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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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Aber unbestreitbar' ist -- jeder Laie fühlt es heraus, und jeder Fachmann kann
es leicht nachweisen --^ daß offizielles Material zu dem Buche in aus¬
gedehntem Maße Verwendung gefunden hat. Viele der darin enthaltenen An¬
gaben können den Budgets und ähnlichen, jedermann zugänglichen Quellen ent¬
nommen sein. Andre aber in großer Zahl tragen offenkundig den Stempel
ihres amtlichen Ursprungs an der Stirn, entstammen unzweifelhaft den Akten
einer Zentralbehörde. Vielleicht sind sie ursprünglich für irgendeinen amtlichen
Zweck zusammengestellt worden und dann durch Indiskretion in die Hände des
Herausgebers gelangt. Die Thatsache aber bleibt bestehen und verdient unsre
volle Beachtung, daß diese, alle Rücksichten des internationalen Anstandes bei¬
seite Setzende Schmäh- und Braudschrift mit amtlichen Material reich ausgestattet
erscheint.

Der letztere Umstand ist es, welcher das Buch sehr lesenswert für jeden
deutschen Offizier, nicht minder auch für alle diejenigen macht, welche mit ver¬
antwortlich dafür sind, daß unsre Verteidignngsmittcl nicht nur ausreichen, um
den aufs neue drohenden Angriff abzuwehren, sondern anch einen dauernden
Frieden zu erzwingen. Ihnen allen empfehlen wir dringend die Lektüre des
Buches, zu welcher die nachfolgenden kurzen Andeutungen über den Inhalt des¬
selben anregen mögen.

Diesen Inhalt faßt das Vorwort in den Satz zusammen: I^r I)g.kg.i1Is <z"t>
mvvitMg, l'armvs <zst xrZts! Das Wort ist ominös, das vorigemal war sie
bekanntlich N/olripröts. Daß in der That das zur Schau getragne Vertrauen
kein unbedingtes ist, geht hervor aus dem ebenso diplomatischen wie ritterlich
feinfühligen Anspielungen über die Art, wie der Krieg herbeizuführen ist, und
über den hierfür zu wählenden Zeitpunkt. "Wer wird den Krieg prvvoziren?
Gewiß nicht wir. Die Erkenntnis unsrer Lage gebietet, uns jedes Angriffes zu
enthalten. Die Deutschen gelangten 1870 nur dadurch zur Einigkeit gegen uus,
daß sie uns veranlaßten, einen ihrer Staaten anzugreifen. Die Narren allein
können zweimal in dieselbe Falle gehen. Wir sind jetzt zu einsichtig, um den
Fehler zu erneuern. Aber wir unserseits können Deutschland zwingen, aus
seiner Zurückhaltung herauszutreten. Die drei Männer, welche das deutsche
Reich gegründet haben, werden eines Tages nicht mehr sein, und Tags darauf
kann dem Gebäude Zerbröckelung drohen. Die kaiserliche Regierung wird dann
durch den natürlichen Verlauf der Dinge genötigt sein, die innern Gefahren ab¬
zuleiten, indem sie den Krieg sucht." Der Preis dieses Krieges wird nicht nur
die Wiedereroberung Elsaß-Lothringens, sondern die des ganzen linken Rhein¬
ufers sein, "welches zu allen Zeiten, schon im fünften Jahrhundert, (!) französisch
war, es heute noch ist und morgen wieder sein wird." Der Krieg wird zugleich
dem Handel und der Industrie Frankreichs wieder aufhelfen, dessen Niedergang
hauptsächlich die Deutschen verschulden. "Es giebt keine bessere Fabrikmarke
als den Sieg der Waffen."


Grenzboten II. 1886. 42
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Aber unbestreitbar' ist — jeder Laie fühlt es heraus, und jeder Fachmann kann
es leicht nachweisen —^ daß offizielles Material zu dem Buche in aus¬
gedehntem Maße Verwendung gefunden hat. Viele der darin enthaltenen An¬
gaben können den Budgets und ähnlichen, jedermann zugänglichen Quellen ent¬
nommen sein. Andre aber in großer Zahl tragen offenkundig den Stempel
ihres amtlichen Ursprungs an der Stirn, entstammen unzweifelhaft den Akten
einer Zentralbehörde. Vielleicht sind sie ursprünglich für irgendeinen amtlichen
Zweck zusammengestellt worden und dann durch Indiskretion in die Hände des
Herausgebers gelangt. Die Thatsache aber bleibt bestehen und verdient unsre
volle Beachtung, daß diese, alle Rücksichten des internationalen Anstandes bei¬
seite Setzende Schmäh- und Braudschrift mit amtlichen Material reich ausgestattet
erscheint.

Der letztere Umstand ist es, welcher das Buch sehr lesenswert für jeden
deutschen Offizier, nicht minder auch für alle diejenigen macht, welche mit ver¬
antwortlich dafür sind, daß unsre Verteidignngsmittcl nicht nur ausreichen, um
den aufs neue drohenden Angriff abzuwehren, sondern anch einen dauernden
Frieden zu erzwingen. Ihnen allen empfehlen wir dringend die Lektüre des
Buches, zu welcher die nachfolgenden kurzen Andeutungen über den Inhalt des¬
selben anregen mögen.

Diesen Inhalt faßt das Vorwort in den Satz zusammen: I^r I)g.kg.i1Is <z»t>
mvvitMg, l'armvs <zst xrZts! Das Wort ist ominös, das vorigemal war sie
bekanntlich N/olripröts. Daß in der That das zur Schau getragne Vertrauen
kein unbedingtes ist, geht hervor aus dem ebenso diplomatischen wie ritterlich
feinfühligen Anspielungen über die Art, wie der Krieg herbeizuführen ist, und
über den hierfür zu wählenden Zeitpunkt. „Wer wird den Krieg prvvoziren?
Gewiß nicht wir. Die Erkenntnis unsrer Lage gebietet, uns jedes Angriffes zu
enthalten. Die Deutschen gelangten 1870 nur dadurch zur Einigkeit gegen uus,
daß sie uns veranlaßten, einen ihrer Staaten anzugreifen. Die Narren allein
können zweimal in dieselbe Falle gehen. Wir sind jetzt zu einsichtig, um den
Fehler zu erneuern. Aber wir unserseits können Deutschland zwingen, aus
seiner Zurückhaltung herauszutreten. Die drei Männer, welche das deutsche
Reich gegründet haben, werden eines Tages nicht mehr sein, und Tags darauf
kann dem Gebäude Zerbröckelung drohen. Die kaiserliche Regierung wird dann
durch den natürlichen Verlauf der Dinge genötigt sein, die innern Gefahren ab¬
zuleiten, indem sie den Krieg sucht." Der Preis dieses Krieges wird nicht nur
die Wiedereroberung Elsaß-Lothringens, sondern die des ganzen linken Rhein¬
ufers sein, „welches zu allen Zeiten, schon im fünften Jahrhundert, (!) französisch
war, es heute noch ist und morgen wieder sein wird." Der Krieg wird zugleich
dem Handel und der Industrie Frankreichs wieder aufhelfen, dessen Niedergang
hauptsächlich die Deutschen verschulden. „Es giebt keine bessere Fabrikmarke
als den Sieg der Waffen."


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/337>, abgerufen am 28.08.2024.