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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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Landwirtschaft und Bodenmonopol.

den Rücken wenden, die noch eine Zukunft innerhalb ihrer Grenzen gehabt
hätten, und wenn dereinst die Zeit kommt, wo die Nation eine leistungsfähige
heimische Landwirtschaft braucht, wird man förmlich neu kolouisiren müssen.

Aus dem bereits gesagten ergiebt sich von selbst, daß die Hilfsmaßregeln,
von welchen ich rede, sich nur oder in erster Linie gegen die ausländische Kon¬
kurrenz richten, somit wesentlich zollpolitischer Natur sein müssen. Da ich, wie
gleichfalls aus dem bereits gesagten ersichtlich ist, nur von einer vorübergehenden
Hilfe rede, so finde ich mich in dieser Hinsicht in keinem grundsätzlichen Wider¬
spruche mit dem schon wiederholt angezogenen Artikel über die Landliga; ja
nicht einmal mit der bekannten v. jHclldorfschcn Schrift.*) Denn v. Helldvrf
sagt (S. 34), nachdem er sich im allgemeinen gegen zvllpolitische Maßregeln
ausgesprochen hat, wenn es sich nicht um die Entwicklung der Dinge in der
weitern Zukunft handle, sondern um Hilfe für die augenblicklichen Besitzer, so
habe er nur Waffer auf die Mühle der Gegner getragen. Er will damit
wohl sagen, daß er gegen Schutzmaßregeln nichts einzuwenden habe, wenn sie
nur dazu dienen sollen, die gegenwärtigen Besitzer (d. h. Unternehmer) über
Wasser zu hallen, bis die zuverlässig zu erwartenden bessern Zeiten kommen.
Nun, wer verlangt denn mehr?

Daß ich Schutzzölle nicht für ganz zweckmäßig halte, weil sie zu oft eine
nur unter tausend Schwierigkeiten zu bewerkstelligende Neuregelung verlangen,
nud daß ich doch auf der andern Seite Prohibitivzölle für zu weitgehend erachte,
habe ich in diesen Blättern schon früher beleuchtet, nicht minder, daß ich el"
passendes Mittelding zwischen beiden in einem Neichsmvnopol ans die Einfuhr
landwirtschaftlicher Produkte oder auch nur des Getreides zu finden glaube.
Es könnte dnrch ein solches Monopol die Einfuhr innerhalb der Grenzen der
Nachfrage erhalten und so der Preisstand derart geregelt werden, daß Kon¬
sumenten wie Produzenten zufrieden sein dürften.

So viel von der Lage der Landwirtschaft.

Vom Bodcnmonopvl und Henry George, von hohen Bodenpreisen und Ver¬
staatlichung habe ich bis hierher so gut wie garnicht gesprochen, weil ich der
festen Überzeugung bin, daß alle diese Dinge mit der heutigen Lage der deutschen
Landwirtschaft so gut wie nichts zu schaffen haben. Ich will deutlicher reden:
diejenigen, welche ihre Güter zu hohen Preisen gekauft haben und eine Ver¬
zinsung des Kaufpreises aus dem landwirtschaftlichen Betriebe erwarten, täuschen
sich in Bezug auf die Natur des hohen Kaufwcrtes der Liegenschaften. Zu er¬
warten haben sie nur die Verzinsung des wirtschaftlichen Wertes, und diese wird
ihnen zu Teil. Wird dieselbe durch den Uuternehmerverlust wieder aufgezehrt,
wie dies ja leider gegenwärtig so oft der Fall ist, so ist dies betrübend, aber
mit den hohen Bodenpreisen hat es nichts zu thun.



*) v. Hclldorf-Baumersrvde, Verstaatlichung des Grund und Bodens oder Schutzzölle
für die Landwirtschaft. Berlin, 1835.
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Landwirtschaft und Bodenmonopol.

den Rücken wenden, die noch eine Zukunft innerhalb ihrer Grenzen gehabt
hätten, und wenn dereinst die Zeit kommt, wo die Nation eine leistungsfähige
heimische Landwirtschaft braucht, wird man förmlich neu kolouisiren müssen.

Aus dem bereits gesagten ergiebt sich von selbst, daß die Hilfsmaßregeln,
von welchen ich rede, sich nur oder in erster Linie gegen die ausländische Kon¬
kurrenz richten, somit wesentlich zollpolitischer Natur sein müssen. Da ich, wie
gleichfalls aus dem bereits gesagten ersichtlich ist, nur von einer vorübergehenden
Hilfe rede, so finde ich mich in dieser Hinsicht in keinem grundsätzlichen Wider¬
spruche mit dem schon wiederholt angezogenen Artikel über die Landliga; ja
nicht einmal mit der bekannten v. jHclldorfschcn Schrift.*) Denn v. Helldvrf
sagt (S. 34), nachdem er sich im allgemeinen gegen zvllpolitische Maßregeln
ausgesprochen hat, wenn es sich nicht um die Entwicklung der Dinge in der
weitern Zukunft handle, sondern um Hilfe für die augenblicklichen Besitzer, so
habe er nur Waffer auf die Mühle der Gegner getragen. Er will damit
wohl sagen, daß er gegen Schutzmaßregeln nichts einzuwenden habe, wenn sie
nur dazu dienen sollen, die gegenwärtigen Besitzer (d. h. Unternehmer) über
Wasser zu hallen, bis die zuverlässig zu erwartenden bessern Zeiten kommen.
Nun, wer verlangt denn mehr?

Daß ich Schutzzölle nicht für ganz zweckmäßig halte, weil sie zu oft eine
nur unter tausend Schwierigkeiten zu bewerkstelligende Neuregelung verlangen,
nud daß ich doch auf der andern Seite Prohibitivzölle für zu weitgehend erachte,
habe ich in diesen Blättern schon früher beleuchtet, nicht minder, daß ich el»
passendes Mittelding zwischen beiden in einem Neichsmvnopol ans die Einfuhr
landwirtschaftlicher Produkte oder auch nur des Getreides zu finden glaube.
Es könnte dnrch ein solches Monopol die Einfuhr innerhalb der Grenzen der
Nachfrage erhalten und so der Preisstand derart geregelt werden, daß Kon¬
sumenten wie Produzenten zufrieden sein dürften.

So viel von der Lage der Landwirtschaft.

Vom Bodcnmonopvl und Henry George, von hohen Bodenpreisen und Ver¬
staatlichung habe ich bis hierher so gut wie garnicht gesprochen, weil ich der
festen Überzeugung bin, daß alle diese Dinge mit der heutigen Lage der deutschen
Landwirtschaft so gut wie nichts zu schaffen haben. Ich will deutlicher reden:
diejenigen, welche ihre Güter zu hohen Preisen gekauft haben und eine Ver¬
zinsung des Kaufpreises aus dem landwirtschaftlichen Betriebe erwarten, täuschen
sich in Bezug auf die Natur des hohen Kaufwcrtes der Liegenschaften. Zu er¬
warten haben sie nur die Verzinsung des wirtschaftlichen Wertes, und diese wird
ihnen zu Teil. Wird dieselbe durch den Uuternehmerverlust wieder aufgezehrt,
wie dies ja leider gegenwärtig so oft der Fall ist, so ist dies betrübend, aber
mit den hohen Bodenpreisen hat es nichts zu thun.



*) v. Hclldorf-Baumersrvde, Verstaatlichung des Grund und Bodens oder Schutzzölle
für die Landwirtschaft. Berlin, 1835.
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[0164] - Landwirtschaft und Bodenmonopol. den Rücken wenden, die noch eine Zukunft innerhalb ihrer Grenzen gehabt hätten, und wenn dereinst die Zeit kommt, wo die Nation eine leistungsfähige heimische Landwirtschaft braucht, wird man förmlich neu kolouisiren müssen. Aus dem bereits gesagten ergiebt sich von selbst, daß die Hilfsmaßregeln, von welchen ich rede, sich nur oder in erster Linie gegen die ausländische Kon¬ kurrenz richten, somit wesentlich zollpolitischer Natur sein müssen. Da ich, wie gleichfalls aus dem bereits gesagten ersichtlich ist, nur von einer vorübergehenden Hilfe rede, so finde ich mich in dieser Hinsicht in keinem grundsätzlichen Wider¬ spruche mit dem schon wiederholt angezogenen Artikel über die Landliga; ja nicht einmal mit der bekannten v. jHclldorfschcn Schrift.*) Denn v. Helldvrf sagt (S. 34), nachdem er sich im allgemeinen gegen zvllpolitische Maßregeln ausgesprochen hat, wenn es sich nicht um die Entwicklung der Dinge in der weitern Zukunft handle, sondern um Hilfe für die augenblicklichen Besitzer, so habe er nur Waffer auf die Mühle der Gegner getragen. Er will damit wohl sagen, daß er gegen Schutzmaßregeln nichts einzuwenden habe, wenn sie nur dazu dienen sollen, die gegenwärtigen Besitzer (d. h. Unternehmer) über Wasser zu hallen, bis die zuverlässig zu erwartenden bessern Zeiten kommen. Nun, wer verlangt denn mehr? Daß ich Schutzzölle nicht für ganz zweckmäßig halte, weil sie zu oft eine nur unter tausend Schwierigkeiten zu bewerkstelligende Neuregelung verlangen, nud daß ich doch auf der andern Seite Prohibitivzölle für zu weitgehend erachte, habe ich in diesen Blättern schon früher beleuchtet, nicht minder, daß ich el» passendes Mittelding zwischen beiden in einem Neichsmvnopol ans die Einfuhr landwirtschaftlicher Produkte oder auch nur des Getreides zu finden glaube. Es könnte dnrch ein solches Monopol die Einfuhr innerhalb der Grenzen der Nachfrage erhalten und so der Preisstand derart geregelt werden, daß Kon¬ sumenten wie Produzenten zufrieden sein dürften. So viel von der Lage der Landwirtschaft. Vom Bodcnmonopvl und Henry George, von hohen Bodenpreisen und Ver¬ staatlichung habe ich bis hierher so gut wie garnicht gesprochen, weil ich der festen Überzeugung bin, daß alle diese Dinge mit der heutigen Lage der deutschen Landwirtschaft so gut wie nichts zu schaffen haben. Ich will deutlicher reden: diejenigen, welche ihre Güter zu hohen Preisen gekauft haben und eine Ver¬ zinsung des Kaufpreises aus dem landwirtschaftlichen Betriebe erwarten, täuschen sich in Bezug auf die Natur des hohen Kaufwcrtes der Liegenschaften. Zu er¬ warten haben sie nur die Verzinsung des wirtschaftlichen Wertes, und diese wird ihnen zu Teil. Wird dieselbe durch den Uuternehmerverlust wieder aufgezehrt, wie dies ja leider gegenwärtig so oft der Fall ist, so ist dies betrübend, aber mit den hohen Bodenpreisen hat es nichts zu thun. *) v. Hclldorf-Baumersrvde, Verstaatlichung des Grund und Bodens oder Schutzzölle für die Landwirtschaft. Berlin, 1835.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/164>, abgerufen am 01.10.2024.