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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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Die russische Raiserfamilio in Palermo. (^8^3--

griechischen Frauen in ihrem schönen Kostüme zu sehen wünsche, könnte ich
einige der mir bekannten einladen, welche es sich zur Ehre rechnen würden,
einer so gnädigen Dame aufzuwarten.

Sie sind mein guter Engel, Runde, sagte die Kaiserin freundlich lächelnd,
und nahm meinen Vorschlag dankend an.

Am dritten Morgen nach dieser Unterredung erhielt ich ein Briefchen von
einem Greco, aber schon aus Palermo, worin es hieß: lZoooing cjua, Likörs
von dg-rio! Lig-mo <M xsr ssrvir 1^ frei UÄsstA.

Nachmittags, als die Kaiserin von einer Spazierfahrt zurückkehrte und im
Salon, wie gewöhnlich, an meinen Zeichentisch herantrat, meldete ich die An¬
kunft der mittlerweile eingeladenen Familien in Palermo. Die Kaiserin er¬
wiederte erfreut, sie wolle dieselben am nächsten Tage, mittags ein Uhr, sehen,
ich möge nur alle zu ihr bringen.

Ich hatte einige Mühe, es alle" recht zu machen. Es waren nämlich drei
Familien erschienen, Männer, Frauen und Kinder, wohlhabende Gutsbesitzer,
sämtlich erfüllt von dem Gedanken, der Kaiserin vorgestellt zu werden. Ich
fand es aber zweckmäßig, mir einen der Männer, als Repräsentanten der
griechischen Gemeinde, einzuladen, nämlich den Professor Schire", welcher
französisch sprach und auch die Geschichte und Geschicke seiner albanesischen Lands
lente genau kannte. Die übrigen erhielten dafür von mir eine Einladung zu
einem Festessen, das ich ihnen nachmittags, natürlich auf meine Kosten, aus¬
richtete.

Nach elf Uhr holte ich in zwei Karrvsfen die Damen mit ihren kleinen
Töchtern und den Professor als Dolmetsch nach der Villa Butera ab. Welch
eine glänzende Fahrt durch die mit Menschen gefüllte Macqnedastraße! Man
sagte mir, die Kaiserin wäre zur Großherzogin von Mecklenburg, ihrer Schwester,
gefahren, die nicht Wohl sei. Ich führte daher meine griechische Gesellschaft zu¬
vörderst im Garten umher, später auch in dem des Herzogs Serro ti Falco, und
zeigte ihnen die schönsten Stellen. Bald darauf kam uns die Kaiserin in ihrem
Stuhlwagen entgegengefahren und ließ sich die schöne bunte Gruppe vorstellen.
Sie war sichtlich erfreut und wünschte, wir möchten in die Villa kommen, wo
sich der ganze Hofstaat zum Imbiß versammeln werde. Es war ein sonnen¬
klarer Tag. Die reiche und geschmackvolle Kleidung, die schönen geblümten
Seidenstoffe und besonders die graziösen Kinder gefielen allgemein. Professor
Schirv trug kurz die Geschichte der Kolonie vor. Als er bemerkte, daß sie in
Palermo den sprachgelehrten Bischof Crispi und auch eine große griechische Kirche
hätten, wünschte Ihre Majestät die letztere kennen zu lernen. Sie ließ auch
sofort die Equipagen vorfahren, um sich selber zu überzeugen, ob der hiesige
griechische Kultus dem in Rußland gleich sei.

Die ganze kaiserliche Gesellschaft war nun fort nach der griechischen Kirche;
wir blieben allein zurück und konnten die beiden paradiesischen Gärten mit ihrer


Die russische Raiserfamilio in Palermo. (^8^3—

griechischen Frauen in ihrem schönen Kostüme zu sehen wünsche, könnte ich
einige der mir bekannten einladen, welche es sich zur Ehre rechnen würden,
einer so gnädigen Dame aufzuwarten.

Sie sind mein guter Engel, Runde, sagte die Kaiserin freundlich lächelnd,
und nahm meinen Vorschlag dankend an.

Am dritten Morgen nach dieser Unterredung erhielt ich ein Briefchen von
einem Greco, aber schon aus Palermo, worin es hieß: lZoooing cjua, Likörs
von dg-rio! Lig-mo <M xsr ssrvir 1^ frei UÄsstA.

Nachmittags, als die Kaiserin von einer Spazierfahrt zurückkehrte und im
Salon, wie gewöhnlich, an meinen Zeichentisch herantrat, meldete ich die An¬
kunft der mittlerweile eingeladenen Familien in Palermo. Die Kaiserin er¬
wiederte erfreut, sie wolle dieselben am nächsten Tage, mittags ein Uhr, sehen,
ich möge nur alle zu ihr bringen.

Ich hatte einige Mühe, es alle» recht zu machen. Es waren nämlich drei
Familien erschienen, Männer, Frauen und Kinder, wohlhabende Gutsbesitzer,
sämtlich erfüllt von dem Gedanken, der Kaiserin vorgestellt zu werden. Ich
fand es aber zweckmäßig, mir einen der Männer, als Repräsentanten der
griechischen Gemeinde, einzuladen, nämlich den Professor Schire», welcher
französisch sprach und auch die Geschichte und Geschicke seiner albanesischen Lands
lente genau kannte. Die übrigen erhielten dafür von mir eine Einladung zu
einem Festessen, das ich ihnen nachmittags, natürlich auf meine Kosten, aus¬
richtete.

Nach elf Uhr holte ich in zwei Karrvsfen die Damen mit ihren kleinen
Töchtern und den Professor als Dolmetsch nach der Villa Butera ab. Welch
eine glänzende Fahrt durch die mit Menschen gefüllte Macqnedastraße! Man
sagte mir, die Kaiserin wäre zur Großherzogin von Mecklenburg, ihrer Schwester,
gefahren, die nicht Wohl sei. Ich führte daher meine griechische Gesellschaft zu¬
vörderst im Garten umher, später auch in dem des Herzogs Serro ti Falco, und
zeigte ihnen die schönsten Stellen. Bald darauf kam uns die Kaiserin in ihrem
Stuhlwagen entgegengefahren und ließ sich die schöne bunte Gruppe vorstellen.
Sie war sichtlich erfreut und wünschte, wir möchten in die Villa kommen, wo
sich der ganze Hofstaat zum Imbiß versammeln werde. Es war ein sonnen¬
klarer Tag. Die reiche und geschmackvolle Kleidung, die schönen geblümten
Seidenstoffe und besonders die graziösen Kinder gefielen allgemein. Professor
Schirv trug kurz die Geschichte der Kolonie vor. Als er bemerkte, daß sie in
Palermo den sprachgelehrten Bischof Crispi und auch eine große griechische Kirche
hätten, wünschte Ihre Majestät die letztere kennen zu lernen. Sie ließ auch
sofort die Equipagen vorfahren, um sich selber zu überzeugen, ob der hiesige
griechische Kultus dem in Rußland gleich sei.

Die ganze kaiserliche Gesellschaft war nun fort nach der griechischen Kirche;
wir blieben allein zurück und konnten die beiden paradiesischen Gärten mit ihrer


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[0236] Die russische Raiserfamilio in Palermo. (^8^3— griechischen Frauen in ihrem schönen Kostüme zu sehen wünsche, könnte ich einige der mir bekannten einladen, welche es sich zur Ehre rechnen würden, einer so gnädigen Dame aufzuwarten. Sie sind mein guter Engel, Runde, sagte die Kaiserin freundlich lächelnd, und nahm meinen Vorschlag dankend an. Am dritten Morgen nach dieser Unterredung erhielt ich ein Briefchen von einem Greco, aber schon aus Palermo, worin es hieß: lZoooing cjua, Likörs von dg-rio! Lig-mo <M xsr ssrvir 1^ frei UÄsstA. Nachmittags, als die Kaiserin von einer Spazierfahrt zurückkehrte und im Salon, wie gewöhnlich, an meinen Zeichentisch herantrat, meldete ich die An¬ kunft der mittlerweile eingeladenen Familien in Palermo. Die Kaiserin er¬ wiederte erfreut, sie wolle dieselben am nächsten Tage, mittags ein Uhr, sehen, ich möge nur alle zu ihr bringen. Ich hatte einige Mühe, es alle» recht zu machen. Es waren nämlich drei Familien erschienen, Männer, Frauen und Kinder, wohlhabende Gutsbesitzer, sämtlich erfüllt von dem Gedanken, der Kaiserin vorgestellt zu werden. Ich fand es aber zweckmäßig, mir einen der Männer, als Repräsentanten der griechischen Gemeinde, einzuladen, nämlich den Professor Schire», welcher französisch sprach und auch die Geschichte und Geschicke seiner albanesischen Lands lente genau kannte. Die übrigen erhielten dafür von mir eine Einladung zu einem Festessen, das ich ihnen nachmittags, natürlich auf meine Kosten, aus¬ richtete. Nach elf Uhr holte ich in zwei Karrvsfen die Damen mit ihren kleinen Töchtern und den Professor als Dolmetsch nach der Villa Butera ab. Welch eine glänzende Fahrt durch die mit Menschen gefüllte Macqnedastraße! Man sagte mir, die Kaiserin wäre zur Großherzogin von Mecklenburg, ihrer Schwester, gefahren, die nicht Wohl sei. Ich führte daher meine griechische Gesellschaft zu¬ vörderst im Garten umher, später auch in dem des Herzogs Serro ti Falco, und zeigte ihnen die schönsten Stellen. Bald darauf kam uns die Kaiserin in ihrem Stuhlwagen entgegengefahren und ließ sich die schöne bunte Gruppe vorstellen. Sie war sichtlich erfreut und wünschte, wir möchten in die Villa kommen, wo sich der ganze Hofstaat zum Imbiß versammeln werde. Es war ein sonnen¬ klarer Tag. Die reiche und geschmackvolle Kleidung, die schönen geblümten Seidenstoffe und besonders die graziösen Kinder gefielen allgemein. Professor Schirv trug kurz die Geschichte der Kolonie vor. Als er bemerkte, daß sie in Palermo den sprachgelehrten Bischof Crispi und auch eine große griechische Kirche hätten, wünschte Ihre Majestät die letztere kennen zu lernen. Sie ließ auch sofort die Equipagen vorfahren, um sich selber zu überzeugen, ob der hiesige griechische Kultus dem in Rußland gleich sei. Die ganze kaiserliche Gesellschaft war nun fort nach der griechischen Kirche; wir blieben allein zurück und konnten die beiden paradiesischen Gärten mit ihrer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/236>, abgerufen am 22.07.2024.