Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.Lamoöns. mir Jayme Leims die Kunde brachte, daß du eine Spur des verschollenen Okaz zog die krause Stirn in noch tiefere Runzeln, als gewöhnlich. Er Ich fürchtete es, daß er in tiefster Not wäre, versetzte Manuel Barreto. Ich höre, daß er Aufnahme im Hospital der heiligen Anna gefunden hat, Zuerst müssen wir erfahren, Freund, ob er uns sehen will und kann! siel Lamoöns. mir Jayme Leims die Kunde brachte, daß du eine Spur des verschollenen Okaz zog die krause Stirn in noch tiefere Runzeln, als gewöhnlich. Er Ich fürchtete es, daß er in tiefster Not wäre, versetzte Manuel Barreto. Ich höre, daß er Aufnahme im Hospital der heiligen Anna gefunden hat, Zuerst müssen wir erfahren, Freund, ob er uns sehen will und kann! siel <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0283" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/199003"/> <fw type="header" place="top"> Lamoöns.</fw><lb/> <p xml:id="ID_768" prev="#ID_767"> mir Jayme Leims die Kunde brachte, daß du eine Spur des verschollenen<lb/> Freundes aufgefunden hättest, brachen wir von Almocegema auf. Wir wären<lb/> früher hier gewesen, doch du weißt, wie es steht, das Land ist unsicher und<lb/> wimmelt von spanischen Dieben und Strolchen, die Quartier machen für den<lb/> Herzog von Alba und König Philipp, welche nachfolgen werden. Ich konnte<lb/> mit meiner Frau nicht ohne bewaffnetes Gefolge zur Hauptstadt kommen. Aber<lb/> es ist besser, so wenig wie möglich davon zu sprechen. Was weißt du über<lb/> Camoens?</p><lb/> <p xml:id="ID_769"> Okaz zog die krause Stirn in noch tiefere Runzeln, als gewöhnlich. Er<lb/> erwiederte leise, von Esmah ein wenig abgewandt: Ich hatte die Wohnung ge¬<lb/> sunden, in der er sich verbarg, wie ein wundes Edelwild in der Höhle. Erlaßt<lb/> »ur zu sagen, welch eine Wohnung es war — freilich dem Himmel näher als<lb/> der Erde — in den hohen Häusern, die Masearenhas, der Bahiakaufmcmn, hinter<lb/> der Praea da Figueira errichtet hat, im fünften Geschoß, eines Edelmannes<lb/> und vollends eines Mannes, wie er, unwürdig; allen heiligen Nothelfern sei<lb/> Dank, daß er von dort hinweg ist!</p><lb/> <p xml:id="ID_770"> Ich fürchtete es, daß er in tiefster Not wäre, versetzte Manuel Barreto.<lb/> Doch wenn er hinwegist, wo sollen wir ihn finden, was weißt du? Laß uns<lb/> nicht warten, Bartolomeo!</p><lb/> <p xml:id="ID_771"> Ich höre, daß er Aufnahme im Hospital der heiligen Anna gefunden hat,<lb/> sagte Okaz. Ich wollte Euer Kommen erwarten, Herr, ehe ich dort anpochte,<lb/> wollte hören, wie Ihr zu helfen gedenkt —</p><lb/> <p xml:id="ID_772" next="#ID_773"> Zuerst müssen wir erfahren, Freund, ob er uns sehen will und kann! siel<lb/> der Fidalgo dem Geschäftigen ins Wort. Dreimal war ich in Lissabon, seit<lb/> die Unheilskunde von Aleaeer uns zu Boden warf, dreimal bot ich alles auf,<lb/> den Freund zu finden, seitdem du mir von deiner Begegnung mit ihm an dem<lb/> Tage, wo die Kunde hierher gelangte, erzählt hast; an jedermann, der ihn auch<lb/> nur flüchtig kannte, habe ich mich gewandt, immer aufs neue, immer umsonst.<lb/> Dn weißt, Esmah, daß wir längst fürchten mußten, er lebe in tiefster Bedrängnis.<lb/> Warum sollte ich es dich nicht wissen lassen, Bartolomeo? Als ich meine Aus¬<lb/> wanderung eins unserm unglücklichen Lande vorzubereiten begann, die nun be¬<lb/> schlossene Sache ist, suchte ich einen Teil meines Gutes in Juwelen anzulegen.<lb/> welche man leicht mit sich führen kann. Und unter den köstlichen Steinen, die<lb/> nur die Juwelenhändler von Lissabon vorlegten, fand sich auch der Smaragd,<lb/> denn ich wohl kenne und den Camoens in bessern Tagen nicht von sich ließ.<lb/> Als ich diesen erblickte, wußte ich alles, und doch blieb er unauffindbar, selbst<lb/> der Drucker seiner Lusiaden konnte mir nichts sagen, als daß er ihn bei dem<lb/> großen Totenamt für König Sebastians Seele zuletzt gesehen habe und daß er<lb/> damals krank und verstört gewesen sei. Der Mann hatte nicht sonderlich darauf<lb/> geachtet; wie sollte er auch! krank bis ins Mark und verstört waren wir alle,<lb/> nachdem gekommen war, was kommeu mußte! Daß sich Camoens selbst in</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0283]
Lamoöns.
mir Jayme Leims die Kunde brachte, daß du eine Spur des verschollenen
Freundes aufgefunden hättest, brachen wir von Almocegema auf. Wir wären
früher hier gewesen, doch du weißt, wie es steht, das Land ist unsicher und
wimmelt von spanischen Dieben und Strolchen, die Quartier machen für den
Herzog von Alba und König Philipp, welche nachfolgen werden. Ich konnte
mit meiner Frau nicht ohne bewaffnetes Gefolge zur Hauptstadt kommen. Aber
es ist besser, so wenig wie möglich davon zu sprechen. Was weißt du über
Camoens?
Okaz zog die krause Stirn in noch tiefere Runzeln, als gewöhnlich. Er
erwiederte leise, von Esmah ein wenig abgewandt: Ich hatte die Wohnung ge¬
sunden, in der er sich verbarg, wie ein wundes Edelwild in der Höhle. Erlaßt
»ur zu sagen, welch eine Wohnung es war — freilich dem Himmel näher als
der Erde — in den hohen Häusern, die Masearenhas, der Bahiakaufmcmn, hinter
der Praea da Figueira errichtet hat, im fünften Geschoß, eines Edelmannes
und vollends eines Mannes, wie er, unwürdig; allen heiligen Nothelfern sei
Dank, daß er von dort hinweg ist!
Ich fürchtete es, daß er in tiefster Not wäre, versetzte Manuel Barreto.
Doch wenn er hinwegist, wo sollen wir ihn finden, was weißt du? Laß uns
nicht warten, Bartolomeo!
Ich höre, daß er Aufnahme im Hospital der heiligen Anna gefunden hat,
sagte Okaz. Ich wollte Euer Kommen erwarten, Herr, ehe ich dort anpochte,
wollte hören, wie Ihr zu helfen gedenkt —
Zuerst müssen wir erfahren, Freund, ob er uns sehen will und kann! siel
der Fidalgo dem Geschäftigen ins Wort. Dreimal war ich in Lissabon, seit
die Unheilskunde von Aleaeer uns zu Boden warf, dreimal bot ich alles auf,
den Freund zu finden, seitdem du mir von deiner Begegnung mit ihm an dem
Tage, wo die Kunde hierher gelangte, erzählt hast; an jedermann, der ihn auch
nur flüchtig kannte, habe ich mich gewandt, immer aufs neue, immer umsonst.
Dn weißt, Esmah, daß wir längst fürchten mußten, er lebe in tiefster Bedrängnis.
Warum sollte ich es dich nicht wissen lassen, Bartolomeo? Als ich meine Aus¬
wanderung eins unserm unglücklichen Lande vorzubereiten begann, die nun be¬
schlossene Sache ist, suchte ich einen Teil meines Gutes in Juwelen anzulegen.
welche man leicht mit sich führen kann. Und unter den köstlichen Steinen, die
nur die Juwelenhändler von Lissabon vorlegten, fand sich auch der Smaragd,
denn ich wohl kenne und den Camoens in bessern Tagen nicht von sich ließ.
Als ich diesen erblickte, wußte ich alles, und doch blieb er unauffindbar, selbst
der Drucker seiner Lusiaden konnte mir nichts sagen, als daß er ihn bei dem
großen Totenamt für König Sebastians Seele zuletzt gesehen habe und daß er
damals krank und verstört gewesen sei. Der Mann hatte nicht sonderlich darauf
geachtet; wie sollte er auch! krank bis ins Mark und verstört waren wir alle,
nachdem gekommen war, was kommeu mußte! Daß sich Camoens selbst in
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