine ungerechte
Härte, den Laudapvtheker, welcher sich viele Jahre ohne Gehilfen in seinem
kleinen Geschäfte geplagt hat, von der Bewerbung um eine bessere Stelle aus¬
zuschließen. Hat ein solcher Mann lange Jahre hindurch seine Pflicht gethan
und kann er das durch Empfehlung seiner Behörden beweisen, so ist diesem eine
Verbesserung seiner Lage wohl zu gönnen, wenn er zu Gunsten des Staates
zur Weitergabe seiner Konzession ans diese verzichtet. Sehr zu erwägen würde
sein, ob überhaupt die Konzessionen nicht besser öffentlich an den Meistbietenden
verkauft werden sollten. Uns will es immer wunderbar erscheinen, wenn solche
oft ein Vermögen darstellenden Konzessionen irgendeinem ältern braven Herrn
geschenkt werden. Die neuere Verordnung, wonach die Inhaber solcher neuen
Konzessionen erst nach zehnjährigen Besitz verkaufen dürfen, ändert an der
Thatsache nichts, daß Apotheker vom Staate mit Vermögen beschenkt werben
ohne irgendeine Gegenleistung.

Eine Schattenseite der beschränkten Niederlassung ist der Apothekenschncher,
welchen wir hier ebenfalls berühren müssen. Es kommen vielfach Fälle vor,
daß große, dem Fernstehenden oft unbegreifliche Gewinne beim Verkauf von
Apotheken gemacht werden. Es gehen Apotheken in kurzer Zeit durch drei und
vier Hände, und jedesmal mit beträchtlichem Gewinn für den letzten Besitzer.
Ja es scheint Apotheker zu geben, welche aus diesem An- und Verkauf vou
Apotheken ein Geschäft machen. Kommen dann solche Fälle an die Öffentlichkeit,
so wird über das ganze Kouzessionssystcm der Stab gebrochen, nach "Gewerbe¬
freiheit" gerufen und der "Krach" prophezeit. Das merkwürdige bei der Sache
ist, daß der Krach eben nicht kommt, sondern alles ruhig weiter geht.

Zunächst muß doch festgehalten werden, daß auch andre dem freien Verkehr
unterworfene Objekte im Preise steigen. Wir erleben es täglich, daß beim
Verkauf von Häusern und Grundstücken erheblich verdient wird, darüber spricht
aber niemand, es ist ja natürlich, und der Käufer muß es ja gewußt haben,
weshalb er so viel geben konnte. Beim Apotheker aber, der ja in all und jeder
Sache von den Medizinalbeamten bevormundet wird, ist das etwas andres.
Man spricht dann von dem Anwachsen von Monopolwerten und überlegt, wie
dem abzuhelfen sei. Man legt Eisenbahnen an, um den Verkehr zu erleichtern,


Unsre Apotheken.

Schüttelns nicht erwehren. Hat man etwa durch Erteilung wertvoller Konzessionen
wohlhabende Leute noch wohlhabender machen wollen, so wäre das Verschenken dieser
Konzessionen, von denen manche 100 000 Mark und mehr wert ist, eigentlich unver¬
antwortlich. Diese Bedingung muß vernünftigerweise wegfallen, um nicht die Be¬
werber zu nötigen, sich künstliche Vermögensnachweise zu verschaffen, sie kann umso-
mehr wegfallen, als der glückliche Besitzer einer Apothekenkonzession Kredit genug
hat, um die Apotheke einzurichten. Ebenso ist die Bedingung, daß der Bewerber
bisher noch keine Apotheke besessen haben darf, eine unnötige. Der Staat hat
kein Interesse weiter, als daß die Apotheke später seinen Anforderungen ent¬
spreche und der Inhaber ein geprüfter Apotheker sei. Es ist eine ungerechte
Härte, den Laudapvtheker, welcher sich viele Jahre ohne Gehilfen in seinem
kleinen Geschäfte geplagt hat, von der Bewerbung um eine bessere Stelle aus¬
zuschließen. Hat ein solcher Mann lange Jahre hindurch seine Pflicht gethan
und kann er das durch Empfehlung seiner Behörden beweisen, so ist diesem eine
Verbesserung seiner Lage wohl zu gönnen, wenn er zu Gunsten des Staates
zur Weitergabe seiner Konzession ans diese verzichtet. Sehr zu erwägen würde
sein, ob überhaupt die Konzessionen nicht besser öffentlich an den Meistbietenden
verkauft werden sollten. Uns will es immer wunderbar erscheinen, wenn solche
oft ein Vermögen darstellenden Konzessionen irgendeinem ältern braven Herrn
geschenkt werden. Die neuere Verordnung, wonach die Inhaber solcher neuen
Konzessionen erst nach zehnjährigen Besitz verkaufen dürfen, ändert an der
Thatsache nichts, daß Apotheker vom Staate mit Vermögen beschenkt werben
ohne irgendeine Gegenleistung.

Eine Schattenseite der beschränkten Niederlassung ist der Apothekenschncher,
welchen wir hier ebenfalls berühren müssen. Es kommen vielfach Fälle vor,
daß große, dem Fernstehenden oft unbegreifliche Gewinne beim Verkauf von
Apotheken gemacht werden. Es gehen Apotheken in kurzer Zeit durch drei und
vier Hände, und jedesmal mit beträchtlichem Gewinn für den letzten Besitzer.
Ja es scheint Apotheker zu geben, welche aus diesem An- und Verkauf vou
Apotheken ein Geschäft machen. Kommen dann solche Fälle an die Öffentlichkeit,
so wird über das ganze Kouzessionssystcm der Stab gebrochen, nach „Gewerbe¬
freiheit" gerufen und der „Krach" prophezeit. Das merkwürdige bei der Sache
ist, daß der Krach eben nicht kommt, sondern alles ruhig weiter geht.

Zunächst muß doch festgehalten werden, daß auch andre dem freien Verkehr
unterworfene Objekte im Preise steigen. Wir erleben es täglich, daß beim
Verkauf von Häusern und Grundstücken erheblich verdient wird, darüber spricht
aber niemand, es ist ja natürlich, und der Käufer muß es ja gewußt haben,
weshalb er so viel geben konnte. Beim Apotheker aber, der ja in all und jeder
Sache von den Medizinalbeamten bevormundet wird, ist das etwas andres.
Man spricht dann von dem Anwachsen von Monopolwerten und überlegt, wie
dem abzuhelfen sei. Man legt Eisenbahnen an, um den Verkehr zu erleichtern,


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[0026] Unsre Apotheken. Schüttelns nicht erwehren. Hat man etwa durch Erteilung wertvoller Konzessionen wohlhabende Leute noch wohlhabender machen wollen, so wäre das Verschenken dieser Konzessionen, von denen manche 100 000 Mark und mehr wert ist, eigentlich unver¬ antwortlich. Diese Bedingung muß vernünftigerweise wegfallen, um nicht die Be¬ werber zu nötigen, sich künstliche Vermögensnachweise zu verschaffen, sie kann umso- mehr wegfallen, als der glückliche Besitzer einer Apothekenkonzession Kredit genug hat, um die Apotheke einzurichten. Ebenso ist die Bedingung, daß der Bewerber bisher noch keine Apotheke besessen haben darf, eine unnötige. Der Staat hat kein Interesse weiter, als daß die Apotheke später seinen Anforderungen ent¬ spreche und der Inhaber ein geprüfter Apotheker sei. Es ist eine ungerechte Härte, den Laudapvtheker, welcher sich viele Jahre ohne Gehilfen in seinem kleinen Geschäfte geplagt hat, von der Bewerbung um eine bessere Stelle aus¬ zuschließen. Hat ein solcher Mann lange Jahre hindurch seine Pflicht gethan und kann er das durch Empfehlung seiner Behörden beweisen, so ist diesem eine Verbesserung seiner Lage wohl zu gönnen, wenn er zu Gunsten des Staates zur Weitergabe seiner Konzession ans diese verzichtet. Sehr zu erwägen würde sein, ob überhaupt die Konzessionen nicht besser öffentlich an den Meistbietenden verkauft werden sollten. Uns will es immer wunderbar erscheinen, wenn solche oft ein Vermögen darstellenden Konzessionen irgendeinem ältern braven Herrn geschenkt werden. Die neuere Verordnung, wonach die Inhaber solcher neuen Konzessionen erst nach zehnjährigen Besitz verkaufen dürfen, ändert an der Thatsache nichts, daß Apotheker vom Staate mit Vermögen beschenkt werben ohne irgendeine Gegenleistung. Eine Schattenseite der beschränkten Niederlassung ist der Apothekenschncher, welchen wir hier ebenfalls berühren müssen. Es kommen vielfach Fälle vor, daß große, dem Fernstehenden oft unbegreifliche Gewinne beim Verkauf von Apotheken gemacht werden. Es gehen Apotheken in kurzer Zeit durch drei und vier Hände, und jedesmal mit beträchtlichem Gewinn für den letzten Besitzer. Ja es scheint Apotheker zu geben, welche aus diesem An- und Verkauf vou Apotheken ein Geschäft machen. Kommen dann solche Fälle an die Öffentlichkeit, so wird über das ganze Kouzessionssystcm der Stab gebrochen, nach „Gewerbe¬ freiheit" gerufen und der „Krach" prophezeit. Das merkwürdige bei der Sache ist, daß der Krach eben nicht kommt, sondern alles ruhig weiter geht. Zunächst muß doch festgehalten werden, daß auch andre dem freien Verkehr unterworfene Objekte im Preise steigen. Wir erleben es täglich, daß beim Verkauf von Häusern und Grundstücken erheblich verdient wird, darüber spricht aber niemand, es ist ja natürlich, und der Käufer muß es ja gewußt haben, weshalb er so viel geben konnte. Beim Apotheker aber, der ja in all und jeder Sache von den Medizinalbeamten bevormundet wird, ist das etwas andres. Man spricht dann von dem Anwachsen von Monopolwerten und überlegt, wie dem abzuhelfen sei. Man legt Eisenbahnen an, um den Verkehr zu erleichtern,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/26>, abgerufen am 01.07.2024.