Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.ihren Gegnern nicht blos; die kapitalistische oder manchesterliche Partei genannt, Nach der Herrschaft der Bourgeois mußte" notwendigerweise entgegen¬ Die nichtdeutschen Vertreter hatten in erster Reihe nationale Interessen ihren Gegnern nicht blos; die kapitalistische oder manchesterliche Partei genannt, Nach der Herrschaft der Bourgeois mußte» notwendigerweise entgegen¬ Die nichtdeutschen Vertreter hatten in erster Reihe nationale Interessen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0013" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/198079"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_15" prev="#ID_14"> ihren Gegnern nicht blos; die kapitalistische oder manchesterliche Partei genannt,<lb/> sondern sie vertrat mich wirklich die österreichischen Bourgeois im Gegensatze<lb/> zu allem übrigen. Deshalb kümmerte sie sich auch nicht darum, die Nationalitätcn-<lb/> frage zu lösen, am allerwenigsten aber darum, die bis dahin in ihrer nationalen<lb/> Entwicklung zurückgebliebenen kleineren Vvlksstcimme zu befriedigen. Was sie<lb/> in dieser Hinsicht that, ließ sie sich durch Förderung ihrer spezifisch materiellen<lb/> Bestrebungen reichlich vergüte». Wie sie auch die deutsche Nationalität aus<lb/> diesem Grunde nicht schützte, beweist ihr Verhalten den Italienern Süd¬<lb/> tirols und auch andrer Länder gegenüber, die sich auch auf Kosten der Deutschem<lb/> verbreite» durften, wenn sie der Partei nur sonst im kapitalistischen Sinne zum<lb/> Vorteile gereichten. Aus denselben Beweggründen lieferte die Partei auch die<lb/> Deutschen Ungarns aus, indem sie nicht nur in den Dualismus einwilligte,<lb/> sondern auch gegenwärtig kein Wort des Bedauerns angesichts der Thatsache<lb/> hat, daß die Deutschen neben andern Völkern von den Magyaren mit allen<lb/> Mitteln unterdrückt und entnatioualisirt werden. Aus einem solchen Verfahren<lb/> und Verhalten einer Partei, welche jahrelang auch formell das Staatsruder<lb/> lenkte, läßt sich leicht erklären, daß die allgemeinen staatswirtschaftlichen Inter¬<lb/> esse» vernachlässigt, sowie die Bestrebungen der einzelnen Volksstämme zurück¬<lb/> gedrängt wurden.</p><lb/> <p xml:id="ID_16"> Nach der Herrschaft der Bourgeois mußte» notwendigerweise entgegen¬<lb/> gesetzte Strömungen an die Oberfläche gelangen. Die Feudalen waren für<lb/> sich nicht mächtig genug, fanden jedoch eine willkommene Stütze an den Vertretern<lb/> der bis dahin vernachlässigten Nationalitäten. Die kapitalistische Partei blieb<lb/> auf diese Weise in der Minderheit, aber in ihrer Presse noch immer stark genug,<lb/> die Mehrheit der Deutschen an ihre Seite heranzuziehen. Auf der linken Seite<lb/> des Neichsrates blieben also die Bourgeois, auf der andern Seite vereinigten<lb/> sich die Fendalkonservativen mit den Volksvertretern der nichtdeutschen Natio¬<lb/> nalitäten. Somit ersclfienen zwar auf der linken Seite fast alle Deutschen,<lb/> die mithin einen nationalen Gegensatz zu den übrigen Volksstämmen ans der<lb/> Rechten bildeten; allein dieser Gegensatz trug auch noch einen andern, nämlich<lb/> den der Bourgeois gegen den Grundadel und Großgrundbesitz auf der Rechten,<lb/> in sich. Diejenigen Deutschen, welche aus rein deutscheu Länder» mese»det<lb/> wurden und konservative Interessen zu verfechten hatten, sahen ein, daß die<lb/> nationale Frage für sie ohne Belang sei, und schlossen sich demnach, nicht im Gegen¬<lb/> satz zum Deutschtum, sondern im Gegensatz zu deu Bourgeois, der Rechten an.</p><lb/> <p xml:id="ID_17" next="#ID_18"> Die nichtdeutschen Vertreter hatten in erster Reihe nationale Interessen<lb/> zu verfolgen; sie vereinigten sich also zunächst unter einander und dann eben¬<lb/> falls mit den Konservativen. Das konnten sie umso leichter thun, als unter<lb/> ihnen die Großindustriellen und Großhändler, also die Bourgeois, überhaupt<lb/> nicht zu suchen sind. Dies ist in dem Grade wahr, daß noch unlängst ein<lb/> ernstes, hochpolitisch angelegtes Blatt es bedauerte, daß auf der Rechten kein</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0013]
ihren Gegnern nicht blos; die kapitalistische oder manchesterliche Partei genannt,
sondern sie vertrat mich wirklich die österreichischen Bourgeois im Gegensatze
zu allem übrigen. Deshalb kümmerte sie sich auch nicht darum, die Nationalitätcn-
frage zu lösen, am allerwenigsten aber darum, die bis dahin in ihrer nationalen
Entwicklung zurückgebliebenen kleineren Vvlksstcimme zu befriedigen. Was sie
in dieser Hinsicht that, ließ sie sich durch Förderung ihrer spezifisch materiellen
Bestrebungen reichlich vergüte». Wie sie auch die deutsche Nationalität aus
diesem Grunde nicht schützte, beweist ihr Verhalten den Italienern Süd¬
tirols und auch andrer Länder gegenüber, die sich auch auf Kosten der Deutschem
verbreite» durften, wenn sie der Partei nur sonst im kapitalistischen Sinne zum
Vorteile gereichten. Aus denselben Beweggründen lieferte die Partei auch die
Deutschen Ungarns aus, indem sie nicht nur in den Dualismus einwilligte,
sondern auch gegenwärtig kein Wort des Bedauerns angesichts der Thatsache
hat, daß die Deutschen neben andern Völkern von den Magyaren mit allen
Mitteln unterdrückt und entnatioualisirt werden. Aus einem solchen Verfahren
und Verhalten einer Partei, welche jahrelang auch formell das Staatsruder
lenkte, läßt sich leicht erklären, daß die allgemeinen staatswirtschaftlichen Inter¬
esse» vernachlässigt, sowie die Bestrebungen der einzelnen Volksstämme zurück¬
gedrängt wurden.
Nach der Herrschaft der Bourgeois mußte» notwendigerweise entgegen¬
gesetzte Strömungen an die Oberfläche gelangen. Die Feudalen waren für
sich nicht mächtig genug, fanden jedoch eine willkommene Stütze an den Vertretern
der bis dahin vernachlässigten Nationalitäten. Die kapitalistische Partei blieb
auf diese Weise in der Minderheit, aber in ihrer Presse noch immer stark genug,
die Mehrheit der Deutschen an ihre Seite heranzuziehen. Auf der linken Seite
des Neichsrates blieben also die Bourgeois, auf der andern Seite vereinigten
sich die Fendalkonservativen mit den Volksvertretern der nichtdeutschen Natio¬
nalitäten. Somit ersclfienen zwar auf der linken Seite fast alle Deutschen,
die mithin einen nationalen Gegensatz zu den übrigen Volksstämmen ans der
Rechten bildeten; allein dieser Gegensatz trug auch noch einen andern, nämlich
den der Bourgeois gegen den Grundadel und Großgrundbesitz auf der Rechten,
in sich. Diejenigen Deutschen, welche aus rein deutscheu Länder» mese»det
wurden und konservative Interessen zu verfechten hatten, sahen ein, daß die
nationale Frage für sie ohne Belang sei, und schlossen sich demnach, nicht im Gegen¬
satz zum Deutschtum, sondern im Gegensatz zu deu Bourgeois, der Rechten an.
Die nichtdeutschen Vertreter hatten in erster Reihe nationale Interessen
zu verfolgen; sie vereinigten sich also zunächst unter einander und dann eben¬
falls mit den Konservativen. Das konnten sie umso leichter thun, als unter
ihnen die Großindustriellen und Großhändler, also die Bourgeois, überhaupt
nicht zu suchen sind. Dies ist in dem Grade wahr, daß noch unlängst ein
ernstes, hochpolitisch angelegtes Blatt es bedauerte, daß auf der Rechten kein
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