Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.Ordnung (Amtsgerichten) als Schöffen hat sich nicht bewährt; 2. dagegen ist Ich habe diesen Beschluß nicht abgewartet, hielt ihn auch, er mochte aus¬ Grenzboten III. 1836. 74
Ordnung (Amtsgerichten) als Schöffen hat sich nicht bewährt; 2. dagegen ist Ich habe diesen Beschluß nicht abgewartet, hielt ihn auch, er mochte aus¬ Grenzboten III. 1836. 74
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0593" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/199313"/> <p xml:id="ID_2047" prev="#ID_2046"> Ordnung (Amtsgerichten) als Schöffen hat sich nicht bewährt; 2. dagegen ist<lb/> diese Mitwirkung einzuführen bei den Gerichten mittlerer Ordnung (den Land¬<lb/> gerichten); 3. von den hierbei gemachten Erfahrungen ist es abhängig zu macheu,<lb/> ob die Schwurgerichte durch höhere Schöffengerichte zu ersetzen seien." Land-<lb/> gerichtsdirektor Olshausen endlich machte folgende Vorschläge: „1. Der deutsche<lb/> Juristentag erklärt: Die Schöffengerichte haben sich im allgemeinen in der Praxis<lb/> bewährt. 2. Die Geschwornengerichte verdienen nicht das ihnen entgegengebrachte<lb/> Vertrauen. 3. Die geeignetste Form der Hinzuziehung des Laienelements in<lb/> Strafsachen sind die Schöffengerichte." Diese Olshausenschcn Anträge gelangten<lb/> schließlich mit geringer Mehrheit in der Abteilung zur Annahme. Zugleich<lb/> wurde beschlossen, die Angelegenheit der andern Tags stattfindenden Plenar-<lb/> versammluug zur nochmaligen Beschlußfassung zu unterbreiten.</p><lb/> <p xml:id="ID_2048" next="#ID_2049"> Ich habe diesen Beschluß nicht abgewartet, hielt ihn auch, er mochte aus¬<lb/> fallen, wie er wollte, für ganz bedeutungslos, denn die Verhandlungen in der<lb/> Abteilung, also unter den eigentlichen Fachmännern, haben gezeigt, daß trotz<lb/> des nahezu siebenjährigen Bestehens der Schöffengerichte die Ansichten über<lb/> dieselben noch sehr auseinandergehen, daß der alte Kampf über die Frage, ob<lb/> und inwieweit das Laieuelement in die Strafrechtspflege einzuführen sei, immer<lb/> noch tobt, und daß nur in einer Richtung die Anhänger der Einführung Fort¬<lb/> schritte gemacht haben, insofern nämlich die Zulassung der Laien an sich nicht<lb/> mehr so hestig, wie früher, bestritten und nnr noch die Frage in Betracht ge¬<lb/> zogen wird, inwieweit und in welcher Form diese Zulassung erfolgen soll.<lb/> Interessant ist in dieser Beziehung ein Rückblick auf frühere Verhandlungen<lb/> und Beschlüsse des Juristentages. In der Sitzung der Abteilung für Straf¬<lb/> sachen vom 30. August 1872, in der die Einführung der Schöffengerichte in<lb/> die Strafprozeßordnung zur Verhandlung stand, sprachen sich der damalige<lb/> Nechtscinwalt Stenglein aus München als Referent, der alte Fürsprecher des<lb/> Schwurgerichts Professor Gneist aus Berlin, der Oberstaatsanwalt Lauhn aus<lb/> Halberstadt, der Oberappellatiousgerichtsrat Becker aus Oldenburg und der<lb/> Rechtsanwalt Beth aus Lindau in warmer und beredter Weise zu Gunsten des<lb/> Schwurgerichts aus. Dr. sendo aus Berlin meinte, daß Wissenschaft und<lb/> Praxis zur Entscheidung der Frage noch nicht hinreichende Ergebnisse geliefert<lb/> hätten, und verlangte Übergang zur Tagesordnung. Gencralstaatsanwalt<lb/> Schwarze, der beredte Verteidiger der Schöffengerichte, dem sie ihre Einführung<lb/> M die Strafprozeßordnung verdanken, sprach die Hoffnung aus, es werde die<lb/> Zeit kommen, in welcher die Herren des Jnristentages sagen würden: „Dr.<lb/> Schwarze hat uns ein Kind produzirt und vorgestellt, das eine Berechtigung<lb/> hat aufs Leben"; die Entwicklung werde zeigen, daß wir in diesem Institut<lb/> (dem Schöffengerichte) in der That eine Verbesserung unsrer Strafrechtspflege<lb/> ehalten würden. Aber der Juristentag hat damals nicht bloß, wie der Referent<lb/> borschlug, erklärt, daß es zur Zeit nicht angemessen sei, an die Stelle der</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III. 1836. 74</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0593]
Ordnung (Amtsgerichten) als Schöffen hat sich nicht bewährt; 2. dagegen ist
diese Mitwirkung einzuführen bei den Gerichten mittlerer Ordnung (den Land¬
gerichten); 3. von den hierbei gemachten Erfahrungen ist es abhängig zu macheu,
ob die Schwurgerichte durch höhere Schöffengerichte zu ersetzen seien." Land-
gerichtsdirektor Olshausen endlich machte folgende Vorschläge: „1. Der deutsche
Juristentag erklärt: Die Schöffengerichte haben sich im allgemeinen in der Praxis
bewährt. 2. Die Geschwornengerichte verdienen nicht das ihnen entgegengebrachte
Vertrauen. 3. Die geeignetste Form der Hinzuziehung des Laienelements in
Strafsachen sind die Schöffengerichte." Diese Olshausenschcn Anträge gelangten
schließlich mit geringer Mehrheit in der Abteilung zur Annahme. Zugleich
wurde beschlossen, die Angelegenheit der andern Tags stattfindenden Plenar-
versammluug zur nochmaligen Beschlußfassung zu unterbreiten.
Ich habe diesen Beschluß nicht abgewartet, hielt ihn auch, er mochte aus¬
fallen, wie er wollte, für ganz bedeutungslos, denn die Verhandlungen in der
Abteilung, also unter den eigentlichen Fachmännern, haben gezeigt, daß trotz
des nahezu siebenjährigen Bestehens der Schöffengerichte die Ansichten über
dieselben noch sehr auseinandergehen, daß der alte Kampf über die Frage, ob
und inwieweit das Laieuelement in die Strafrechtspflege einzuführen sei, immer
noch tobt, und daß nur in einer Richtung die Anhänger der Einführung Fort¬
schritte gemacht haben, insofern nämlich die Zulassung der Laien an sich nicht
mehr so hestig, wie früher, bestritten und nnr noch die Frage in Betracht ge¬
zogen wird, inwieweit und in welcher Form diese Zulassung erfolgen soll.
Interessant ist in dieser Beziehung ein Rückblick auf frühere Verhandlungen
und Beschlüsse des Juristentages. In der Sitzung der Abteilung für Straf¬
sachen vom 30. August 1872, in der die Einführung der Schöffengerichte in
die Strafprozeßordnung zur Verhandlung stand, sprachen sich der damalige
Nechtscinwalt Stenglein aus München als Referent, der alte Fürsprecher des
Schwurgerichts Professor Gneist aus Berlin, der Oberstaatsanwalt Lauhn aus
Halberstadt, der Oberappellatiousgerichtsrat Becker aus Oldenburg und der
Rechtsanwalt Beth aus Lindau in warmer und beredter Weise zu Gunsten des
Schwurgerichts aus. Dr. sendo aus Berlin meinte, daß Wissenschaft und
Praxis zur Entscheidung der Frage noch nicht hinreichende Ergebnisse geliefert
hätten, und verlangte Übergang zur Tagesordnung. Gencralstaatsanwalt
Schwarze, der beredte Verteidiger der Schöffengerichte, dem sie ihre Einführung
M die Strafprozeßordnung verdanken, sprach die Hoffnung aus, es werde die
Zeit kommen, in welcher die Herren des Jnristentages sagen würden: „Dr.
Schwarze hat uns ein Kind produzirt und vorgestellt, das eine Berechtigung
hat aufs Leben"; die Entwicklung werde zeigen, daß wir in diesem Institut
(dem Schöffengerichte) in der That eine Verbesserung unsrer Strafrechtspflege
ehalten würden. Aber der Juristentag hat damals nicht bloß, wie der Referent
borschlug, erklärt, daß es zur Zeit nicht angemessen sei, an die Stelle der
Grenzboten III. 1836. 74
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