Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Unsre Apotheken.

gemessene Verteilung der Apotheken besser gesorgt sein würde. Das Feld der
Phnrmazie ist eng und begrenzt. Arzenei ist kein Luxusartikel; Krankheiten
sind Naturgesetzen folgende Ausnahmezustände. Der damit gegebene, nur wenig
schwankende Arzeneikonsum kann auch nur eine bestimmte Zahl von Apotheken
erhalten.

Es ist notwendig, daß der Geschäftsbetrieb einer Apotheke mindestens so
groß sei, daß ein Gehilfe gehalten werden könne. Soll der Apotheker Tag und
Nacht, Sonntags und Feiertags jederzeit dem Publikum zu Diensten stehen,
so muß er auch jemand haben, der ihn ablöst. Schon jetzt giebt es in Deutsch¬
land zweitausend Apotheken ohne Gehilfen. Damit ist schon genug des weißen
Sklaventums.

Wie würde es nun aber mit der Niederlassung der jungen Apotheker
stehen, wenn, nach Einführung der freien Niederlassung, alle Plätze besetzt sind?
Sicher nicht anders als heute. Man würde ein bestehendes Geschäft zu kaufen
suchen, der Überschuß der Pharmazeuten würde sich nach andern Fächern wenden
müssen. Dagegen würden Gehilfcnstcllen ein gesuchter Artikel sein, da nur
einige Geschäfte deren noch bedürfen würden.

Die beschränkte Niederlassung der Apotheker ist eine Notwendigkeit im
Interesse des öffentlichen Wohles. Die daran rütteln, sind kluge Leute, welche
gern die vorhandenen Werte teilen möchten. Es ist ja unbestreitbar, daß die¬
jenigen, welche die neuen Gründungen mitmachen könnten, recht billig zu einer
Apotheke kämen, daher denu auch die steten Petitionen. Soll aber die deutsche
Apotheke leistungsfähig erhalten bleiben, so muß ihr ein gewisses Absatzgebiet
bleiben. Dieses Gebiet bestimmt heute der Staat, indem er anderseits auch
bestimmte Anforderungen stellt.

An der Handhabung des Konzefsionssystems ist sicherlich noch manches zu
verbessern. In erster Linie ist es ein Mangel, daß die Vermehrung der
Apotheken an so viele verschiedne Bedingungen geknüpft ist, daß eigentlich nur
die persönliche Anschauung des Negieruugsrates entscheidet. Es müßten hier
greifbare Zahlen und Entfernungen vorgeschrieben sein. Gern ist zuzugeben,
daß diese Zahlen schwer zu bestimmen sein werden, da Provinzen mit dünn
gesäter Bevölkerung anders zu behandeln sind, als solche mit dichter Bevöl¬
kerung. Auch ist das Verhältnis in größern Städten ein andres als in kleinern
mit weiter Umgebung. Aber zu machen ist die Sache.

Zu tadeln ist ferner die Art der Erwerbung dieser Konzessionen. Es
wird eine öffentliche Bewerbung ausgeschrieben, die Zeugnisse der Bewerber
werden geprüft und der älteste unter den Würdigsten erhält die Konzession.
Ausgeschlossen sind die, welche eine Apotheke besessen haben, und solche, welche
nicht den Nachweis eines gewissen Vermögens zur Einrichtung der Apotheke zu
führen imstande sind.

Betrachten wir die letztere Vorschrift zuerst, so können wir uns eines Kopf-


Gren^öden I. 1887. 3
Unsre Apotheken.

gemessene Verteilung der Apotheken besser gesorgt sein würde. Das Feld der
Phnrmazie ist eng und begrenzt. Arzenei ist kein Luxusartikel; Krankheiten
sind Naturgesetzen folgende Ausnahmezustände. Der damit gegebene, nur wenig
schwankende Arzeneikonsum kann auch nur eine bestimmte Zahl von Apotheken
erhalten.

Es ist notwendig, daß der Geschäftsbetrieb einer Apotheke mindestens so
groß sei, daß ein Gehilfe gehalten werden könne. Soll der Apotheker Tag und
Nacht, Sonntags und Feiertags jederzeit dem Publikum zu Diensten stehen,
so muß er auch jemand haben, der ihn ablöst. Schon jetzt giebt es in Deutsch¬
land zweitausend Apotheken ohne Gehilfen. Damit ist schon genug des weißen
Sklaventums.

Wie würde es nun aber mit der Niederlassung der jungen Apotheker
stehen, wenn, nach Einführung der freien Niederlassung, alle Plätze besetzt sind?
Sicher nicht anders als heute. Man würde ein bestehendes Geschäft zu kaufen
suchen, der Überschuß der Pharmazeuten würde sich nach andern Fächern wenden
müssen. Dagegen würden Gehilfcnstcllen ein gesuchter Artikel sein, da nur
einige Geschäfte deren noch bedürfen würden.

Die beschränkte Niederlassung der Apotheker ist eine Notwendigkeit im
Interesse des öffentlichen Wohles. Die daran rütteln, sind kluge Leute, welche
gern die vorhandenen Werte teilen möchten. Es ist ja unbestreitbar, daß die¬
jenigen, welche die neuen Gründungen mitmachen könnten, recht billig zu einer
Apotheke kämen, daher denu auch die steten Petitionen. Soll aber die deutsche
Apotheke leistungsfähig erhalten bleiben, so muß ihr ein gewisses Absatzgebiet
bleiben. Dieses Gebiet bestimmt heute der Staat, indem er anderseits auch
bestimmte Anforderungen stellt.

An der Handhabung des Konzefsionssystems ist sicherlich noch manches zu
verbessern. In erster Linie ist es ein Mangel, daß die Vermehrung der
Apotheken an so viele verschiedne Bedingungen geknüpft ist, daß eigentlich nur
die persönliche Anschauung des Negieruugsrates entscheidet. Es müßten hier
greifbare Zahlen und Entfernungen vorgeschrieben sein. Gern ist zuzugeben,
daß diese Zahlen schwer zu bestimmen sein werden, da Provinzen mit dünn
gesäter Bevölkerung anders zu behandeln sind, als solche mit dichter Bevöl¬
kerung. Auch ist das Verhältnis in größern Städten ein andres als in kleinern
mit weiter Umgebung. Aber zu machen ist die Sache.

Zu tadeln ist ferner die Art der Erwerbung dieser Konzessionen. Es
wird eine öffentliche Bewerbung ausgeschrieben, die Zeugnisse der Bewerber
werden geprüft und der älteste unter den Würdigsten erhält die Konzession.
Ausgeschlossen sind die, welche eine Apotheke besessen haben, und solche, welche
nicht den Nachweis eines gewissen Vermögens zur Einrichtung der Apotheke zu
führen imstande sind.

Betrachten wir die letztere Vorschrift zuerst, so können wir uns eines Kopf-


Gren^öden I. 1887. 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0025" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/200130"/>
          <fw type="header" place="top"> Unsre Apotheken.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_71" prev="#ID_70"> gemessene Verteilung der Apotheken besser gesorgt sein würde. Das Feld der<lb/>
Phnrmazie ist eng und begrenzt. Arzenei ist kein Luxusartikel; Krankheiten<lb/>
sind Naturgesetzen folgende Ausnahmezustände. Der damit gegebene, nur wenig<lb/>
schwankende Arzeneikonsum kann auch nur eine bestimmte Zahl von Apotheken<lb/>
erhalten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_72"> Es ist notwendig, daß der Geschäftsbetrieb einer Apotheke mindestens so<lb/>
groß sei, daß ein Gehilfe gehalten werden könne. Soll der Apotheker Tag und<lb/>
Nacht, Sonntags und Feiertags jederzeit dem Publikum zu Diensten stehen,<lb/>
so muß er auch jemand haben, der ihn ablöst. Schon jetzt giebt es in Deutsch¬<lb/>
land zweitausend Apotheken ohne Gehilfen. Damit ist schon genug des weißen<lb/>
Sklaventums.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_73"> Wie würde es nun aber mit der Niederlassung der jungen Apotheker<lb/>
stehen, wenn, nach Einführung der freien Niederlassung, alle Plätze besetzt sind?<lb/>
Sicher nicht anders als heute. Man würde ein bestehendes Geschäft zu kaufen<lb/>
suchen, der Überschuß der Pharmazeuten würde sich nach andern Fächern wenden<lb/>
müssen. Dagegen würden Gehilfcnstcllen ein gesuchter Artikel sein, da nur<lb/>
einige Geschäfte deren noch bedürfen würden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_74"> Die beschränkte Niederlassung der Apotheker ist eine Notwendigkeit im<lb/>
Interesse des öffentlichen Wohles. Die daran rütteln, sind kluge Leute, welche<lb/>
gern die vorhandenen Werte teilen möchten. Es ist ja unbestreitbar, daß die¬<lb/>
jenigen, welche die neuen Gründungen mitmachen könnten, recht billig zu einer<lb/>
Apotheke kämen, daher denu auch die steten Petitionen. Soll aber die deutsche<lb/>
Apotheke leistungsfähig erhalten bleiben, so muß ihr ein gewisses Absatzgebiet<lb/>
bleiben. Dieses Gebiet bestimmt heute der Staat, indem er anderseits auch<lb/>
bestimmte Anforderungen stellt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_75"> An der Handhabung des Konzefsionssystems ist sicherlich noch manches zu<lb/>
verbessern. In erster Linie ist es ein Mangel, daß die Vermehrung der<lb/>
Apotheken an so viele verschiedne Bedingungen geknüpft ist, daß eigentlich nur<lb/>
die persönliche Anschauung des Negieruugsrates entscheidet. Es müßten hier<lb/>
greifbare Zahlen und Entfernungen vorgeschrieben sein. Gern ist zuzugeben,<lb/>
daß diese Zahlen schwer zu bestimmen sein werden, da Provinzen mit dünn<lb/>
gesäter Bevölkerung anders zu behandeln sind, als solche mit dichter Bevöl¬<lb/>
kerung. Auch ist das Verhältnis in größern Städten ein andres als in kleinern<lb/>
mit weiter Umgebung.  Aber zu machen ist die Sache.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_76"> Zu tadeln ist ferner die Art der Erwerbung dieser Konzessionen. Es<lb/>
wird eine öffentliche Bewerbung ausgeschrieben, die Zeugnisse der Bewerber<lb/>
werden geprüft und der älteste unter den Würdigsten erhält die Konzession.<lb/>
Ausgeschlossen sind die, welche eine Apotheke besessen haben, und solche, welche<lb/>
nicht den Nachweis eines gewissen Vermögens zur Einrichtung der Apotheke zu<lb/>
führen imstande sind.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_77" next="#ID_78"> Betrachten wir die letztere Vorschrift zuerst, so können wir uns eines Kopf-</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Gren^öden I. 1887. 3</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0025] Unsre Apotheken. gemessene Verteilung der Apotheken besser gesorgt sein würde. Das Feld der Phnrmazie ist eng und begrenzt. Arzenei ist kein Luxusartikel; Krankheiten sind Naturgesetzen folgende Ausnahmezustände. Der damit gegebene, nur wenig schwankende Arzeneikonsum kann auch nur eine bestimmte Zahl von Apotheken erhalten. Es ist notwendig, daß der Geschäftsbetrieb einer Apotheke mindestens so groß sei, daß ein Gehilfe gehalten werden könne. Soll der Apotheker Tag und Nacht, Sonntags und Feiertags jederzeit dem Publikum zu Diensten stehen, so muß er auch jemand haben, der ihn ablöst. Schon jetzt giebt es in Deutsch¬ land zweitausend Apotheken ohne Gehilfen. Damit ist schon genug des weißen Sklaventums. Wie würde es nun aber mit der Niederlassung der jungen Apotheker stehen, wenn, nach Einführung der freien Niederlassung, alle Plätze besetzt sind? Sicher nicht anders als heute. Man würde ein bestehendes Geschäft zu kaufen suchen, der Überschuß der Pharmazeuten würde sich nach andern Fächern wenden müssen. Dagegen würden Gehilfcnstcllen ein gesuchter Artikel sein, da nur einige Geschäfte deren noch bedürfen würden. Die beschränkte Niederlassung der Apotheker ist eine Notwendigkeit im Interesse des öffentlichen Wohles. Die daran rütteln, sind kluge Leute, welche gern die vorhandenen Werte teilen möchten. Es ist ja unbestreitbar, daß die¬ jenigen, welche die neuen Gründungen mitmachen könnten, recht billig zu einer Apotheke kämen, daher denu auch die steten Petitionen. Soll aber die deutsche Apotheke leistungsfähig erhalten bleiben, so muß ihr ein gewisses Absatzgebiet bleiben. Dieses Gebiet bestimmt heute der Staat, indem er anderseits auch bestimmte Anforderungen stellt. An der Handhabung des Konzefsionssystems ist sicherlich noch manches zu verbessern. In erster Linie ist es ein Mangel, daß die Vermehrung der Apotheken an so viele verschiedne Bedingungen geknüpft ist, daß eigentlich nur die persönliche Anschauung des Negieruugsrates entscheidet. Es müßten hier greifbare Zahlen und Entfernungen vorgeschrieben sein. Gern ist zuzugeben, daß diese Zahlen schwer zu bestimmen sein werden, da Provinzen mit dünn gesäter Bevölkerung anders zu behandeln sind, als solche mit dichter Bevöl¬ kerung. Auch ist das Verhältnis in größern Städten ein andres als in kleinern mit weiter Umgebung. Aber zu machen ist die Sache. Zu tadeln ist ferner die Art der Erwerbung dieser Konzessionen. Es wird eine öffentliche Bewerbung ausgeschrieben, die Zeugnisse der Bewerber werden geprüft und der älteste unter den Würdigsten erhält die Konzession. Ausgeschlossen sind die, welche eine Apotheke besessen haben, und solche, welche nicht den Nachweis eines gewissen Vermögens zur Einrichtung der Apotheke zu führen imstande sind. Betrachten wir die letztere Vorschrift zuerst, so können wir uns eines Kopf- Gren^öden I. 1887. 3

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/25
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/25>, abgerufen am 22.12.2024.