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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Aus der Chronik derer von Riffelshausen.
E Margarethe von Bülow. rzählung in zwei Büchern von
(Fortsetzung.)
Achtzehntes Kapitel.

in Sonne hatte sengend vom wolkenlosen Himmel geschienen. Es
lag noch schwere Hitze in der Luft, und man wagte kaum die
Augen zu öffnen, solch ein Flimmern und Glänzen zeigte der
Junitag. Aber jetzt zog eine schwarze Wolke von Westen herauf,
eine zweite und dritte, und sie ballten sich zusammen.

Im Dorfe war es still wie zur Nachtzeit. Mensch und Tier scheuten er¬
mattet die geringste Bewegung, nur der Staub stieg plötzlich auf, jagte über
den Weg, stieg höher und sank, in der Luft sich verleitend, zurück.

Die Gesellschaft des Herreuhauses hatte sich in die kühlen Zimmer ge¬
züchtet, mehr zur Ruhe geneigt als zur Unterhaltung. Selbst der Gast aus
-ucvvsdvrf war heute nicht in geselliger Stimmung.

Mademoiselle Adcline saß mit einer feinen Arbeit, ohne die Finger zu
unsren. Die Rosen, mit denen sie Haar und Kleid geschmückt hatte, waren
voll erblüht, fast schon im Welken, aber sie dufteten stark und süß.

r ^^'ne bemerkte lächelnd, daß der Hofmarschall über seiner Lektüre ein¬
schlafen war. Es war freilich gar zu heiß! Sie wehte sich mit der Hand
Dald""^ wandte sie den Kopf nach der Fensternische, in welcher
' a mit gekreuzten Armen lehnte, die Augen nach dem Himmel gerichtet, an
ven das Gewitter hing.

witt sich die Bäume in jenem plötzlichen Winde, der dem Ge-
in ^'auszugehen pflegt. Das Wasser des Wallgrabens bewegte sich
eyer Wellen, ein Vogel flog darüber hin, so dicht, daß seine Schwingen
Me die fechte Flüche berührten.


Grenzboten III. ,88". 77


Aus der Chronik derer von Riffelshausen.
E Margarethe von Bülow. rzählung in zwei Büchern von
(Fortsetzung.)
Achtzehntes Kapitel.

in Sonne hatte sengend vom wolkenlosen Himmel geschienen. Es
lag noch schwere Hitze in der Luft, und man wagte kaum die
Augen zu öffnen, solch ein Flimmern und Glänzen zeigte der
Junitag. Aber jetzt zog eine schwarze Wolke von Westen herauf,
eine zweite und dritte, und sie ballten sich zusammen.

Im Dorfe war es still wie zur Nachtzeit. Mensch und Tier scheuten er¬
mattet die geringste Bewegung, nur der Staub stieg plötzlich auf, jagte über
den Weg, stieg höher und sank, in der Luft sich verleitend, zurück.

Die Gesellschaft des Herreuhauses hatte sich in die kühlen Zimmer ge¬
züchtet, mehr zur Ruhe geneigt als zur Unterhaltung. Selbst der Gast aus
-ucvvsdvrf war heute nicht in geselliger Stimmung.

Mademoiselle Adcline saß mit einer feinen Arbeit, ohne die Finger zu
unsren. Die Rosen, mit denen sie Haar und Kleid geschmückt hatte, waren
voll erblüht, fast schon im Welken, aber sie dufteten stark und süß.

r ^^'ne bemerkte lächelnd, daß der Hofmarschall über seiner Lektüre ein¬
schlafen war. Es war freilich gar zu heiß! Sie wehte sich mit der Hand
Dald""^ wandte sie den Kopf nach der Fensternische, in welcher
' a mit gekreuzten Armen lehnte, die Augen nach dem Himmel gerichtet, an
ven das Gewitter hing.

witt sich die Bäume in jenem plötzlichen Winde, der dem Ge-
in ^'auszugehen pflegt. Das Wasser des Wallgrabens bewegte sich
eyer Wellen, ein Vogel flog darüber hin, so dicht, daß seine Schwingen
Me die fechte Flüche berührten.


Grenzboten III. ,88«. 77
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[0617] [Abbildung] Aus der Chronik derer von Riffelshausen. E Margarethe von Bülow. rzählung in zwei Büchern von (Fortsetzung.) Achtzehntes Kapitel. in Sonne hatte sengend vom wolkenlosen Himmel geschienen. Es lag noch schwere Hitze in der Luft, und man wagte kaum die Augen zu öffnen, solch ein Flimmern und Glänzen zeigte der Junitag. Aber jetzt zog eine schwarze Wolke von Westen herauf, eine zweite und dritte, und sie ballten sich zusammen. Im Dorfe war es still wie zur Nachtzeit. Mensch und Tier scheuten er¬ mattet die geringste Bewegung, nur der Staub stieg plötzlich auf, jagte über den Weg, stieg höher und sank, in der Luft sich verleitend, zurück. Die Gesellschaft des Herreuhauses hatte sich in die kühlen Zimmer ge¬ züchtet, mehr zur Ruhe geneigt als zur Unterhaltung. Selbst der Gast aus -ucvvsdvrf war heute nicht in geselliger Stimmung. Mademoiselle Adcline saß mit einer feinen Arbeit, ohne die Finger zu unsren. Die Rosen, mit denen sie Haar und Kleid geschmückt hatte, waren voll erblüht, fast schon im Welken, aber sie dufteten stark und süß. r ^^'ne bemerkte lächelnd, daß der Hofmarschall über seiner Lektüre ein¬ schlafen war. Es war freilich gar zu heiß! Sie wehte sich mit der Hand Dald""^ wandte sie den Kopf nach der Fensternische, in welcher ' a mit gekreuzten Armen lehnte, die Augen nach dem Himmel gerichtet, an ven das Gewitter hing. witt sich die Bäume in jenem plötzlichen Winde, der dem Ge- in ^'auszugehen pflegt. Das Wasser des Wallgrabens bewegte sich eyer Wellen, ein Vogel flog darüber hin, so dicht, daß seine Schwingen Me die fechte Flüche berührten. Grenzboten III. ,88«. 77

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/617>, abgerufen am 22.07.2024.