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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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Landwirtschaft und Bodenmonopol.

Der Preis, der über den wirtschaftlichen Wert hinaus für ein Gut bezahlt
wird, ist dem Preise zu vergleichen, den man für el" unverzinsliches Lotterie-
loos zahlt. Die Differenzen zwischen Kauf- und Ertragswcrten stellen Lottcrie-
loose dar, die -- abgesehen von relativ kleinen Schwankungen -- im Werte
steigen, je näher die Ziehung rückt. Die Ziehung findet statt, wenn die sogenannten
neuen Produktionsländer nichts mehr ausführen können. Alle Loose gewinnen
alsdann.

Wäre heute schon ein Bodenmonopol vorhanden, so könnten die Besitzer
geschlossen gegen die übrigen Stände auftreten und diesen die Preise vorschreiben.
Dies ist aber nicht der Fall. Wenn es heute denkbar wäre, daß die euro¬
päischen und außereuropäische" landwirtschaftlichen Produzenten zu einer Ver¬
ständigung gelangten, um Produktion und Angebot nach der Nachfrage zu
richten und so ans die Preise einzuwirken, so würden sofort neue große Strecken
Landes, die heute, wen" auch nicht rechtlich, so doch jedenfalls thatsächlich
herrenloses Gut sind, von andern in Angriff genommen werden, und so würde
die Konkurrenz die Verbündeten lehre", daß es mit ihrem Monopol nichts ist.
Ein Mvnvpolbesitzer, der durch Konkurrenz erdrückt wird, ist ein Unding.

Wir haben zur Zeit kein Bodenmonopol; aber es ist allerdings im Werden,
und wir hätten es schon, wenn Europa eine Welt für sich geblieben und nicht
mit andern Weltteilen zu einem wirtschaftlichen Ganzen verschmolzen worden
wäre. Wie die Sache aber jetzt liegt, werden wir es erst haben, wenn die
gesamte landwirtschaftlich verwendbare Erdoberfläche kolonisirt sein wird. Die
hohen Bodenpreise sind die Schatten, die das kommende Bodenmonopol vor
sich herwirft.

So entschieden ich nun einen Zusammenhang zwischen der schlimmen Lage*)
der heutigen landwirtschaftlichen Betriebe und der Bodenmouopolfrcige in Ab¬
rede stelle, so wichtig scheint es mir doch, diese Frage im Hinblick auf die Zu¬
kunft ernst zu nehmen. Denn es unterliegt ja keinem Zweifel, daß später,
wenn das Grundmonopol einmal zur Wirklichkeit geworden sein wird, die Be^
sitzer in der Lage sein werden, alle übrigen Klassen so lange schonungslos aus¬
zubeuten, bis diese genötigt sind, sich durch Gewalt zu helfen.

Da hat allerdings der Gedanke etwas für sich, dafür zu sorgen, daß zu
jener Zeit der wirtschaftliche Gesamtkörper Besitzer des Bodens sei. Denn wenn
die Gesamtheit Produzent (landwirtschaftlicher Unternehmer) und Konsument in
einem ist, wird von einer Ausbeutung uicht die Rede sein können.



*) Ich meine natürlich die wirkliche Lage, wie sie sich an der Hand der im ersten Teile
meines Aussatzes vorgeschlagenen Berechnungsweise ergiebt. Das Scheinergcbnis, welches
erzielt wird, wen" man den Boden mit seinem Kaufwcrt in die Renwbilitiltsrechnung einstellt
und volle Verzinsung für denselben verlangt, steht allerdings in Zusammenhang mit der
Mvnopolfrage, aber es ist eben nur ein Scheinergcbnis und hat mit der wirklichen Lage,
die an sich schon übel genug ist, garnichts zu thun.
Landwirtschaft und Bodenmonopol.

Der Preis, der über den wirtschaftlichen Wert hinaus für ein Gut bezahlt
wird, ist dem Preise zu vergleichen, den man für el» unverzinsliches Lotterie-
loos zahlt. Die Differenzen zwischen Kauf- und Ertragswcrten stellen Lottcrie-
loose dar, die — abgesehen von relativ kleinen Schwankungen — im Werte
steigen, je näher die Ziehung rückt. Die Ziehung findet statt, wenn die sogenannten
neuen Produktionsländer nichts mehr ausführen können. Alle Loose gewinnen
alsdann.

Wäre heute schon ein Bodenmonopol vorhanden, so könnten die Besitzer
geschlossen gegen die übrigen Stände auftreten und diesen die Preise vorschreiben.
Dies ist aber nicht der Fall. Wenn es heute denkbar wäre, daß die euro¬
päischen und außereuropäische» landwirtschaftlichen Produzenten zu einer Ver¬
ständigung gelangten, um Produktion und Angebot nach der Nachfrage zu
richten und so ans die Preise einzuwirken, so würden sofort neue große Strecken
Landes, die heute, wen» auch nicht rechtlich, so doch jedenfalls thatsächlich
herrenloses Gut sind, von andern in Angriff genommen werden, und so würde
die Konkurrenz die Verbündeten lehre», daß es mit ihrem Monopol nichts ist.
Ein Mvnvpolbesitzer, der durch Konkurrenz erdrückt wird, ist ein Unding.

Wir haben zur Zeit kein Bodenmonopol; aber es ist allerdings im Werden,
und wir hätten es schon, wenn Europa eine Welt für sich geblieben und nicht
mit andern Weltteilen zu einem wirtschaftlichen Ganzen verschmolzen worden
wäre. Wie die Sache aber jetzt liegt, werden wir es erst haben, wenn die
gesamte landwirtschaftlich verwendbare Erdoberfläche kolonisirt sein wird. Die
hohen Bodenpreise sind die Schatten, die das kommende Bodenmonopol vor
sich herwirft.

So entschieden ich nun einen Zusammenhang zwischen der schlimmen Lage*)
der heutigen landwirtschaftlichen Betriebe und der Bodenmouopolfrcige in Ab¬
rede stelle, so wichtig scheint es mir doch, diese Frage im Hinblick auf die Zu¬
kunft ernst zu nehmen. Denn es unterliegt ja keinem Zweifel, daß später,
wenn das Grundmonopol einmal zur Wirklichkeit geworden sein wird, die Be^
sitzer in der Lage sein werden, alle übrigen Klassen so lange schonungslos aus¬
zubeuten, bis diese genötigt sind, sich durch Gewalt zu helfen.

Da hat allerdings der Gedanke etwas für sich, dafür zu sorgen, daß zu
jener Zeit der wirtschaftliche Gesamtkörper Besitzer des Bodens sei. Denn wenn
die Gesamtheit Produzent (landwirtschaftlicher Unternehmer) und Konsument in
einem ist, wird von einer Ausbeutung uicht die Rede sein können.



*) Ich meine natürlich die wirkliche Lage, wie sie sich an der Hand der im ersten Teile
meines Aussatzes vorgeschlagenen Berechnungsweise ergiebt. Das Scheinergcbnis, welches
erzielt wird, wen» man den Boden mit seinem Kaufwcrt in die Renwbilitiltsrechnung einstellt
und volle Verzinsung für denselben verlangt, steht allerdings in Zusammenhang mit der
Mvnopolfrage, aber es ist eben nur ein Scheinergcbnis und hat mit der wirklichen Lage,
die an sich schon übel genug ist, garnichts zu thun.
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[0165] Landwirtschaft und Bodenmonopol. Der Preis, der über den wirtschaftlichen Wert hinaus für ein Gut bezahlt wird, ist dem Preise zu vergleichen, den man für el» unverzinsliches Lotterie- loos zahlt. Die Differenzen zwischen Kauf- und Ertragswcrten stellen Lottcrie- loose dar, die — abgesehen von relativ kleinen Schwankungen — im Werte steigen, je näher die Ziehung rückt. Die Ziehung findet statt, wenn die sogenannten neuen Produktionsländer nichts mehr ausführen können. Alle Loose gewinnen alsdann. Wäre heute schon ein Bodenmonopol vorhanden, so könnten die Besitzer geschlossen gegen die übrigen Stände auftreten und diesen die Preise vorschreiben. Dies ist aber nicht der Fall. Wenn es heute denkbar wäre, daß die euro¬ päischen und außereuropäische» landwirtschaftlichen Produzenten zu einer Ver¬ ständigung gelangten, um Produktion und Angebot nach der Nachfrage zu richten und so ans die Preise einzuwirken, so würden sofort neue große Strecken Landes, die heute, wen» auch nicht rechtlich, so doch jedenfalls thatsächlich herrenloses Gut sind, von andern in Angriff genommen werden, und so würde die Konkurrenz die Verbündeten lehre», daß es mit ihrem Monopol nichts ist. Ein Mvnvpolbesitzer, der durch Konkurrenz erdrückt wird, ist ein Unding. Wir haben zur Zeit kein Bodenmonopol; aber es ist allerdings im Werden, und wir hätten es schon, wenn Europa eine Welt für sich geblieben und nicht mit andern Weltteilen zu einem wirtschaftlichen Ganzen verschmolzen worden wäre. Wie die Sache aber jetzt liegt, werden wir es erst haben, wenn die gesamte landwirtschaftlich verwendbare Erdoberfläche kolonisirt sein wird. Die hohen Bodenpreise sind die Schatten, die das kommende Bodenmonopol vor sich herwirft. So entschieden ich nun einen Zusammenhang zwischen der schlimmen Lage*) der heutigen landwirtschaftlichen Betriebe und der Bodenmouopolfrcige in Ab¬ rede stelle, so wichtig scheint es mir doch, diese Frage im Hinblick auf die Zu¬ kunft ernst zu nehmen. Denn es unterliegt ja keinem Zweifel, daß später, wenn das Grundmonopol einmal zur Wirklichkeit geworden sein wird, die Be^ sitzer in der Lage sein werden, alle übrigen Klassen so lange schonungslos aus¬ zubeuten, bis diese genötigt sind, sich durch Gewalt zu helfen. Da hat allerdings der Gedanke etwas für sich, dafür zu sorgen, daß zu jener Zeit der wirtschaftliche Gesamtkörper Besitzer des Bodens sei. Denn wenn die Gesamtheit Produzent (landwirtschaftlicher Unternehmer) und Konsument in einem ist, wird von einer Ausbeutung uicht die Rede sein können. *) Ich meine natürlich die wirkliche Lage, wie sie sich an der Hand der im ersten Teile meines Aussatzes vorgeschlagenen Berechnungsweise ergiebt. Das Scheinergcbnis, welches erzielt wird, wen» man den Boden mit seinem Kaufwcrt in die Renwbilitiltsrechnung einstellt und volle Verzinsung für denselben verlangt, steht allerdings in Zusammenhang mit der Mvnopolfrage, aber es ist eben nur ein Scheinergcbnis und hat mit der wirklichen Lage, die an sich schon übel genug ist, garnichts zu thun.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/165>, abgerufen am 03.07.2024.