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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Aus der Chronik derer von Riffelshausen.
E Margarethe von Bülow. rzählung in zwei Büchern von
(Fortsetzung,)

as Palais Hegel war in der Mitte durch einen schmalen Flur
geteilt. Rechter Hand von der Thür befand sich die Küche, in
welcher die junge Hegeln beschäftigt war, Kumpes zu bereiten.
Diese Frau war aus einer angesehenen Moosdorfer Großbcmeru-
familie und hatte unter ihren Stand geheiratet. Amand Hegel war
aber ein hübscher Bursche, einer, der bei den Kirmsen Lärm macht und seinen
Dickkopf durchsetzt, auch wenn ein Dutzend gegen ihn stehen. So hatte er es
der Lisette angethan. Doch mochte er, der selbst einen kleinen Besitz hatte, nicht
nach Moosdvrf hinüberheiraten, und sie besann sich ebenfalls längere Zeit, ob
sie der Liebe folgen solle oder dem Wohlanstand. Als jedoch Hegel begann,
Adels Regime, eine Siebenhoferin zu bewundern, entschloß sie sich kurz, ihn zu
ehelichen. Um sich jedoch für dieses Opfer zu entschädigen, ergriff Frau Lisette
mit strenger Hand die Zügel; nicht immer zum Vorteil der alten Mutter ihres
Mannes. ,

Lisette war nach dem Urteile der Siebenhofer eine echte Moosdorferin:
stattlich anzuschauen, mit selbstbewußter Haltung und ausdrucksvollen Zügen.
Ihre dunkeln Augen würden auch andern gefallen haben als Amand Hegel,
vielleicht andern noch mehr als ihm, denn er hatte öfters Gelegenheit, ein sehr
böses Blitzen darin zu beobachten.

Therese fand die Hegeln in einem kurzen, blauen Rocke, der mit schwarzem
Wollband verziert war, und einer außerordentlich breiten Leinenschürze. Darüber
trug sie eine braune Jacke, deren zurückgeschobene Ärmel den runden Arm sehen
ließen, und über der Brust ein kirschrotes Tuch.

Die Hofmarschallin grüßte freundlich, obgleich sie nach Cäciliens Erzählungen
der Frau nicht sonderlich gewogen wer. Diese schien freudig überrascht. Eilig


Grmzvvton III. 1L8U. "6


Aus der Chronik derer von Riffelshausen.
E Margarethe von Bülow. rzählung in zwei Büchern von
(Fortsetzung,)

as Palais Hegel war in der Mitte durch einen schmalen Flur
geteilt. Rechter Hand von der Thür befand sich die Küche, in
welcher die junge Hegeln beschäftigt war, Kumpes zu bereiten.
Diese Frau war aus einer angesehenen Moosdorfer Großbcmeru-
familie und hatte unter ihren Stand geheiratet. Amand Hegel war
aber ein hübscher Bursche, einer, der bei den Kirmsen Lärm macht und seinen
Dickkopf durchsetzt, auch wenn ein Dutzend gegen ihn stehen. So hatte er es
der Lisette angethan. Doch mochte er, der selbst einen kleinen Besitz hatte, nicht
nach Moosdvrf hinüberheiraten, und sie besann sich ebenfalls längere Zeit, ob
sie der Liebe folgen solle oder dem Wohlanstand. Als jedoch Hegel begann,
Adels Regime, eine Siebenhoferin zu bewundern, entschloß sie sich kurz, ihn zu
ehelichen. Um sich jedoch für dieses Opfer zu entschädigen, ergriff Frau Lisette
mit strenger Hand die Zügel; nicht immer zum Vorteil der alten Mutter ihres
Mannes. ,

Lisette war nach dem Urteile der Siebenhofer eine echte Moosdorferin:
stattlich anzuschauen, mit selbstbewußter Haltung und ausdrucksvollen Zügen.
Ihre dunkeln Augen würden auch andern gefallen haben als Amand Hegel,
vielleicht andern noch mehr als ihm, denn er hatte öfters Gelegenheit, ein sehr
böses Blitzen darin zu beobachten.

Therese fand die Hegeln in einem kurzen, blauen Rocke, der mit schwarzem
Wollband verziert war, und einer außerordentlich breiten Leinenschürze. Darüber
trug sie eine braune Jacke, deren zurückgeschobene Ärmel den runden Arm sehen
ließen, und über der Brust ein kirschrotes Tuch.

Die Hofmarschallin grüßte freundlich, obgleich sie nach Cäciliens Erzählungen
der Frau nicht sonderlich gewogen wer. Diese schien freudig überrascht. Eilig


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[0529] [Abbildung] Aus der Chronik derer von Riffelshausen. E Margarethe von Bülow. rzählung in zwei Büchern von (Fortsetzung,) as Palais Hegel war in der Mitte durch einen schmalen Flur geteilt. Rechter Hand von der Thür befand sich die Küche, in welcher die junge Hegeln beschäftigt war, Kumpes zu bereiten. Diese Frau war aus einer angesehenen Moosdorfer Großbcmeru- familie und hatte unter ihren Stand geheiratet. Amand Hegel war aber ein hübscher Bursche, einer, der bei den Kirmsen Lärm macht und seinen Dickkopf durchsetzt, auch wenn ein Dutzend gegen ihn stehen. So hatte er es der Lisette angethan. Doch mochte er, der selbst einen kleinen Besitz hatte, nicht nach Moosdvrf hinüberheiraten, und sie besann sich ebenfalls längere Zeit, ob sie der Liebe folgen solle oder dem Wohlanstand. Als jedoch Hegel begann, Adels Regime, eine Siebenhoferin zu bewundern, entschloß sie sich kurz, ihn zu ehelichen. Um sich jedoch für dieses Opfer zu entschädigen, ergriff Frau Lisette mit strenger Hand die Zügel; nicht immer zum Vorteil der alten Mutter ihres Mannes. , Lisette war nach dem Urteile der Siebenhofer eine echte Moosdorferin: stattlich anzuschauen, mit selbstbewußter Haltung und ausdrucksvollen Zügen. Ihre dunkeln Augen würden auch andern gefallen haben als Amand Hegel, vielleicht andern noch mehr als ihm, denn er hatte öfters Gelegenheit, ein sehr böses Blitzen darin zu beobachten. Therese fand die Hegeln in einem kurzen, blauen Rocke, der mit schwarzem Wollband verziert war, und einer außerordentlich breiten Leinenschürze. Darüber trug sie eine braune Jacke, deren zurückgeschobene Ärmel den runden Arm sehen ließen, und über der Brust ein kirschrotes Tuch. Die Hofmarschallin grüßte freundlich, obgleich sie nach Cäciliens Erzählungen der Frau nicht sonderlich gewogen wer. Diese schien freudig überrascht. Eilig Grmzvvton III. 1L8U. «6

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/529>, abgerufen am 22.07.2024.