Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.Lamoens. solcher Lage nicht zu mir wandte, verrät mir mir zu Wohl, daß er das Tafeltuch Der Herbergswirt von Cintra sah forschend Barreto an, er konnte dessen Barreto sah glückselig auf das junge Weib, das sich so frei und sicher an Mehr als je, Alter! entgegnete der Schloßherr von Almocegema. Du Lamoens. solcher Lage nicht zu mir wandte, verrät mir mir zu Wohl, daß er das Tafeltuch Der Herbergswirt von Cintra sah forschend Barreto an, er konnte dessen Barreto sah glückselig auf das junge Weib, das sich so frei und sicher an Mehr als je, Alter! entgegnete der Schloßherr von Almocegema. Du <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0284" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/199004"/> <fw type="header" place="top"> Lamoens.</fw><lb/> <p xml:id="ID_773" prev="#ID_772"> solcher Lage nicht zu mir wandte, verrät mir mir zu Wohl, daß er das Tafeltuch<lb/> zwischen uns zerschnitten glaubt und vielleicht selbst fürchtet, daß mir sein<lb/> Unglück nicht heilig sein würde. Ich habe redlich um ihn gebangt, seit er — am<lb/> Tage unsrer Trauung, Esmah! — mein Hans verließ, und doch muß ich mich<lb/> selbst jetzt fragen, ob es ihm wohlthätig sein wird, uns wiederzusehen. Der<lb/> Ärmste muß innerlich Schweres erlitten haben, und er muß schwer krank sein,<lb/> Bartolomeo, im Hospital des Annenklosters nehmen sie mir solche Kranke auf.</p><lb/> <p xml:id="ID_774"> Der Herbergswirt von Cintra sah forschend Barreto an, er konnte dessen<lb/> Meinung im Augenblick nicht erraten. Ehe er ein Wort der Erwiederung fand,<lb/> rief Esmah, die jetzt der Landessprache völlig mächtig war, lebhaft: Umso<lb/> weniger laß uns zögern, Manuel! Wenn dein Freund traurig, hilflos und<lb/> krank ist, so mußt du dreifach eilen, zu ihm zu kommen. Wir senden Okaz<lb/> voraus, der sich überzeugt, daß Senhor Luis wirklich in dem Hospital des<lb/> Klosters Aufnahme gefunden hat, und wir bitten den Arzt oder einen Priester,<lb/> daß er ihn auf unsre Ankunft vorbereitet. Ob er es wollen mag oder nicht,<lb/> er muß unsre Hilfe annehmen, wenigstens ich habe ein gutes Recht auf ihn,<lb/> da er mir in schweren Tagen hilfreich gewesen ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_775"> Barreto sah glückselig auf das junge Weib, das sich so frei und sicher an<lb/> seiner Seite bewegte, und aus deren braunen Augen ein tiefes Mitgefühl für<lb/> die Trauer ihres Gemahls und doch zugleich die Zuversicht jugendlichen Mutes<lb/> leuchtete. Bartolomeo Okaz nickte zu dein, was er hörte, und drückte seine Zu¬<lb/> stimmung auf seine Weise aus, indem er kurz sagte: Die Pforte zum Anueu-<lb/> hospital findet sich in der nächsten Straße. Die Straße steigt ein wenig den<lb/> Hügel aufwär s; wenn Ihr mit Eurer Herrin langsam folgen wollt, Senhor<lb/> Manuel, so habe ich Zeit genug, meine Frage zu thun und für Euch, wie für<lb/> mich, um Einlaß zu bitten. Wollte Gott, Ihr fändet Senhor Luis in glück¬<lb/> licheren Umstünden, als Ihr glaubt, und sein Wort vermöchte über Euch, was<lb/> unser aller Bitten nicht vermochte! Ihr denkt noch immer daran, das Land<lb/> zu verlassen?</p><lb/> <p xml:id="ID_776" next="#ID_777"> Mehr als je, Alter! entgegnete der Schloßherr von Almocegema. Du<lb/> bist verstündig genug, um zu wissen, wie es hier steht. König Sebastians alter<lb/> Oheim, der die Krone trügt, wird nicht viel Jahre zu leben haben, Portugal<lb/> fällt — dank König Sebastian, seinen Klostergelübden und seinem Mauren¬<lb/> zug! — in spanische Hände. Der Prior von Belem und die Gesandten des<lb/> katholischen Königs, die vor zwei Jahren unter deinem Dache herbergten, haben<lb/> das Netz wohl gestrickt, dem wir uns nicht entwinden können. Unser Schwert<lb/> liegt gebrochen bei Alcaeer, und es wird langer Zeit bedürfen, ehe es wieder<lb/> zusammengeschweißt werden mag! Du kennst mich genug, um zu wissen, daß<lb/> ich gern mit dem Lande leiden würde. Allein König Philipp würde mir selbst<lb/> dazu wenig Zeit gönnen. Ich stehe oben auf der Liste derer, die er zum Tode<lb/> bestimmt hat. Als ich vor zwanzig Jahren mit Dom Antonio Pachcco an</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0284]
Lamoens.
solcher Lage nicht zu mir wandte, verrät mir mir zu Wohl, daß er das Tafeltuch
zwischen uns zerschnitten glaubt und vielleicht selbst fürchtet, daß mir sein
Unglück nicht heilig sein würde. Ich habe redlich um ihn gebangt, seit er — am
Tage unsrer Trauung, Esmah! — mein Hans verließ, und doch muß ich mich
selbst jetzt fragen, ob es ihm wohlthätig sein wird, uns wiederzusehen. Der
Ärmste muß innerlich Schweres erlitten haben, und er muß schwer krank sein,
Bartolomeo, im Hospital des Annenklosters nehmen sie mir solche Kranke auf.
Der Herbergswirt von Cintra sah forschend Barreto an, er konnte dessen
Meinung im Augenblick nicht erraten. Ehe er ein Wort der Erwiederung fand,
rief Esmah, die jetzt der Landessprache völlig mächtig war, lebhaft: Umso
weniger laß uns zögern, Manuel! Wenn dein Freund traurig, hilflos und
krank ist, so mußt du dreifach eilen, zu ihm zu kommen. Wir senden Okaz
voraus, der sich überzeugt, daß Senhor Luis wirklich in dem Hospital des
Klosters Aufnahme gefunden hat, und wir bitten den Arzt oder einen Priester,
daß er ihn auf unsre Ankunft vorbereitet. Ob er es wollen mag oder nicht,
er muß unsre Hilfe annehmen, wenigstens ich habe ein gutes Recht auf ihn,
da er mir in schweren Tagen hilfreich gewesen ist.
Barreto sah glückselig auf das junge Weib, das sich so frei und sicher an
seiner Seite bewegte, und aus deren braunen Augen ein tiefes Mitgefühl für
die Trauer ihres Gemahls und doch zugleich die Zuversicht jugendlichen Mutes
leuchtete. Bartolomeo Okaz nickte zu dein, was er hörte, und drückte seine Zu¬
stimmung auf seine Weise aus, indem er kurz sagte: Die Pforte zum Anueu-
hospital findet sich in der nächsten Straße. Die Straße steigt ein wenig den
Hügel aufwär s; wenn Ihr mit Eurer Herrin langsam folgen wollt, Senhor
Manuel, so habe ich Zeit genug, meine Frage zu thun und für Euch, wie für
mich, um Einlaß zu bitten. Wollte Gott, Ihr fändet Senhor Luis in glück¬
licheren Umstünden, als Ihr glaubt, und sein Wort vermöchte über Euch, was
unser aller Bitten nicht vermochte! Ihr denkt noch immer daran, das Land
zu verlassen?
Mehr als je, Alter! entgegnete der Schloßherr von Almocegema. Du
bist verstündig genug, um zu wissen, wie es hier steht. König Sebastians alter
Oheim, der die Krone trügt, wird nicht viel Jahre zu leben haben, Portugal
fällt — dank König Sebastian, seinen Klostergelübden und seinem Mauren¬
zug! — in spanische Hände. Der Prior von Belem und die Gesandten des
katholischen Königs, die vor zwei Jahren unter deinem Dache herbergten, haben
das Netz wohl gestrickt, dem wir uns nicht entwinden können. Unser Schwert
liegt gebrochen bei Alcaeer, und es wird langer Zeit bedürfen, ehe es wieder
zusammengeschweißt werden mag! Du kennst mich genug, um zu wissen, daß
ich gern mit dem Lande leiden würde. Allein König Philipp würde mir selbst
dazu wenig Zeit gönnen. Ich stehe oben auf der Liste derer, die er zum Tode
bestimmt hat. Als ich vor zwanzig Jahren mit Dom Antonio Pachcco an
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |