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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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sozialer Frage ab, wenn sich dieselbe auch nur in kleineren Verhältnissen
bewegt.

Um zunächst die heutigen Besitzvcrhältnisse verstehen zu können, bedarf es
einer Orientirung in der einschlagende" Gesetzgebung. Ju deu ältesten Zeiten
wurden vou Zeit zu Zeit von deutschen Fürsten an Apotheker Gcwerbsprivi-
legicn verliehei?; diese zerfalle" in Pcrsonalprivilegicn und Realprivilegicn. Die
ersteren hafteten nur auf der Person auf Lebensdauer, letztere waren eine
Pertinenz des Grundstücks. In Wirklichkeit war diese Verschiedenheit von keinem
Einfluß, denn auch die Erneuerung bloß persönlicher Privilegien wurde nie ver¬
weigert und hatte eigentlich nur den Erfolg, daß der neue Besitzer der Apotheke
dem Verleiher des Privilegs von neuem die Gebühr für die Erneuern""; ent¬
richten mußte. Nur wenige von den Nealprivilcgien enthalten die Bestimmung,
daß dem Inhaber damit ein ausschließliches Recht in einer gewissen Stadt
erteilt werden solle.")

Das Allgemeine Landrecht bestimmt in § 462: Das Recht, zur Anlegung
neuer Apotheken Erlaubnis zu geben, kommt allem den: Staate zu; i" H 463:
Neue Konzessionen find "ach den Vorschriften von Privilegien zu beurteilen.
Hiernach beruhen die neueren Berechtigungen zum Halten einer Apotheke auf
Konzessionen des Staates. Es standen sich nun privilegirte und konzcssionirte Apo¬
theken gegenüber. Die ersteren bildete" ein selbständiges, dauerndes Rechts-
objekt, die letzteren wurden als el" Aggregat vo" Vorräte", Gerätschafte" und
Einrichtungen betrachtet, welche erst durch die Konzession des Staates zur
Apotheke wurden. Praktisch wurde indes zwischen den privilegirten und den
konzessionirten Apotheken kein Unterschied gemacht, da man jedesmal dem Käufer
einer konzessionirten Apotheke die Konzession zur Fortführung erteilte. So
war es wenigstens in Preußen. (Im ehemaligen Königreich Hannover wurden
die konzessionirten Apotheken nicht verkauft, sondern stets als Familienstück dem
Sohne, auch dem Schwiegersohne, wenn er Apotheker war, weiter verliehen;
nur wenn derartige Erben nicht vorhanden waren, kam die Apotheke an einen
Fremden. Die Söhne mußten also, um ihr Eigentum zu erhalten, Apotheker
werden, die Tochter einen Apotheker heiraten. Mit der Aufnahme Hannovers
in den preußischen Staat sind auch hier preußische Normen geschaffen worden.)

Es giebt also zur Zeit in Deutschland privilegirte und kouzessivnirte Apo¬
theken. Der Unterschied beider ist nur der, daß die privilegirte Apotheke als
ein unbestrittenes Eigentum verkauft werden kann, ohne daß die Regierung
gefragt zu werdeu brauchte; die konzessivnirte Apotheke kann auch verkauft werden,
aber der Nachfolger muß der Regierung zur Übertragung präsentirt werden. Da
die Konzession jedesmal übertragen wird, wenn der Käufer seine Papiere in
Ordnung hat, so ist die konzessionirte Apotheke verkäuflich wie jedes andre



*) Die Apotheken der Stadt Braunschweig z. B. hatten bis vor wenigen Jahren solche
ausschließliche Privilegien, doch wurde die Ausschlieszlichkcit durch Vertrag damals abgelöst.

sozialer Frage ab, wenn sich dieselbe auch nur in kleineren Verhältnissen
bewegt.

Um zunächst die heutigen Besitzvcrhältnisse verstehen zu können, bedarf es
einer Orientirung in der einschlagende» Gesetzgebung. Ju deu ältesten Zeiten
wurden vou Zeit zu Zeit von deutschen Fürsten an Apotheker Gcwerbsprivi-
legicn verliehei?; diese zerfalle» in Pcrsonalprivilegicn und Realprivilegicn. Die
ersteren hafteten nur auf der Person auf Lebensdauer, letztere waren eine
Pertinenz des Grundstücks. In Wirklichkeit war diese Verschiedenheit von keinem
Einfluß, denn auch die Erneuerung bloß persönlicher Privilegien wurde nie ver¬
weigert und hatte eigentlich nur den Erfolg, daß der neue Besitzer der Apotheke
dem Verleiher des Privilegs von neuem die Gebühr für die Erneuern»«; ent¬
richten mußte. Nur wenige von den Nealprivilcgien enthalten die Bestimmung,
daß dem Inhaber damit ein ausschließliches Recht in einer gewissen Stadt
erteilt werden solle.")

Das Allgemeine Landrecht bestimmt in § 462: Das Recht, zur Anlegung
neuer Apotheken Erlaubnis zu geben, kommt allem den: Staate zu; i» H 463:
Neue Konzessionen find »ach den Vorschriften von Privilegien zu beurteilen.
Hiernach beruhen die neueren Berechtigungen zum Halten einer Apotheke auf
Konzessionen des Staates. Es standen sich nun privilegirte und konzcssionirte Apo¬
theken gegenüber. Die ersteren bildete» ein selbständiges, dauerndes Rechts-
objekt, die letzteren wurden als el» Aggregat vo» Vorräte», Gerätschafte» und
Einrichtungen betrachtet, welche erst durch die Konzession des Staates zur
Apotheke wurden. Praktisch wurde indes zwischen den privilegirten und den
konzessionirten Apotheken kein Unterschied gemacht, da man jedesmal dem Käufer
einer konzessionirten Apotheke die Konzession zur Fortführung erteilte. So
war es wenigstens in Preußen. (Im ehemaligen Königreich Hannover wurden
die konzessionirten Apotheken nicht verkauft, sondern stets als Familienstück dem
Sohne, auch dem Schwiegersohne, wenn er Apotheker war, weiter verliehen;
nur wenn derartige Erben nicht vorhanden waren, kam die Apotheke an einen
Fremden. Die Söhne mußten also, um ihr Eigentum zu erhalten, Apotheker
werden, die Tochter einen Apotheker heiraten. Mit der Aufnahme Hannovers
in den preußischen Staat sind auch hier preußische Normen geschaffen worden.)

Es giebt also zur Zeit in Deutschland privilegirte und kouzessivnirte Apo¬
theken. Der Unterschied beider ist nur der, daß die privilegirte Apotheke als
ein unbestrittenes Eigentum verkauft werden kann, ohne daß die Regierung
gefragt zu werdeu brauchte; die konzessivnirte Apotheke kann auch verkauft werden,
aber der Nachfolger muß der Regierung zur Übertragung präsentirt werden. Da
die Konzession jedesmal übertragen wird, wenn der Käufer seine Papiere in
Ordnung hat, so ist die konzessionirte Apotheke verkäuflich wie jedes andre



*) Die Apotheken der Stadt Braunschweig z. B. hatten bis vor wenigen Jahren solche
ausschließliche Privilegien, doch wurde die Ausschlieszlichkcit durch Vertrag damals abgelöst.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/21>, abgerufen am 01.07.2024.