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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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Landwirtschufl und Lodinnnonopol,

dann sich zeige, weis für die Grundrente übrig bleibe. Die Bodenrenke habe,
vorausgesetzt, daß gut gewirtschaftet worden und nur der angemessene Aufwand
für den Lebensunterhalt des Wirtes gemacht, auch das Schwanken zwischen guten
und schlechten Jcchreu durch Reserven ausgeglichen worden sei, den Rückgang der
Gutserträgnisse zu tragen.

Den Kern dieser Aufstellung, nämlich die Behauptung, daß der angemessene
Lebensunterhalt des Wirtes vorweg zu deu Produktionskosten gerechnet werden
müsse, wird jedermann gern annehmen, wenn auf der andern Seite auch die
hieraus sich ergebenden Folgen angenommen werden. Wird dem Wirte sein
Lebensunterhalt vorweg verbürgt, so ist er nicht mehr Unternehmer, sondern
nur Lohnarbeiter und kann als solcher nichts von dem etwa sich ergebenden
Unternehmergewinn beanspruchen, der dem Grundherrn zufallen muß, da dieser
nunmehr Unternehmer ist und das Risiko eines solchen trägt. Daß Wirt und
Grundherr oft eine Person sind, thut natürlich nichts zur Sache.

Der erwähnte Artikel, wiewohl er einmal beiläufig von dem Wirte als dem
Unternehmer redet, widerspricht dieser Voraussetzung nicht eigentlich, da er
aus deu Erträgnissen eines Gutes nur die Deckung der Betriebskosten, des
Lebensunterhaltes des Wirtes und der Bodenrenke verlangt, von einem Unter¬
nehmergewinn aber, wie solchen unter der Herrschaft der seitherigen Anschauungs¬
weise der Wirt beanspruchen zu dürfen glaubte, nicht spricht, wonach es scheint,
daß der Unternehmergewinn, soweit er vorhanden ist, für alle Fälle mit der
Bodenrenke unlösbar verknüpft sein, d. h. in ihrer großer" Höhe zum Ausdruck
kommen soll.

Gleichwohl muß ich eine Grenze für die Bodenrenke zu finden suchen, um
zu erfuhren, ob nach Deckung derselben ein Unternehmergewinn übrig bleibt.
Denn wenn das Schwanken der Bodenrenke im allgemeinen nur das Schwanken
des wirtschaftlichen (nicht des Kauf-) Wertes des Bodens ausdrückt, so liegt die
Entscheidung der Frage, ob die Wirtschaft an sich noch ohne Schaden arbeite,
darin, ob ein Unternehmergewinn erzielt wird; d. h. ob die Wirtschaft auf dem
denkbar schlechtesten kulturfähigen Boden, nämlich auf solchem, der ohne Be¬
wirtschaftung gar keinen Ertrag gäbe, gerade noch ans ihre Kosten käme. Die
Sache liegt ungefähr so, wie wenn ein Kapitalist sein Geld auf Zinsen anlegte,
und sich deu Schwankungen des Zinsfußes wie auch des Kapitalwcrtes
unterwürfe, auf der andern Seite aber sich ohne Einwerfung von Kapital, mir
durch ganze oder geteilte Übernahme des Risikos, an einem Geschäfte als
Unternehmer beteiligte. Verluste, die er in letzterer Eigenschaft erlitte, müßte
er freilich schließlich aus deu Zinsen seines angelegten Kapitals decken, aber
dennoch müßte er, um seine Verhältnisse überblicken zu können, seinen Kapital¬
zins einerseits und seinen Gewinn oder Verlust als Unternehmer auf der andern
Seite als gesonderte Dinge betrachten. So müssen auch wir die Grundrente
lind den Unternehmergewinn von einander trennen.


Landwirtschufl und Lodinnnonopol,

dann sich zeige, weis für die Grundrente übrig bleibe. Die Bodenrenke habe,
vorausgesetzt, daß gut gewirtschaftet worden und nur der angemessene Aufwand
für den Lebensunterhalt des Wirtes gemacht, auch das Schwanken zwischen guten
und schlechten Jcchreu durch Reserven ausgeglichen worden sei, den Rückgang der
Gutserträgnisse zu tragen.

Den Kern dieser Aufstellung, nämlich die Behauptung, daß der angemessene
Lebensunterhalt des Wirtes vorweg zu deu Produktionskosten gerechnet werden
müsse, wird jedermann gern annehmen, wenn auf der andern Seite auch die
hieraus sich ergebenden Folgen angenommen werden. Wird dem Wirte sein
Lebensunterhalt vorweg verbürgt, so ist er nicht mehr Unternehmer, sondern
nur Lohnarbeiter und kann als solcher nichts von dem etwa sich ergebenden
Unternehmergewinn beanspruchen, der dem Grundherrn zufallen muß, da dieser
nunmehr Unternehmer ist und das Risiko eines solchen trägt. Daß Wirt und
Grundherr oft eine Person sind, thut natürlich nichts zur Sache.

Der erwähnte Artikel, wiewohl er einmal beiläufig von dem Wirte als dem
Unternehmer redet, widerspricht dieser Voraussetzung nicht eigentlich, da er
aus deu Erträgnissen eines Gutes nur die Deckung der Betriebskosten, des
Lebensunterhaltes des Wirtes und der Bodenrenke verlangt, von einem Unter¬
nehmergewinn aber, wie solchen unter der Herrschaft der seitherigen Anschauungs¬
weise der Wirt beanspruchen zu dürfen glaubte, nicht spricht, wonach es scheint,
daß der Unternehmergewinn, soweit er vorhanden ist, für alle Fälle mit der
Bodenrenke unlösbar verknüpft sein, d. h. in ihrer großer» Höhe zum Ausdruck
kommen soll.

Gleichwohl muß ich eine Grenze für die Bodenrenke zu finden suchen, um
zu erfuhren, ob nach Deckung derselben ein Unternehmergewinn übrig bleibt.
Denn wenn das Schwanken der Bodenrenke im allgemeinen nur das Schwanken
des wirtschaftlichen (nicht des Kauf-) Wertes des Bodens ausdrückt, so liegt die
Entscheidung der Frage, ob die Wirtschaft an sich noch ohne Schaden arbeite,
darin, ob ein Unternehmergewinn erzielt wird; d. h. ob die Wirtschaft auf dem
denkbar schlechtesten kulturfähigen Boden, nämlich auf solchem, der ohne Be¬
wirtschaftung gar keinen Ertrag gäbe, gerade noch ans ihre Kosten käme. Die
Sache liegt ungefähr so, wie wenn ein Kapitalist sein Geld auf Zinsen anlegte,
und sich deu Schwankungen des Zinsfußes wie auch des Kapitalwcrtes
unterwürfe, auf der andern Seite aber sich ohne Einwerfung von Kapital, mir
durch ganze oder geteilte Übernahme des Risikos, an einem Geschäfte als
Unternehmer beteiligte. Verluste, die er in letzterer Eigenschaft erlitte, müßte
er freilich schließlich aus deu Zinsen seines angelegten Kapitals decken, aber
dennoch müßte er, um seine Verhältnisse überblicken zu können, seinen Kapital¬
zins einerseits und seinen Gewinn oder Verlust als Unternehmer auf der andern
Seite als gesonderte Dinge betrachten. So müssen auch wir die Grundrente
lind den Unternehmergewinn von einander trennen.


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[0109] Landwirtschufl und Lodinnnonopol, dann sich zeige, weis für die Grundrente übrig bleibe. Die Bodenrenke habe, vorausgesetzt, daß gut gewirtschaftet worden und nur der angemessene Aufwand für den Lebensunterhalt des Wirtes gemacht, auch das Schwanken zwischen guten und schlechten Jcchreu durch Reserven ausgeglichen worden sei, den Rückgang der Gutserträgnisse zu tragen. Den Kern dieser Aufstellung, nämlich die Behauptung, daß der angemessene Lebensunterhalt des Wirtes vorweg zu deu Produktionskosten gerechnet werden müsse, wird jedermann gern annehmen, wenn auf der andern Seite auch die hieraus sich ergebenden Folgen angenommen werden. Wird dem Wirte sein Lebensunterhalt vorweg verbürgt, so ist er nicht mehr Unternehmer, sondern nur Lohnarbeiter und kann als solcher nichts von dem etwa sich ergebenden Unternehmergewinn beanspruchen, der dem Grundherrn zufallen muß, da dieser nunmehr Unternehmer ist und das Risiko eines solchen trägt. Daß Wirt und Grundherr oft eine Person sind, thut natürlich nichts zur Sache. Der erwähnte Artikel, wiewohl er einmal beiläufig von dem Wirte als dem Unternehmer redet, widerspricht dieser Voraussetzung nicht eigentlich, da er aus deu Erträgnissen eines Gutes nur die Deckung der Betriebskosten, des Lebensunterhaltes des Wirtes und der Bodenrenke verlangt, von einem Unter¬ nehmergewinn aber, wie solchen unter der Herrschaft der seitherigen Anschauungs¬ weise der Wirt beanspruchen zu dürfen glaubte, nicht spricht, wonach es scheint, daß der Unternehmergewinn, soweit er vorhanden ist, für alle Fälle mit der Bodenrenke unlösbar verknüpft sein, d. h. in ihrer großer» Höhe zum Ausdruck kommen soll. Gleichwohl muß ich eine Grenze für die Bodenrenke zu finden suchen, um zu erfuhren, ob nach Deckung derselben ein Unternehmergewinn übrig bleibt. Denn wenn das Schwanken der Bodenrenke im allgemeinen nur das Schwanken des wirtschaftlichen (nicht des Kauf-) Wertes des Bodens ausdrückt, so liegt die Entscheidung der Frage, ob die Wirtschaft an sich noch ohne Schaden arbeite, darin, ob ein Unternehmergewinn erzielt wird; d. h. ob die Wirtschaft auf dem denkbar schlechtesten kulturfähigen Boden, nämlich auf solchem, der ohne Be¬ wirtschaftung gar keinen Ertrag gäbe, gerade noch ans ihre Kosten käme. Die Sache liegt ungefähr so, wie wenn ein Kapitalist sein Geld auf Zinsen anlegte, und sich deu Schwankungen des Zinsfußes wie auch des Kapitalwcrtes unterwürfe, auf der andern Seite aber sich ohne Einwerfung von Kapital, mir durch ganze oder geteilte Übernahme des Risikos, an einem Geschäfte als Unternehmer beteiligte. Verluste, die er in letzterer Eigenschaft erlitte, müßte er freilich schließlich aus deu Zinsen seines angelegten Kapitals decken, aber dennoch müßte er, um seine Verhältnisse überblicken zu können, seinen Kapital¬ zins einerseits und seinen Gewinn oder Verlust als Unternehmer auf der andern Seite als gesonderte Dinge betrachten. So müssen auch wir die Grundrente lind den Unternehmergewinn von einander trennen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/109>, abgerufen am 22.07.2024.