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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Lamoens.

seinem Hofe war, habe ich mir den Haß des katholischen Königs durch ein allzu
keckes Wort zugezogen, König Philipps Haß aber verzeiht und vergißt nie.
Auch hätte er es allzuleicht, mich tief ins Leben zu treffen, seit ich Esmah
mein Weib nenne! Du weißt, wie sie Christin ward, und wie leicht es die
Diener des heiligen Amtes haben würden, sie von meiner Seite zu reißen und
zum Scheiterhaufen zu schicken, und das, Freund Okaz, will ich nicht erleben!
Ich gehe, sobald König Henriaue die Augen schließt, Almoeegema soll hinfort
den Hospitaliten gehören gegen die Verpflichtung, immer ein halbes Dutzend
Portugiesischer Krieger oder Seeleute im Hause aufzunehmen, welche in Indien
gefochten haben, so lange sich deren melden. Jetzt aber laß uns an nichts und
an niemand denken, als an ihn, den wir suchen.

Er wandte sich nach Esmah um, welche, einen rotblühenden Mandelbaum
betrachtend, hinter den beiden Männern einige Schritte zurückgeblieben war, und
deutete durch einen Blick seinem Begleiter an, nach Verabredung vorauszueilen.
Bartolomeo verstand die stumme Mahnung und obschon er gern seinem in¬
grimmigen Schmerze über alles, was er von dem Edelmanne vernahm, Luft
gemacht hätte, mußte er sich doch eingestehen, daß sich dazu ein andrer Tag
und eine bessere Stunde finden werde. So schritt er rüstig die Straße entlang,
in der die Begegnung stattgefunden hatte, den Hügel empor, vou dem der große
Klvsterbnu herabsah. Manuel Bcirrcto und sein Weib waren wieder allein,
Esmah legte ihren Arm fester auf den ihres Gemahls und blickte einige Mi¬
nuten schweigsam in seine Züge. Ihre ernsten, prüfenden Augen begegneten
einem mutigen Lächeln, gleichwohl sagte sie leise: Ich hörte es, Manuel, daß
es vor allem die Sorge um mich ist, welche dich vou Herd und Heimat treibt.
Ich wußte es nicht, als ich flüchtig und hilfeflehend zu dir kam, womit ich
dein Leben belastete, geliebter Mann, sonst Hütte ich an jenem Abende, als ich
mich durch Jayme Leiras von Cintra nach Almoeegema führen ließ, doch wohl
gezögert.

Die heilige Jungfrau sei gepriesen, Esmah, daß du es nicht wußtest! rief
der Edelmann. Ich kann dir kein Opfer bringen, welches dn mir nicht zuvor
reich gelohnt hättest, und mein Entschluß, Portugal zu verlassen, sobald es in
des spamscheu Königs harte Hände fällt, wäre auch gereift, wenn ich noch
allem durchs Leben ginge. Ich hoffe. daß wir auf Malta ein andres Al¬
moeegema gewinnen werden, und wenn nicht, uns selbst, unser Glück werden
wir dort erhalten, so lange es Gott gefällt. Wollte der Himmel, wir könnten
noch einige Jahre glücklicher Ruhe mit unserm armen Freunde teilen.

Ich wünsche nichts Besseres, aber ich wage es nicht zu hoffen, versetzte
Esmah, indem sie neben Varreto langsam die Httgelstraße hinaufzusteigen begann.
habe nie völlig verstanden, was der Grund seiner plötzlichen Trennung von
dir, von uns war, Manuel, aber ich bitte dich, berühre ihn mit keinem Worte
mehr, wenn wir Luis Camoens wiedersehen.


Lamoens.

seinem Hofe war, habe ich mir den Haß des katholischen Königs durch ein allzu
keckes Wort zugezogen, König Philipps Haß aber verzeiht und vergißt nie.
Auch hätte er es allzuleicht, mich tief ins Leben zu treffen, seit ich Esmah
mein Weib nenne! Du weißt, wie sie Christin ward, und wie leicht es die
Diener des heiligen Amtes haben würden, sie von meiner Seite zu reißen und
zum Scheiterhaufen zu schicken, und das, Freund Okaz, will ich nicht erleben!
Ich gehe, sobald König Henriaue die Augen schließt, Almoeegema soll hinfort
den Hospitaliten gehören gegen die Verpflichtung, immer ein halbes Dutzend
Portugiesischer Krieger oder Seeleute im Hause aufzunehmen, welche in Indien
gefochten haben, so lange sich deren melden. Jetzt aber laß uns an nichts und
an niemand denken, als an ihn, den wir suchen.

Er wandte sich nach Esmah um, welche, einen rotblühenden Mandelbaum
betrachtend, hinter den beiden Männern einige Schritte zurückgeblieben war, und
deutete durch einen Blick seinem Begleiter an, nach Verabredung vorauszueilen.
Bartolomeo verstand die stumme Mahnung und obschon er gern seinem in¬
grimmigen Schmerze über alles, was er von dem Edelmanne vernahm, Luft
gemacht hätte, mußte er sich doch eingestehen, daß sich dazu ein andrer Tag
und eine bessere Stunde finden werde. So schritt er rüstig die Straße entlang,
in der die Begegnung stattgefunden hatte, den Hügel empor, vou dem der große
Klvsterbnu herabsah. Manuel Bcirrcto und sein Weib waren wieder allein,
Esmah legte ihren Arm fester auf den ihres Gemahls und blickte einige Mi¬
nuten schweigsam in seine Züge. Ihre ernsten, prüfenden Augen begegneten
einem mutigen Lächeln, gleichwohl sagte sie leise: Ich hörte es, Manuel, daß
es vor allem die Sorge um mich ist, welche dich vou Herd und Heimat treibt.
Ich wußte es nicht, als ich flüchtig und hilfeflehend zu dir kam, womit ich
dein Leben belastete, geliebter Mann, sonst Hütte ich an jenem Abende, als ich
mich durch Jayme Leiras von Cintra nach Almoeegema führen ließ, doch wohl
gezögert.

Die heilige Jungfrau sei gepriesen, Esmah, daß du es nicht wußtest! rief
der Edelmann. Ich kann dir kein Opfer bringen, welches dn mir nicht zuvor
reich gelohnt hättest, und mein Entschluß, Portugal zu verlassen, sobald es in
des spamscheu Königs harte Hände fällt, wäre auch gereift, wenn ich noch
allem durchs Leben ginge. Ich hoffe. daß wir auf Malta ein andres Al¬
moeegema gewinnen werden, und wenn nicht, uns selbst, unser Glück werden
wir dort erhalten, so lange es Gott gefällt. Wollte der Himmel, wir könnten
noch einige Jahre glücklicher Ruhe mit unserm armen Freunde teilen.

Ich wünsche nichts Besseres, aber ich wage es nicht zu hoffen, versetzte
Esmah, indem sie neben Varreto langsam die Httgelstraße hinaufzusteigen begann.
habe nie völlig verstanden, was der Grund seiner plötzlichen Trennung von
dir, von uns war, Manuel, aber ich bitte dich, berühre ihn mit keinem Worte
mehr, wenn wir Luis Camoens wiedersehen.


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[0285] Lamoens. seinem Hofe war, habe ich mir den Haß des katholischen Königs durch ein allzu keckes Wort zugezogen, König Philipps Haß aber verzeiht und vergißt nie. Auch hätte er es allzuleicht, mich tief ins Leben zu treffen, seit ich Esmah mein Weib nenne! Du weißt, wie sie Christin ward, und wie leicht es die Diener des heiligen Amtes haben würden, sie von meiner Seite zu reißen und zum Scheiterhaufen zu schicken, und das, Freund Okaz, will ich nicht erleben! Ich gehe, sobald König Henriaue die Augen schließt, Almoeegema soll hinfort den Hospitaliten gehören gegen die Verpflichtung, immer ein halbes Dutzend Portugiesischer Krieger oder Seeleute im Hause aufzunehmen, welche in Indien gefochten haben, so lange sich deren melden. Jetzt aber laß uns an nichts und an niemand denken, als an ihn, den wir suchen. Er wandte sich nach Esmah um, welche, einen rotblühenden Mandelbaum betrachtend, hinter den beiden Männern einige Schritte zurückgeblieben war, und deutete durch einen Blick seinem Begleiter an, nach Verabredung vorauszueilen. Bartolomeo verstand die stumme Mahnung und obschon er gern seinem in¬ grimmigen Schmerze über alles, was er von dem Edelmanne vernahm, Luft gemacht hätte, mußte er sich doch eingestehen, daß sich dazu ein andrer Tag und eine bessere Stunde finden werde. So schritt er rüstig die Straße entlang, in der die Begegnung stattgefunden hatte, den Hügel empor, vou dem der große Klvsterbnu herabsah. Manuel Bcirrcto und sein Weib waren wieder allein, Esmah legte ihren Arm fester auf den ihres Gemahls und blickte einige Mi¬ nuten schweigsam in seine Züge. Ihre ernsten, prüfenden Augen begegneten einem mutigen Lächeln, gleichwohl sagte sie leise: Ich hörte es, Manuel, daß es vor allem die Sorge um mich ist, welche dich vou Herd und Heimat treibt. Ich wußte es nicht, als ich flüchtig und hilfeflehend zu dir kam, womit ich dein Leben belastete, geliebter Mann, sonst Hütte ich an jenem Abende, als ich mich durch Jayme Leiras von Cintra nach Almoeegema führen ließ, doch wohl gezögert. Die heilige Jungfrau sei gepriesen, Esmah, daß du es nicht wußtest! rief der Edelmann. Ich kann dir kein Opfer bringen, welches dn mir nicht zuvor reich gelohnt hättest, und mein Entschluß, Portugal zu verlassen, sobald es in des spamscheu Königs harte Hände fällt, wäre auch gereift, wenn ich noch allem durchs Leben ginge. Ich hoffe. daß wir auf Malta ein andres Al¬ moeegema gewinnen werden, und wenn nicht, uns selbst, unser Glück werden wir dort erhalten, so lange es Gott gefällt. Wollte der Himmel, wir könnten noch einige Jahre glücklicher Ruhe mit unserm armen Freunde teilen. Ich wünsche nichts Besseres, aber ich wage es nicht zu hoffen, versetzte Esmah, indem sie neben Varreto langsam die Httgelstraße hinaufzusteigen begann. habe nie völlig verstanden, was der Grund seiner plötzlichen Trennung von dir, von uns war, Manuel, aber ich bitte dich, berühre ihn mit keinem Worte mehr, wenn wir Luis Camoens wiedersehen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/285>, abgerufen am 22.07.2024.