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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Die Begründer der Fabrikation europäischen Zuckers.

folges sicher glaubte, legte er die gesammelten Erfahrungen dem Könige
Friedrich Wilhelm dem Dritten vermittelst einer Jmmediatvorstellung vom
11. Januar 1799 vor, worin er unter Hinweis auf die Wichtigkeit einer Ge¬
winnung von Zucker aus Runkelrüben für das Interesse des preußischen Staates
und das Wohl der Bevölkerung desselben bat, "ihm ein xrivilogimri oxeluÄvum
auf zehn Jahre zu dieser einländischen Zuckerfabrikation allergnädigst zu be¬
willigen und ihm durch die Schenkung eines Gutes von hinreichendem Um¬
fange, dessen Boden sich für den Rübenbau qualifizire, in den Stand zu setzen,
diese Entreprise auszuführen." Schon vier Tage darauf erging eine Kabinets-
ordre an das Generaldirektorium, welche zeigt, mit wie lebhaftem Interesse
Achards Bericht entgegengenommen worden war. Mit richtigem Blicke würdigt sie
den bedeutenden Nutzen einer Fabrikation von inländischen Zucker und befiehlt
demgemäß sofort umfassende Anbnnversuche mit Rüben auf geeigneten Ackern
der Domänen aller Provinzen des Staates auf königliche Kosten anzustellen.
Achard wird für den Fall der Bestätigung seiner "wichtigen Erfindung" eine
königliche Belohnung verheißen, die Erteilung des erbetenen Privilegiums aber
ini Hinblick auf das Interesse der bestehenden Raffinerien abgelehnt. Wieder
nur vier Tage später beauftragte eine weitere Kabinetsordre das General-
dircktorium, die Nichtigkeit der Achardschen Angaben und die Ausführbarkeit der
Zuckerfabrikation aus Runkelrüben genau zu prüfen. Dies geschah unter Auf¬
sicht einer Kommission im Laboratorium des Professors Klaproth mit einer
größern Quantität von Rüben, welche der Gastwirt Sobbe in Halberstadt nach
der Kulturmethode Achards erbaut und letzterer angekauft hatte, und schon am
28. März konnte dieser dein Generaldirektorium den günstigen Verlauf der
Untersuchung melden. Er lenkte dabei die Aufmerksamkeit jener Behörde auf
den Umstand, daß allein die richtige Kultur der Runkelrübe die Basis eines
glücklichen Fortganges der Zuckerfabrikcitiou sei, und erbot sich, damit der Bau
geeigneter Rüben, d. h. solcher mit viel Zucker und wenig Schleim, bald im
Lande verbreitet werde, seine vieljährigen Erfahrungen in der Sache sogleich
mitzuteilen, sodaß sie schleunigst durch öffentliche und amtliche Organe publizirt
und noch bei der bevorstehende" Nübenaussaat in den preußischen Staaten in
Anwendung gebracht werden könnten. Diese Bekanntmachung wurde durch
Kabinetsordre vom 1. April 1799 angeordnet, und infolge dessen von Achard
eine Abhandlung eingereicht, welche die Kultur der Runkelrübe beschrieb und
vom Generaldirektorium veröffentlicht wurde. "Diese Abhandlung ist, wie
Scheibler sagt, ein interessantes Zeugnis für die ungewöhnliche Begabung ihres
Verfassers. . . . Wie sie zeigt, sind Achard leine Momente unbekannt geblieben,
welche beim Rübenbau von schädlichem oder heilsamem Einflüsse sind, und er
hatte sie alle in verständnisvoller Weise zu umgehen oder zu benutzen gewußt. . . .
Man darf ihn sonach als den Begründer nicht allein der Nübcnzuckerfabrikation,
sondern ganz besonders auch eiuer rationellen Nübenkultur bezeichnen."


Die Begründer der Fabrikation europäischen Zuckers.

folges sicher glaubte, legte er die gesammelten Erfahrungen dem Könige
Friedrich Wilhelm dem Dritten vermittelst einer Jmmediatvorstellung vom
11. Januar 1799 vor, worin er unter Hinweis auf die Wichtigkeit einer Ge¬
winnung von Zucker aus Runkelrüben für das Interesse des preußischen Staates
und das Wohl der Bevölkerung desselben bat, „ihm ein xrivilogimri oxeluÄvum
auf zehn Jahre zu dieser einländischen Zuckerfabrikation allergnädigst zu be¬
willigen und ihm durch die Schenkung eines Gutes von hinreichendem Um¬
fange, dessen Boden sich für den Rübenbau qualifizire, in den Stand zu setzen,
diese Entreprise auszuführen." Schon vier Tage darauf erging eine Kabinets-
ordre an das Generaldirektorium, welche zeigt, mit wie lebhaftem Interesse
Achards Bericht entgegengenommen worden war. Mit richtigem Blicke würdigt sie
den bedeutenden Nutzen einer Fabrikation von inländischen Zucker und befiehlt
demgemäß sofort umfassende Anbnnversuche mit Rüben auf geeigneten Ackern
der Domänen aller Provinzen des Staates auf königliche Kosten anzustellen.
Achard wird für den Fall der Bestätigung seiner „wichtigen Erfindung" eine
königliche Belohnung verheißen, die Erteilung des erbetenen Privilegiums aber
ini Hinblick auf das Interesse der bestehenden Raffinerien abgelehnt. Wieder
nur vier Tage später beauftragte eine weitere Kabinetsordre das General-
dircktorium, die Nichtigkeit der Achardschen Angaben und die Ausführbarkeit der
Zuckerfabrikation aus Runkelrüben genau zu prüfen. Dies geschah unter Auf¬
sicht einer Kommission im Laboratorium des Professors Klaproth mit einer
größern Quantität von Rüben, welche der Gastwirt Sobbe in Halberstadt nach
der Kulturmethode Achards erbaut und letzterer angekauft hatte, und schon am
28. März konnte dieser dein Generaldirektorium den günstigen Verlauf der
Untersuchung melden. Er lenkte dabei die Aufmerksamkeit jener Behörde auf
den Umstand, daß allein die richtige Kultur der Runkelrübe die Basis eines
glücklichen Fortganges der Zuckerfabrikcitiou sei, und erbot sich, damit der Bau
geeigneter Rüben, d. h. solcher mit viel Zucker und wenig Schleim, bald im
Lande verbreitet werde, seine vieljährigen Erfahrungen in der Sache sogleich
mitzuteilen, sodaß sie schleunigst durch öffentliche und amtliche Organe publizirt
und noch bei der bevorstehende» Nübenaussaat in den preußischen Staaten in
Anwendung gebracht werden könnten. Diese Bekanntmachung wurde durch
Kabinetsordre vom 1. April 1799 angeordnet, und infolge dessen von Achard
eine Abhandlung eingereicht, welche die Kultur der Runkelrübe beschrieb und
vom Generaldirektorium veröffentlicht wurde. „Diese Abhandlung ist, wie
Scheibler sagt, ein interessantes Zeugnis für die ungewöhnliche Begabung ihres
Verfassers. . . . Wie sie zeigt, sind Achard leine Momente unbekannt geblieben,
welche beim Rübenbau von schädlichem oder heilsamem Einflüsse sind, und er
hatte sie alle in verständnisvoller Weise zu umgehen oder zu benutzen gewußt. . . .
Man darf ihn sonach als den Begründer nicht allein der Nübcnzuckerfabrikation,
sondern ganz besonders auch eiuer rationellen Nübenkultur bezeichnen."


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[0234] Die Begründer der Fabrikation europäischen Zuckers. folges sicher glaubte, legte er die gesammelten Erfahrungen dem Könige Friedrich Wilhelm dem Dritten vermittelst einer Jmmediatvorstellung vom 11. Januar 1799 vor, worin er unter Hinweis auf die Wichtigkeit einer Ge¬ winnung von Zucker aus Runkelrüben für das Interesse des preußischen Staates und das Wohl der Bevölkerung desselben bat, „ihm ein xrivilogimri oxeluÄvum auf zehn Jahre zu dieser einländischen Zuckerfabrikation allergnädigst zu be¬ willigen und ihm durch die Schenkung eines Gutes von hinreichendem Um¬ fange, dessen Boden sich für den Rübenbau qualifizire, in den Stand zu setzen, diese Entreprise auszuführen." Schon vier Tage darauf erging eine Kabinets- ordre an das Generaldirektorium, welche zeigt, mit wie lebhaftem Interesse Achards Bericht entgegengenommen worden war. Mit richtigem Blicke würdigt sie den bedeutenden Nutzen einer Fabrikation von inländischen Zucker und befiehlt demgemäß sofort umfassende Anbnnversuche mit Rüben auf geeigneten Ackern der Domänen aller Provinzen des Staates auf königliche Kosten anzustellen. Achard wird für den Fall der Bestätigung seiner „wichtigen Erfindung" eine königliche Belohnung verheißen, die Erteilung des erbetenen Privilegiums aber ini Hinblick auf das Interesse der bestehenden Raffinerien abgelehnt. Wieder nur vier Tage später beauftragte eine weitere Kabinetsordre das General- dircktorium, die Nichtigkeit der Achardschen Angaben und die Ausführbarkeit der Zuckerfabrikation aus Runkelrüben genau zu prüfen. Dies geschah unter Auf¬ sicht einer Kommission im Laboratorium des Professors Klaproth mit einer größern Quantität von Rüben, welche der Gastwirt Sobbe in Halberstadt nach der Kulturmethode Achards erbaut und letzterer angekauft hatte, und schon am 28. März konnte dieser dein Generaldirektorium den günstigen Verlauf der Untersuchung melden. Er lenkte dabei die Aufmerksamkeit jener Behörde auf den Umstand, daß allein die richtige Kultur der Runkelrübe die Basis eines glücklichen Fortganges der Zuckerfabrikcitiou sei, und erbot sich, damit der Bau geeigneter Rüben, d. h. solcher mit viel Zucker und wenig Schleim, bald im Lande verbreitet werde, seine vieljährigen Erfahrungen in der Sache sogleich mitzuteilen, sodaß sie schleunigst durch öffentliche und amtliche Organe publizirt und noch bei der bevorstehende» Nübenaussaat in den preußischen Staaten in Anwendung gebracht werden könnten. Diese Bekanntmachung wurde durch Kabinetsordre vom 1. April 1799 angeordnet, und infolge dessen von Achard eine Abhandlung eingereicht, welche die Kultur der Runkelrübe beschrieb und vom Generaldirektorium veröffentlicht wurde. „Diese Abhandlung ist, wie Scheibler sagt, ein interessantes Zeugnis für die ungewöhnliche Begabung ihres Verfassers. . . . Wie sie zeigt, sind Achard leine Momente unbekannt geblieben, welche beim Rübenbau von schädlichem oder heilsamem Einflüsse sind, und er hatte sie alle in verständnisvoller Weise zu umgehen oder zu benutzen gewußt. . . . Man darf ihn sonach als den Begründer nicht allein der Nübcnzuckerfabrikation, sondern ganz besonders auch eiuer rationellen Nübenkultur bezeichnen."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/234>, abgerufen am 22.07.2024.