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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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Ihre Namen wurden dann zum Zeichen des Dankes in den Vorreden oder in
den Schlußschriftcu genannt und mit gebührendem Lobe bedacht. Da aber
derartige edle Regungen zu allen Zeiten nur als Ausnahmen auftreten, sahen
sich die Verleger in den meisten Fällen darauf angewiesen, mit ihren eignen
Kräften das Wagnis zu unternehmen, und Kvberger wußte Mittel und Wege
zu finden, auch ohne fremde Beihilfe Großes ins Werk zu setzen.

Er schloß sich dabei eng an die bestehenden Verhältnisse seiner Zeit an,
indem er die damals übliche Assoziation der Handelsgesellschaften auch in dem
Buchhandel einführte. Wie es bei diesen Brauch war, sich nur für bestimmte
Unternehmungen zusammenzuthun, so trat auch Koberger mit andern Buchdruckern
zunächst nur für kurze Zeit, ja sogar nur zur Herstellung eines einzigen Werkes
in Verbindung und erneuerte dieselbe je nach Bedürfnis von Fall zu Fall.
Mit großer Klugheit verstand er es, die Interessen seiner Rivalen mit seinen
eigne" zu verketten und einen gefährlichen Wettbewerb gelegentlich durch gütliche
Vereinbarung zu beseitigen. Beide Teile fanden bei dieser Art des Geschäftes,
das eine Art von Kommanditbeteiligung darstellt, ihre Rechnung. Die kleinern,
kapitalarmen Drucker sahen sich so in den Stand gesetzt, unausgesetzt ihre Presse
zu beschäftigen, und nahmen an dem großen Verkehr teil; Koberger aber wehrte
den gefährlichsten Feind aller buchhändlerischen Unternehmungen zu seiner Zeit
ab, den Nachdruck, der ihn sonst um die Früchte seiner Bemühungen ge¬
bracht hätte.

Denn von einem Schutze des geistigen Eigentums wußte jene Zeit noch
nichts, und erst allmählich gelang es den Druckern, ein Privilegium als Schlitz
gegen den Nachdruck zu erwerben, entweder Vonseiten ihrer städtischen Behörden
oder von dem Landesherrn, oder auch vom Kaiser, oder vom Papst, allerdings
zunächst nur für die kurze Frist weniger Jahre. Da galt es denn, sich selbst
zu wehren und durch Klugheit das zu erreichen, was auf dem Wege des Gesetzes
nicht erreicht werden konnte. Die Mittel zur Verhütung des Nachdrucks, welche
.Koberger anwandte, waren alle Wohl berechnet. Hase faßt sie in folgender Weise
zusammen: "Vereinbarungen wider Nachdruck mit angesehenen Druckerverlegeru,
Beschäftigung der unternehmungslustigen Drucker in den Hauptdruckvrtcu,
Kommauditauteilnahme an deren eignen Unternehmungen sowie Vereinbarung
weit hinansgeschobener Zahlfristen, Androhung der Zahluugsverweigerung bei
Schädigung durch Nachdruck; aufmerksames Erforschen aller geplanten Unter¬
nehmungen, Heimlichhalten der eiguen Pläne, Zurückhaltung der zum erstenmale
gedruckten Werke bis zur völligen Vollendung, billiges Losschlagen der durch
drohenden Nachdruck entwerteten eignen Ausgabe auf entlegenen Verkehrsgcbieten,
Auflauf der Nachdrucksausgaben, vor allen: die Beherrschung des gesamten
Literaturgebietes."

Minder gefährlich als der Nachdruck war dagegen in Kobergers Tagen die
von den geistlichen Behörden ausgehende Zensur, da sie sich damals noch nicht


Ihre Namen wurden dann zum Zeichen des Dankes in den Vorreden oder in
den Schlußschriftcu genannt und mit gebührendem Lobe bedacht. Da aber
derartige edle Regungen zu allen Zeiten nur als Ausnahmen auftreten, sahen
sich die Verleger in den meisten Fällen darauf angewiesen, mit ihren eignen
Kräften das Wagnis zu unternehmen, und Kvberger wußte Mittel und Wege
zu finden, auch ohne fremde Beihilfe Großes ins Werk zu setzen.

Er schloß sich dabei eng an die bestehenden Verhältnisse seiner Zeit an,
indem er die damals übliche Assoziation der Handelsgesellschaften auch in dem
Buchhandel einführte. Wie es bei diesen Brauch war, sich nur für bestimmte
Unternehmungen zusammenzuthun, so trat auch Koberger mit andern Buchdruckern
zunächst nur für kurze Zeit, ja sogar nur zur Herstellung eines einzigen Werkes
in Verbindung und erneuerte dieselbe je nach Bedürfnis von Fall zu Fall.
Mit großer Klugheit verstand er es, die Interessen seiner Rivalen mit seinen
eigne» zu verketten und einen gefährlichen Wettbewerb gelegentlich durch gütliche
Vereinbarung zu beseitigen. Beide Teile fanden bei dieser Art des Geschäftes,
das eine Art von Kommanditbeteiligung darstellt, ihre Rechnung. Die kleinern,
kapitalarmen Drucker sahen sich so in den Stand gesetzt, unausgesetzt ihre Presse
zu beschäftigen, und nahmen an dem großen Verkehr teil; Koberger aber wehrte
den gefährlichsten Feind aller buchhändlerischen Unternehmungen zu seiner Zeit
ab, den Nachdruck, der ihn sonst um die Früchte seiner Bemühungen ge¬
bracht hätte.

Denn von einem Schutze des geistigen Eigentums wußte jene Zeit noch
nichts, und erst allmählich gelang es den Druckern, ein Privilegium als Schlitz
gegen den Nachdruck zu erwerben, entweder Vonseiten ihrer städtischen Behörden
oder von dem Landesherrn, oder auch vom Kaiser, oder vom Papst, allerdings
zunächst nur für die kurze Frist weniger Jahre. Da galt es denn, sich selbst
zu wehren und durch Klugheit das zu erreichen, was auf dem Wege des Gesetzes
nicht erreicht werden konnte. Die Mittel zur Verhütung des Nachdrucks, welche
.Koberger anwandte, waren alle Wohl berechnet. Hase faßt sie in folgender Weise
zusammen: „Vereinbarungen wider Nachdruck mit angesehenen Druckerverlegeru,
Beschäftigung der unternehmungslustigen Drucker in den Hauptdruckvrtcu,
Kommauditauteilnahme an deren eignen Unternehmungen sowie Vereinbarung
weit hinansgeschobener Zahlfristen, Androhung der Zahluugsverweigerung bei
Schädigung durch Nachdruck; aufmerksames Erforschen aller geplanten Unter¬
nehmungen, Heimlichhalten der eiguen Pläne, Zurückhaltung der zum erstenmale
gedruckten Werke bis zur völligen Vollendung, billiges Losschlagen der durch
drohenden Nachdruck entwerteten eignen Ausgabe auf entlegenen Verkehrsgcbieten,
Auflauf der Nachdrucksausgaben, vor allen: die Beherrschung des gesamten
Literaturgebietes."

Minder gefährlich als der Nachdruck war dagegen in Kobergers Tagen die
von den geistlichen Behörden ausgehende Zensur, da sie sich damals noch nicht


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/376>, abgerufen am 04.07.2024.