Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Geschichte der Gotthardbahn.

Auch zu Korrektionen der Neuß in großem Maßstabe mußte der Unternehmer
schreiten.*)

Bereits vom Monteenistunnel lagen Erfahrungen vor von den großen
Vorzügen, welche Maschinenbvhrung vor der Handarbeit bei einem derartigen
Werke hat. Als Betriebsmittel für die Maschinenbohrung war gepreßte Luft,
als Betriebskraft waren die vorhandnen Wasserkräfte in Aussicht genommen. Da
jedoch die Vorrichtungen für letztere nicht so schnell zu beschaffen waren,
wurden -- nachdem man sich kurze Zeit mit Hcindbvhrung beholfen hatte --
zunächst Dampfmaschinen aufgestellt. Vom 4. April 1873 an kam auf der
Nordseite die Maschincnbohruug in regelmäßigen Gang. Die gepreßte Luft
wurde zunächst in einem großen eisernen Cylinder gesammelt und von da durch
eiserne Röhren durch den Stollen bis etwa neun Meter vor der Stollenbrnst
geleitet. Daselbst schloß sich ein starker Kautschukschlauch an, der die Luft in
einen kleinern Behälter am Bvhrgestelle führte. Ans diesem zweigten sich dünne
Kautschukschläuche nach den einzelnen Bohrmaschinen ab.

Um auf der Nordseite die zum Maschinenbetriebe nötige Wasserkraft zu
gewinnen, wurde das Wasser der Neuß zuerst durch einen gemauerten Kanal
und dann durch 750 Meter lange große schmiedeeiserne Röhren nach dem
Maschinengebäudc geleitet, wo es die Turbinen trieb. Jede Turbiue war für
320 Liter Wasser in der Sekunde und 80 Meter Gefälle berechnet, leistete eine
Arbeit von 210 Pferdekräften und trieb eine Gruppe von drei Luftkompressions-
zylindern. Die drei Turbinen lieferten bei regelmäßigem Gange in jeder Minute
12 Kubikmeter auf 7 Atmosphären gepreßte Luft. So war es anfangs; im
Laufe der Jahre wurde" die Maschinen noch erheblich vermehrt. Bereits im
Oktober 1873 konnte mit der Wasserkraft zu arbeiten begonnen werden.

Auf der Südseite sollte der Tunnel nicht in gerader Linie, sondern in einer
145 Meter vom Portal beginnenden Kurve ausmünden. Man hielt jedoch für
nötig, zunächst einen in gerader Linie gelegnen Richtungstunnel zu graben, und
mit diesem wurde die Arbeit begonnen. Die provisorischen Einrichtungen für
die Maschinenbohrung waren Ende Juni 1873 beendet. Am 24. November
waren auch die Vorbereitungen für das in der Kurve liegende Endstück des
Tunnels so weit getroffen, daß die Arbeit daran beginnen konnte. Für die
definitive Einrichtung der Bohrung war das Wasser der Tremola bestimmt.
Dasselbe wurde 440 Meter oberhalb der Tunnelmünduug aus dem Bachbette
abgeleitet und dnrch eiserne Röhren von 840 Meter Länge dem Maschinenhanse
zugeführt. Es arbeitete mit eiuer Druckhöhe von 180 Metern und 640 Liter
Wasser in der Sekunde, leistete eine Arbeit von 276 Pferdekräften und war



Welche außerordentliche Aufwendungen bei diesem Werke nötig wurden, ergiebt noch
folgendes. Weil dem Dorfe Airolo dnrch die Tunnclarlieiten das gute Trinkwasser entzogen
war, kaufte die Gotthardbahuuerwaltung Quellen auf dem rechten Tessinufer und ließ deren
Wasser in einer langen eisernen Leitung nach Airolo führen.
Die Geschichte der Gotthardbahn.

Auch zu Korrektionen der Neuß in großem Maßstabe mußte der Unternehmer
schreiten.*)

Bereits vom Monteenistunnel lagen Erfahrungen vor von den großen
Vorzügen, welche Maschinenbvhrung vor der Handarbeit bei einem derartigen
Werke hat. Als Betriebsmittel für die Maschinenbohrung war gepreßte Luft,
als Betriebskraft waren die vorhandnen Wasserkräfte in Aussicht genommen. Da
jedoch die Vorrichtungen für letztere nicht so schnell zu beschaffen waren,
wurden — nachdem man sich kurze Zeit mit Hcindbvhrung beholfen hatte —
zunächst Dampfmaschinen aufgestellt. Vom 4. April 1873 an kam auf der
Nordseite die Maschincnbohruug in regelmäßigen Gang. Die gepreßte Luft
wurde zunächst in einem großen eisernen Cylinder gesammelt und von da durch
eiserne Röhren durch den Stollen bis etwa neun Meter vor der Stollenbrnst
geleitet. Daselbst schloß sich ein starker Kautschukschlauch an, der die Luft in
einen kleinern Behälter am Bvhrgestelle führte. Ans diesem zweigten sich dünne
Kautschukschläuche nach den einzelnen Bohrmaschinen ab.

Um auf der Nordseite die zum Maschinenbetriebe nötige Wasserkraft zu
gewinnen, wurde das Wasser der Neuß zuerst durch einen gemauerten Kanal
und dann durch 750 Meter lange große schmiedeeiserne Röhren nach dem
Maschinengebäudc geleitet, wo es die Turbinen trieb. Jede Turbiue war für
320 Liter Wasser in der Sekunde und 80 Meter Gefälle berechnet, leistete eine
Arbeit von 210 Pferdekräften und trieb eine Gruppe von drei Luftkompressions-
zylindern. Die drei Turbinen lieferten bei regelmäßigem Gange in jeder Minute
12 Kubikmeter auf 7 Atmosphären gepreßte Luft. So war es anfangs; im
Laufe der Jahre wurde» die Maschinen noch erheblich vermehrt. Bereits im
Oktober 1873 konnte mit der Wasserkraft zu arbeiten begonnen werden.

Auf der Südseite sollte der Tunnel nicht in gerader Linie, sondern in einer
145 Meter vom Portal beginnenden Kurve ausmünden. Man hielt jedoch für
nötig, zunächst einen in gerader Linie gelegnen Richtungstunnel zu graben, und
mit diesem wurde die Arbeit begonnen. Die provisorischen Einrichtungen für
die Maschinenbohrung waren Ende Juni 1873 beendet. Am 24. November
waren auch die Vorbereitungen für das in der Kurve liegende Endstück des
Tunnels so weit getroffen, daß die Arbeit daran beginnen konnte. Für die
definitive Einrichtung der Bohrung war das Wasser der Tremola bestimmt.
Dasselbe wurde 440 Meter oberhalb der Tunnelmünduug aus dem Bachbette
abgeleitet und dnrch eiserne Röhren von 840 Meter Länge dem Maschinenhanse
zugeführt. Es arbeitete mit eiuer Druckhöhe von 180 Metern und 640 Liter
Wasser in der Sekunde, leistete eine Arbeit von 276 Pferdekräften und war



Welche außerordentliche Aufwendungen bei diesem Werke nötig wurden, ergiebt noch
folgendes. Weil dem Dorfe Airolo dnrch die Tunnclarlieiten das gute Trinkwasser entzogen
war, kaufte die Gotthardbahuuerwaltung Quellen auf dem rechten Tessinufer und ließ deren
Wasser in einer langen eisernen Leitung nach Airolo führen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0640" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/199994"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Geschichte der Gotthardbahn.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_3110" prev="#ID_3109"> Auch zu Korrektionen der Neuß in großem Maßstabe mußte der Unternehmer<lb/>
schreiten.*)</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3111"> Bereits vom Monteenistunnel lagen Erfahrungen vor von den großen<lb/>
Vorzügen, welche Maschinenbvhrung vor der Handarbeit bei einem derartigen<lb/>
Werke hat. Als Betriebsmittel für die Maschinenbohrung war gepreßte Luft,<lb/>
als Betriebskraft waren die vorhandnen Wasserkräfte in Aussicht genommen. Da<lb/>
jedoch die Vorrichtungen für letztere nicht so schnell zu beschaffen waren,<lb/>
wurden &#x2014; nachdem man sich kurze Zeit mit Hcindbvhrung beholfen hatte &#x2014;<lb/>
zunächst Dampfmaschinen aufgestellt. Vom 4. April 1873 an kam auf der<lb/>
Nordseite die Maschincnbohruug in regelmäßigen Gang. Die gepreßte Luft<lb/>
wurde zunächst in einem großen eisernen Cylinder gesammelt und von da durch<lb/>
eiserne Röhren durch den Stollen bis etwa neun Meter vor der Stollenbrnst<lb/>
geleitet. Daselbst schloß sich ein starker Kautschukschlauch an, der die Luft in<lb/>
einen kleinern Behälter am Bvhrgestelle führte. Ans diesem zweigten sich dünne<lb/>
Kautschukschläuche nach den einzelnen Bohrmaschinen ab.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3112"> Um auf der Nordseite die zum Maschinenbetriebe nötige Wasserkraft zu<lb/>
gewinnen, wurde das Wasser der Neuß zuerst durch einen gemauerten Kanal<lb/>
und dann durch 750 Meter lange große schmiedeeiserne Röhren nach dem<lb/>
Maschinengebäudc geleitet, wo es die Turbinen trieb. Jede Turbiue war für<lb/>
320 Liter Wasser in der Sekunde und 80 Meter Gefälle berechnet, leistete eine<lb/>
Arbeit von 210 Pferdekräften und trieb eine Gruppe von drei Luftkompressions-<lb/>
zylindern. Die drei Turbinen lieferten bei regelmäßigem Gange in jeder Minute<lb/>
12 Kubikmeter auf 7 Atmosphären gepreßte Luft. So war es anfangs; im<lb/>
Laufe der Jahre wurde» die Maschinen noch erheblich vermehrt. Bereits im<lb/>
Oktober 1873 konnte mit der Wasserkraft zu arbeiten begonnen werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3113" next="#ID_3114"> Auf der Südseite sollte der Tunnel nicht in gerader Linie, sondern in einer<lb/>
145 Meter vom Portal beginnenden Kurve ausmünden. Man hielt jedoch für<lb/>
nötig, zunächst einen in gerader Linie gelegnen Richtungstunnel zu graben, und<lb/>
mit diesem wurde die Arbeit begonnen. Die provisorischen Einrichtungen für<lb/>
die Maschinenbohrung waren Ende Juni 1873 beendet. Am 24. November<lb/>
waren auch die Vorbereitungen für das in der Kurve liegende Endstück des<lb/>
Tunnels so weit getroffen, daß die Arbeit daran beginnen konnte. Für die<lb/>
definitive Einrichtung der Bohrung war das Wasser der Tremola bestimmt.<lb/>
Dasselbe wurde 440 Meter oberhalb der Tunnelmünduug aus dem Bachbette<lb/>
abgeleitet und dnrch eiserne Röhren von 840 Meter Länge dem Maschinenhanse<lb/>
zugeführt. Es arbeitete mit eiuer Druckhöhe von 180 Metern und 640 Liter<lb/>
Wasser in der Sekunde, leistete eine Arbeit von 276 Pferdekräften und war</p><lb/>
          <note xml:id="FID_61" place="foot"> Welche außerordentliche Aufwendungen bei diesem Werke nötig wurden, ergiebt noch<lb/>
folgendes. Weil dem Dorfe Airolo dnrch die Tunnclarlieiten das gute Trinkwasser entzogen<lb/>
war, kaufte die Gotthardbahuuerwaltung Quellen auf dem rechten Tessinufer und ließ deren<lb/>
Wasser in einer langen eisernen Leitung nach Airolo führen.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0640] Die Geschichte der Gotthardbahn. Auch zu Korrektionen der Neuß in großem Maßstabe mußte der Unternehmer schreiten.*) Bereits vom Monteenistunnel lagen Erfahrungen vor von den großen Vorzügen, welche Maschinenbvhrung vor der Handarbeit bei einem derartigen Werke hat. Als Betriebsmittel für die Maschinenbohrung war gepreßte Luft, als Betriebskraft waren die vorhandnen Wasserkräfte in Aussicht genommen. Da jedoch die Vorrichtungen für letztere nicht so schnell zu beschaffen waren, wurden — nachdem man sich kurze Zeit mit Hcindbvhrung beholfen hatte — zunächst Dampfmaschinen aufgestellt. Vom 4. April 1873 an kam auf der Nordseite die Maschincnbohruug in regelmäßigen Gang. Die gepreßte Luft wurde zunächst in einem großen eisernen Cylinder gesammelt und von da durch eiserne Röhren durch den Stollen bis etwa neun Meter vor der Stollenbrnst geleitet. Daselbst schloß sich ein starker Kautschukschlauch an, der die Luft in einen kleinern Behälter am Bvhrgestelle führte. Ans diesem zweigten sich dünne Kautschukschläuche nach den einzelnen Bohrmaschinen ab. Um auf der Nordseite die zum Maschinenbetriebe nötige Wasserkraft zu gewinnen, wurde das Wasser der Neuß zuerst durch einen gemauerten Kanal und dann durch 750 Meter lange große schmiedeeiserne Röhren nach dem Maschinengebäudc geleitet, wo es die Turbinen trieb. Jede Turbiue war für 320 Liter Wasser in der Sekunde und 80 Meter Gefälle berechnet, leistete eine Arbeit von 210 Pferdekräften und trieb eine Gruppe von drei Luftkompressions- zylindern. Die drei Turbinen lieferten bei regelmäßigem Gange in jeder Minute 12 Kubikmeter auf 7 Atmosphären gepreßte Luft. So war es anfangs; im Laufe der Jahre wurde» die Maschinen noch erheblich vermehrt. Bereits im Oktober 1873 konnte mit der Wasserkraft zu arbeiten begonnen werden. Auf der Südseite sollte der Tunnel nicht in gerader Linie, sondern in einer 145 Meter vom Portal beginnenden Kurve ausmünden. Man hielt jedoch für nötig, zunächst einen in gerader Linie gelegnen Richtungstunnel zu graben, und mit diesem wurde die Arbeit begonnen. Die provisorischen Einrichtungen für die Maschinenbohrung waren Ende Juni 1873 beendet. Am 24. November waren auch die Vorbereitungen für das in der Kurve liegende Endstück des Tunnels so weit getroffen, daß die Arbeit daran beginnen konnte. Für die definitive Einrichtung der Bohrung war das Wasser der Tremola bestimmt. Dasselbe wurde 440 Meter oberhalb der Tunnelmünduug aus dem Bachbette abgeleitet und dnrch eiserne Röhren von 840 Meter Länge dem Maschinenhanse zugeführt. Es arbeitete mit eiuer Druckhöhe von 180 Metern und 640 Liter Wasser in der Sekunde, leistete eine Arbeit von 276 Pferdekräften und war Welche außerordentliche Aufwendungen bei diesem Werke nötig wurden, ergiebt noch folgendes. Weil dem Dorfe Airolo dnrch die Tunnclarlieiten das gute Trinkwasser entzogen war, kaufte die Gotthardbahuuerwaltung Quellen auf dem rechten Tessinufer und ließ deren Wasser in einer langen eisernen Leitung nach Airolo führen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_199353
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_199353/640
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_199353/640>, abgerufen am 20.10.2024.