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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Die Begründer der Fabrikation europäischen Zuckers.

lateinischen Original gemachten französischen Übersetzung unter dem Titel:
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no divorsos Muth8, <^al. vroi88vnd äans Q08 ooiiti^L8 in den Berichten seiner
Akademie erschien und in deutscher Übertragung an der Spitze der Anlagen zu
der Scheiblerschen Festschrift als "der Grundpfeiler, worauf sich der mächtige
Bau der europäischen Zuckerindustrie erhoben hat," mitgeteilt wird. Marggraf
war in seiner rein wissenschaftlichen Stellung nicht der Mann, seine Entdeckung
Praktisch zu verwerten, er begnügte sich, sie zu veröffentlichen. Doch hat er
deren Tragweite für die Landwirtschaft sicher weder verkannt noch aus den
Augen verloren. In seiner Abhandlung sagt er: "Der arme Landmann könnte
statt des teuern Zuckers oder schlechten Syrups unsern Pflanzenzucker gebrauchen,
wenn er mit Hilfe gewisser Maschinen den Saft auspreßte, ihn einigermaßen
reinigte und ihn schließlich zu Syrup eindickte... Vielleicht könnten auch die
Rückstände von den Pressen noch benutzt werden" -- eine Bemerkung, in welcher
unsre heutige Nübenzuckerindustrie als Keim liegt. Marggraf war ferner darauf
bedacht, eine einfache Methode der Zuckerdarstellung ohne Alkohol auszubilden.
Endlich ist es gewiß kein Zufall, daß es später einer seiner besten Schüler war,
der seinen wissenschaftlichen Fund für das Leben nutzbar zu gestalten erfolgreich
bemüht war.

Dies war Franz Karl Achard, 1753 zu Berlin geboren, frühzeitig Mit¬
glied der dortigen Akademie der Wissenschaften, nach Marggraff Ableben Di¬
rektor der physikalisch-mathematischen Klasse derselben und Verfasser zahlreicher
Schriften über die Kultur der Runkelrüben und die Darstellung von Zucker
aus diesen Gewächsen -- Gewerbszweige, die er Jahre lang als Landwirt und
Fabrikant zu entwickeln und zu verbessern rastlos bestrebt war. Gern, aber
zugleich mit Wehmut, folgt man dem Gange dieser Arbeiten, denen er sich
lediglich "aus heißer Liebe für das preußische Vaterland," wie er selbst in einer
1799 erschienenen Schrift sagt, widmete, denen er sein Vermögen opferte, und
von denen er sich weder durch Mißgeschicke und Enttäuschungen noch durch
hämische Angriffe abschrecken ließ, bis er endlich alt und lebensmüde wurde,
die Kriegsfackel in Deutschland die Werke des Friedens störte und gefährdete
und eine Feuersbrunst seine Fabrik einäscherte. Ihm gebührt die dankbarste
Verehrung in den Kreisen aller mittelbar oder unmittelbar zur europäische"
Zuckerindustrie in Beziehung stehenden -- einer Industrie, deren segensreiche
Folgen er voraussah, deren Blüte er aber nicht erleben sollte.

Achard hatte sich zunächst, etwa seit 1786, ans dem Gute Caulsdorf bei
Berlin, dann in Französisch-Bnchholtz, nicht weit von da, mit der Kultur von
Runkelrüben beschäftigt, um die Bedingungen kennen zu lernen, welche zu er¬
füllen sind, wenn Rüben erzielt werden sollen, die nicht allein reich an Zucker-
stoff, sondern gleichzeitig arm an solchen Bestandteilen sind, welche diesen ver¬
unreinigen und die Abscheidung desselben erschweren. Als er sich des Er-


Grenzbvten III. 1386. 29
Die Begründer der Fabrikation europäischen Zuckers.

lateinischen Original gemachten französischen Übersetzung unter dem Titel:
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Akademie erschien und in deutscher Übertragung an der Spitze der Anlagen zu
der Scheiblerschen Festschrift als „der Grundpfeiler, worauf sich der mächtige
Bau der europäischen Zuckerindustrie erhoben hat," mitgeteilt wird. Marggraf
war in seiner rein wissenschaftlichen Stellung nicht der Mann, seine Entdeckung
Praktisch zu verwerten, er begnügte sich, sie zu veröffentlichen. Doch hat er
deren Tragweite für die Landwirtschaft sicher weder verkannt noch aus den
Augen verloren. In seiner Abhandlung sagt er: „Der arme Landmann könnte
statt des teuern Zuckers oder schlechten Syrups unsern Pflanzenzucker gebrauchen,
wenn er mit Hilfe gewisser Maschinen den Saft auspreßte, ihn einigermaßen
reinigte und ihn schließlich zu Syrup eindickte... Vielleicht könnten auch die
Rückstände von den Pressen noch benutzt werden" — eine Bemerkung, in welcher
unsre heutige Nübenzuckerindustrie als Keim liegt. Marggraf war ferner darauf
bedacht, eine einfache Methode der Zuckerdarstellung ohne Alkohol auszubilden.
Endlich ist es gewiß kein Zufall, daß es später einer seiner besten Schüler war,
der seinen wissenschaftlichen Fund für das Leben nutzbar zu gestalten erfolgreich
bemüht war.

Dies war Franz Karl Achard, 1753 zu Berlin geboren, frühzeitig Mit¬
glied der dortigen Akademie der Wissenschaften, nach Marggraff Ableben Di¬
rektor der physikalisch-mathematischen Klasse derselben und Verfasser zahlreicher
Schriften über die Kultur der Runkelrüben und die Darstellung von Zucker
aus diesen Gewächsen — Gewerbszweige, die er Jahre lang als Landwirt und
Fabrikant zu entwickeln und zu verbessern rastlos bestrebt war. Gern, aber
zugleich mit Wehmut, folgt man dem Gange dieser Arbeiten, denen er sich
lediglich „aus heißer Liebe für das preußische Vaterland," wie er selbst in einer
1799 erschienenen Schrift sagt, widmete, denen er sein Vermögen opferte, und
von denen er sich weder durch Mißgeschicke und Enttäuschungen noch durch
hämische Angriffe abschrecken ließ, bis er endlich alt und lebensmüde wurde,
die Kriegsfackel in Deutschland die Werke des Friedens störte und gefährdete
und eine Feuersbrunst seine Fabrik einäscherte. Ihm gebührt die dankbarste
Verehrung in den Kreisen aller mittelbar oder unmittelbar zur europäische»
Zuckerindustrie in Beziehung stehenden — einer Industrie, deren segensreiche
Folgen er voraussah, deren Blüte er aber nicht erleben sollte.

Achard hatte sich zunächst, etwa seit 1786, ans dem Gute Caulsdorf bei
Berlin, dann in Französisch-Bnchholtz, nicht weit von da, mit der Kultur von
Runkelrüben beschäftigt, um die Bedingungen kennen zu lernen, welche zu er¬
füllen sind, wenn Rüben erzielt werden sollen, die nicht allein reich an Zucker-
stoff, sondern gleichzeitig arm an solchen Bestandteilen sind, welche diesen ver¬
unreinigen und die Abscheidung desselben erschweren. Als er sich des Er-


Grenzbvten III. 1386. 29
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[0233] Die Begründer der Fabrikation europäischen Zuckers. lateinischen Original gemachten französischen Übersetzung unter dem Titel: IÜxxvri<zuo<Z8 c;nxnri^us8 tÄit.68 äg,ii8 1<z ä«Z88sin av tirsr un vorn^dio suorv no divorsos Muth8, <^al. vroi88vnd äans Q08 ooiiti^L8 in den Berichten seiner Akademie erschien und in deutscher Übertragung an der Spitze der Anlagen zu der Scheiblerschen Festschrift als „der Grundpfeiler, worauf sich der mächtige Bau der europäischen Zuckerindustrie erhoben hat," mitgeteilt wird. Marggraf war in seiner rein wissenschaftlichen Stellung nicht der Mann, seine Entdeckung Praktisch zu verwerten, er begnügte sich, sie zu veröffentlichen. Doch hat er deren Tragweite für die Landwirtschaft sicher weder verkannt noch aus den Augen verloren. In seiner Abhandlung sagt er: „Der arme Landmann könnte statt des teuern Zuckers oder schlechten Syrups unsern Pflanzenzucker gebrauchen, wenn er mit Hilfe gewisser Maschinen den Saft auspreßte, ihn einigermaßen reinigte und ihn schließlich zu Syrup eindickte... Vielleicht könnten auch die Rückstände von den Pressen noch benutzt werden" — eine Bemerkung, in welcher unsre heutige Nübenzuckerindustrie als Keim liegt. Marggraf war ferner darauf bedacht, eine einfache Methode der Zuckerdarstellung ohne Alkohol auszubilden. Endlich ist es gewiß kein Zufall, daß es später einer seiner besten Schüler war, der seinen wissenschaftlichen Fund für das Leben nutzbar zu gestalten erfolgreich bemüht war. Dies war Franz Karl Achard, 1753 zu Berlin geboren, frühzeitig Mit¬ glied der dortigen Akademie der Wissenschaften, nach Marggraff Ableben Di¬ rektor der physikalisch-mathematischen Klasse derselben und Verfasser zahlreicher Schriften über die Kultur der Runkelrüben und die Darstellung von Zucker aus diesen Gewächsen — Gewerbszweige, die er Jahre lang als Landwirt und Fabrikant zu entwickeln und zu verbessern rastlos bestrebt war. Gern, aber zugleich mit Wehmut, folgt man dem Gange dieser Arbeiten, denen er sich lediglich „aus heißer Liebe für das preußische Vaterland," wie er selbst in einer 1799 erschienenen Schrift sagt, widmete, denen er sein Vermögen opferte, und von denen er sich weder durch Mißgeschicke und Enttäuschungen noch durch hämische Angriffe abschrecken ließ, bis er endlich alt und lebensmüde wurde, die Kriegsfackel in Deutschland die Werke des Friedens störte und gefährdete und eine Feuersbrunst seine Fabrik einäscherte. Ihm gebührt die dankbarste Verehrung in den Kreisen aller mittelbar oder unmittelbar zur europäische» Zuckerindustrie in Beziehung stehenden — einer Industrie, deren segensreiche Folgen er voraussah, deren Blüte er aber nicht erleben sollte. Achard hatte sich zunächst, etwa seit 1786, ans dem Gute Caulsdorf bei Berlin, dann in Französisch-Bnchholtz, nicht weit von da, mit der Kultur von Runkelrüben beschäftigt, um die Bedingungen kennen zu lernen, welche zu er¬ füllen sind, wenn Rüben erzielt werden sollen, die nicht allein reich an Zucker- stoff, sondern gleichzeitig arm an solchen Bestandteilen sind, welche diesen ver¬ unreinigen und die Abscheidung desselben erschweren. Als er sich des Er- Grenzbvten III. 1386. 29

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/233>, abgerufen am 22.07.2024.