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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Gtwas über Sklaverei.

Wohl sein Sklave werden, aber nicht zu seinem Bruder erhoben werden kann.
Beweise hierfür liefern uns alle Berichte ans dem Leben in den Faktoreien; so¬
bald der Neger etwas Englisch radebrechen und schreiben lernt, ohne vorher in
strammer Zucht das Arbeiten gelernt zu haben, so heisre gewöhnlich ein maßloser
Dünkel und nichtsnutzige Faulheit in ihn. Es ist eitel Gaukelei, wenn man uns
borreden will, daß selbst die Schwarzen in Nordamerika sich auf gleicher Stufe
fühlten wie die Weißen. Die Wirklichkeit läßt sich in diesem Maße und dauernd
nicht mit Gesetzen und Reden wegknriren. Und die Wirklichkeit ist, daß der
Europäer soweit über dem Neger steht, daß nichts die Entfernung völlig
ausgleichen kaun. Das Blut macht den Unterschied, das ist alles. Wir sind
nun einmal ein Herrengeschlecht auf der Erde und wollen es sein. Und nun
glaubt man sogar den Suaheli in Afrika davon überzeugen zu können, daß er
es ebensoweit bringe" könne wie wir, wenn er nur wolle und glaube. Das
sind Thorheiten und Lügen, an die der Snccheli am allerletzten glaubt. Dazu,
um sich das einzubilden, muß man in Europa geboren sein. Wir sind ein
Herrschergeschlecht, rühmen uns dessen mit Fug und wollen es vorläufig auch
Reiben. Aber weil wir das sind, haben wir Pflichten so gut als Rechte gegenüber
den niederen Rassen und Völkern. Indem man uns die Herrscherrechte abspricht,
gelangt man zu einer sonderbaren Verwirrung von Rechten und Pflichten. Wir
sollen den Neger zur Kultur erziehen, ist ein allgemeiner Satz. Wie aber soll
denn das ohne Zwang geschehen? Und ist etwa die Sklaverei oder ein ähnliches
Verhältnis unter Umständen nicht ein Erziehungsmittel wie ein andres? Sind
die Neger in den Vereinigten Staaten nicht trotz Sklaverei weiter gekommen
als die so pomphaft zu freien Männern erklärten Stammesgenossen von der
Modernen Republik Liberia? weiter als die freien Stämme in ganz Afrika?
Wir sehen an ihnen, wir sehen auch an Krunegern, Scmsibarern und andern,
daß der Neger bildungsfähig ist, und soweit der Kampf um Raum und Leben
es gestattet, wird auch in Afrika voraussichtlich einmal die europäische Erziehung
>hr Werk thun. Nur soll man nicht wähnen, daß es mit Schulen, Missionen
und Reden allein geschehen könne.

Es kann sich natürlich nicht um legale Rchcibilitirung der Sklaverei
handeln. Niemand hat in unsern KolonisationSgcsellschaften vorgeschlagen, die
Sklaverei in der Weise in Anwendung zu bringen, wie es die Spanier vor
hundert Jahren zur Zeit ihrer Assiuatopolitik, oder wie es die Römer in der
Kaiserzeit thaten. Indessen wird von andern Seiten gegen jeden Zwang, der
nur entfernt an Sklaverei erinnert, gepoltert, und nur freie Arbeit soll heilsam
und statthaft sein. Die ist aber erfahrungsmäßig nicht oder nnr sehr unvoll¬
ständig zu haben. Der Neger arbeitet nur aus Hunger und aus Furcht. Will
Man ihn arbeiten machen, so muß auf eiues dieser Motive gedrückt werden.
Und arbeiten soll er ja, denn sonst giebt es für uns keine Tropeukolonien, sonst
fehlt auch in der Arbeit selbst das wesentlichste Mittel der Erziehung des Negers.


Gtwas über Sklaverei.

Wohl sein Sklave werden, aber nicht zu seinem Bruder erhoben werden kann.
Beweise hierfür liefern uns alle Berichte ans dem Leben in den Faktoreien; so¬
bald der Neger etwas Englisch radebrechen und schreiben lernt, ohne vorher in
strammer Zucht das Arbeiten gelernt zu haben, so heisre gewöhnlich ein maßloser
Dünkel und nichtsnutzige Faulheit in ihn. Es ist eitel Gaukelei, wenn man uns
borreden will, daß selbst die Schwarzen in Nordamerika sich auf gleicher Stufe
fühlten wie die Weißen. Die Wirklichkeit läßt sich in diesem Maße und dauernd
nicht mit Gesetzen und Reden wegknriren. Und die Wirklichkeit ist, daß der
Europäer soweit über dem Neger steht, daß nichts die Entfernung völlig
ausgleichen kaun. Das Blut macht den Unterschied, das ist alles. Wir sind
nun einmal ein Herrengeschlecht auf der Erde und wollen es sein. Und nun
glaubt man sogar den Suaheli in Afrika davon überzeugen zu können, daß er
es ebensoweit bringe» könne wie wir, wenn er nur wolle und glaube. Das
sind Thorheiten und Lügen, an die der Snccheli am allerletzten glaubt. Dazu,
um sich das einzubilden, muß man in Europa geboren sein. Wir sind ein
Herrschergeschlecht, rühmen uns dessen mit Fug und wollen es vorläufig auch
Reiben. Aber weil wir das sind, haben wir Pflichten so gut als Rechte gegenüber
den niederen Rassen und Völkern. Indem man uns die Herrscherrechte abspricht,
gelangt man zu einer sonderbaren Verwirrung von Rechten und Pflichten. Wir
sollen den Neger zur Kultur erziehen, ist ein allgemeiner Satz. Wie aber soll
denn das ohne Zwang geschehen? Und ist etwa die Sklaverei oder ein ähnliches
Verhältnis unter Umständen nicht ein Erziehungsmittel wie ein andres? Sind
die Neger in den Vereinigten Staaten nicht trotz Sklaverei weiter gekommen
als die so pomphaft zu freien Männern erklärten Stammesgenossen von der
Modernen Republik Liberia? weiter als die freien Stämme in ganz Afrika?
Wir sehen an ihnen, wir sehen auch an Krunegern, Scmsibarern und andern,
daß der Neger bildungsfähig ist, und soweit der Kampf um Raum und Leben
es gestattet, wird auch in Afrika voraussichtlich einmal die europäische Erziehung
>hr Werk thun. Nur soll man nicht wähnen, daß es mit Schulen, Missionen
und Reden allein geschehen könne.

Es kann sich natürlich nicht um legale Rchcibilitirung der Sklaverei
handeln. Niemand hat in unsern KolonisationSgcsellschaften vorgeschlagen, die
Sklaverei in der Weise in Anwendung zu bringen, wie es die Spanier vor
hundert Jahren zur Zeit ihrer Assiuatopolitik, oder wie es die Römer in der
Kaiserzeit thaten. Indessen wird von andern Seiten gegen jeden Zwang, der
nur entfernt an Sklaverei erinnert, gepoltert, und nur freie Arbeit soll heilsam
und statthaft sein. Die ist aber erfahrungsmäßig nicht oder nnr sehr unvoll¬
ständig zu haben. Der Neger arbeitet nur aus Hunger und aus Furcht. Will
Man ihn arbeiten machen, so muß auf eiues dieser Motive gedrückt werden.
Und arbeiten soll er ja, denn sonst giebt es für uns keine Tropeukolonien, sonst
fehlt auch in der Arbeit selbst das wesentlichste Mittel der Erziehung des Negers.


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[0307] Gtwas über Sklaverei. Wohl sein Sklave werden, aber nicht zu seinem Bruder erhoben werden kann. Beweise hierfür liefern uns alle Berichte ans dem Leben in den Faktoreien; so¬ bald der Neger etwas Englisch radebrechen und schreiben lernt, ohne vorher in strammer Zucht das Arbeiten gelernt zu haben, so heisre gewöhnlich ein maßloser Dünkel und nichtsnutzige Faulheit in ihn. Es ist eitel Gaukelei, wenn man uns borreden will, daß selbst die Schwarzen in Nordamerika sich auf gleicher Stufe fühlten wie die Weißen. Die Wirklichkeit läßt sich in diesem Maße und dauernd nicht mit Gesetzen und Reden wegknriren. Und die Wirklichkeit ist, daß der Europäer soweit über dem Neger steht, daß nichts die Entfernung völlig ausgleichen kaun. Das Blut macht den Unterschied, das ist alles. Wir sind nun einmal ein Herrengeschlecht auf der Erde und wollen es sein. Und nun glaubt man sogar den Suaheli in Afrika davon überzeugen zu können, daß er es ebensoweit bringe» könne wie wir, wenn er nur wolle und glaube. Das sind Thorheiten und Lügen, an die der Snccheli am allerletzten glaubt. Dazu, um sich das einzubilden, muß man in Europa geboren sein. Wir sind ein Herrschergeschlecht, rühmen uns dessen mit Fug und wollen es vorläufig auch Reiben. Aber weil wir das sind, haben wir Pflichten so gut als Rechte gegenüber den niederen Rassen und Völkern. Indem man uns die Herrscherrechte abspricht, gelangt man zu einer sonderbaren Verwirrung von Rechten und Pflichten. Wir sollen den Neger zur Kultur erziehen, ist ein allgemeiner Satz. Wie aber soll denn das ohne Zwang geschehen? Und ist etwa die Sklaverei oder ein ähnliches Verhältnis unter Umständen nicht ein Erziehungsmittel wie ein andres? Sind die Neger in den Vereinigten Staaten nicht trotz Sklaverei weiter gekommen als die so pomphaft zu freien Männern erklärten Stammesgenossen von der Modernen Republik Liberia? weiter als die freien Stämme in ganz Afrika? Wir sehen an ihnen, wir sehen auch an Krunegern, Scmsibarern und andern, daß der Neger bildungsfähig ist, und soweit der Kampf um Raum und Leben es gestattet, wird auch in Afrika voraussichtlich einmal die europäische Erziehung >hr Werk thun. Nur soll man nicht wähnen, daß es mit Schulen, Missionen und Reden allein geschehen könne. Es kann sich natürlich nicht um legale Rchcibilitirung der Sklaverei handeln. Niemand hat in unsern KolonisationSgcsellschaften vorgeschlagen, die Sklaverei in der Weise in Anwendung zu bringen, wie es die Spanier vor hundert Jahren zur Zeit ihrer Assiuatopolitik, oder wie es die Römer in der Kaiserzeit thaten. Indessen wird von andern Seiten gegen jeden Zwang, der nur entfernt an Sklaverei erinnert, gepoltert, und nur freie Arbeit soll heilsam und statthaft sein. Die ist aber erfahrungsmäßig nicht oder nnr sehr unvoll¬ ständig zu haben. Der Neger arbeitet nur aus Hunger und aus Furcht. Will Man ihn arbeiten machen, so muß auf eiues dieser Motive gedrückt werden. Und arbeiten soll er ja, denn sonst giebt es für uns keine Tropeukolonien, sonst fehlt auch in der Arbeit selbst das wesentlichste Mittel der Erziehung des Negers.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/307>, abgerufen am 03.07.2024.