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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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Lcmwlms,

welcher mit Barreto und Camoens gekommen war, hatte schon längst sein Pack
vor der Hütte niedergelegt und sich dann zu Jayme Leiras zurückgezogci?. Die
Begleiter der Gräfin, Stallmeister und Falkner, hatten die Pferde unter der
vordersten der ^erweiterten Eichen angebunden, das unnütze Jagdgerät in der
Nähe des Baumes zusammengestellt und näherten sich jetzt gleichfalls der Männer¬
gruppe, welche den seltsam verschiednen drei Frauengestalten bis zu Jocmas
Hütte nachblickte. Der greise Stallmeister zeigte durch den steifen Gruß, den
er Senhor Manuel und dem Priester gönnte, so unverhohlen sein Mißvergnügen
über die Lage, in der er sich sand, daß Barreto sich gedrängt fühlte, ihm ein
begütigendes Wort zu gönnen. Er winkte ihn zu sich und lobte ihn, daß er
Donna Catarina so trefflich und sicher ans dem selten benutzten Jagdpfade
durch die Pinienschlucht hier herausgeführt habe, Miraflores jedoch zeigte sich
für die gute Meinung des Ritters unempfänglich.

Ich that meine Pflicht, nicht mehr noch minder, erlauchter Herr Manuel,
entgegnete er. Jetzt aber wollte ich, daß die Frau Herzogin mir eine andre
Pflicht auferlegt hätte. Ich verstehe nicht, was hier vorgeht, und merke nur,
daß meine junge Gebieterin nicht hier sein sollte. Was die Tochter des Grafen
Palmeirim thut, muß die ganze Welt wissen können, Euer Thun aber scheut
das Licht!

scheut das Licht! rief Barreto, Siehst du denn uicht, Alter, daß die
Gvttcssonne schöner als je hier aufgeht, und wagst du angesichts des ehr¬
würdigen Pater Henriqnes zu bezweifeln, daß wir ein christliches Werk vor¬
haben?

Ihr wißt, was ich meine, Senhor! antwortete mit unverändert grämlicher
Miene der Stallmeister, Gottes Sonne geht über vielem auf, was sich besser
in Dunkel hüllte, und mancher Priester hat seine Hand zu Werken geboten, die
christlich genng waren, aber schweres Leid im Schoße bargen. Meine junge
Herrin soll nicht bloß rein vor Gott und allen Engeln, sondern auch stolz vor
der Welt dastehen, und es ziemt sich für die Gräfin Catarina Palmeirim nicht,
daß sie in Gesellschaft einer heidnischen Fremden und einer Ziegenhirtin ge¬
sehen wird.

Barreto spürte eine Anwandlung heftig zu werden, bezwang sich jedoch
und warf nur leicht hin: Warte eine Stunde, alter Murrkopf, und du wirst
jeder Besorgnis um deine Herrin enthoben sein, Camoens jedoch, welcher mit
wachsender Entrüstung die rauhen Worte des Stallmeisters vernommen hatte,
widerstand seiner Aufwallung nicht und rief, indem er den Alten mit funkelnden
Augen maß:

Die erste Pflicht eines getreuen Dieners ist, seine Herrin nicht leichtfertig
zu tadeln, Ihr könnt es getrost Donna Catarina anheimstellen, wem sie ihre
Nähe gönnen will. Euch ziemt es, Eures Dienstes zu warten und bei allem
übrigen zu schweigen.


Lcmwlms,

welcher mit Barreto und Camoens gekommen war, hatte schon längst sein Pack
vor der Hütte niedergelegt und sich dann zu Jayme Leiras zurückgezogci?. Die
Begleiter der Gräfin, Stallmeister und Falkner, hatten die Pferde unter der
vordersten der ^erweiterten Eichen angebunden, das unnütze Jagdgerät in der
Nähe des Baumes zusammengestellt und näherten sich jetzt gleichfalls der Männer¬
gruppe, welche den seltsam verschiednen drei Frauengestalten bis zu Jocmas
Hütte nachblickte. Der greise Stallmeister zeigte durch den steifen Gruß, den
er Senhor Manuel und dem Priester gönnte, so unverhohlen sein Mißvergnügen
über die Lage, in der er sich sand, daß Barreto sich gedrängt fühlte, ihm ein
begütigendes Wort zu gönnen. Er winkte ihn zu sich und lobte ihn, daß er
Donna Catarina so trefflich und sicher ans dem selten benutzten Jagdpfade
durch die Pinienschlucht hier herausgeführt habe, Miraflores jedoch zeigte sich
für die gute Meinung des Ritters unempfänglich.

Ich that meine Pflicht, nicht mehr noch minder, erlauchter Herr Manuel,
entgegnete er. Jetzt aber wollte ich, daß die Frau Herzogin mir eine andre
Pflicht auferlegt hätte. Ich verstehe nicht, was hier vorgeht, und merke nur,
daß meine junge Gebieterin nicht hier sein sollte. Was die Tochter des Grafen
Palmeirim thut, muß die ganze Welt wissen können, Euer Thun aber scheut
das Licht!

scheut das Licht! rief Barreto, Siehst du denn uicht, Alter, daß die
Gvttcssonne schöner als je hier aufgeht, und wagst du angesichts des ehr¬
würdigen Pater Henriqnes zu bezweifeln, daß wir ein christliches Werk vor¬
haben?

Ihr wißt, was ich meine, Senhor! antwortete mit unverändert grämlicher
Miene der Stallmeister, Gottes Sonne geht über vielem auf, was sich besser
in Dunkel hüllte, und mancher Priester hat seine Hand zu Werken geboten, die
christlich genng waren, aber schweres Leid im Schoße bargen. Meine junge
Herrin soll nicht bloß rein vor Gott und allen Engeln, sondern auch stolz vor
der Welt dastehen, und es ziemt sich für die Gräfin Catarina Palmeirim nicht,
daß sie in Gesellschaft einer heidnischen Fremden und einer Ziegenhirtin ge¬
sehen wird.

Barreto spürte eine Anwandlung heftig zu werden, bezwang sich jedoch
und warf nur leicht hin: Warte eine Stunde, alter Murrkopf, und du wirst
jeder Besorgnis um deine Herrin enthoben sein, Camoens jedoch, welcher mit
wachsender Entrüstung die rauhen Worte des Stallmeisters vernommen hatte,
widerstand seiner Aufwallung nicht und rief, indem er den Alten mit funkelnden
Augen maß:

Die erste Pflicht eines getreuen Dieners ist, seine Herrin nicht leichtfertig
zu tadeln, Ihr könnt es getrost Donna Catarina anheimstellen, wem sie ihre
Nähe gönnen will. Euch ziemt es, Eures Dienstes zu warten und bei allem
übrigen zu schweigen.


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[0532] Lcmwlms, welcher mit Barreto und Camoens gekommen war, hatte schon längst sein Pack vor der Hütte niedergelegt und sich dann zu Jayme Leiras zurückgezogci?. Die Begleiter der Gräfin, Stallmeister und Falkner, hatten die Pferde unter der vordersten der ^erweiterten Eichen angebunden, das unnütze Jagdgerät in der Nähe des Baumes zusammengestellt und näherten sich jetzt gleichfalls der Männer¬ gruppe, welche den seltsam verschiednen drei Frauengestalten bis zu Jocmas Hütte nachblickte. Der greise Stallmeister zeigte durch den steifen Gruß, den er Senhor Manuel und dem Priester gönnte, so unverhohlen sein Mißvergnügen über die Lage, in der er sich sand, daß Barreto sich gedrängt fühlte, ihm ein begütigendes Wort zu gönnen. Er winkte ihn zu sich und lobte ihn, daß er Donna Catarina so trefflich und sicher ans dem selten benutzten Jagdpfade durch die Pinienschlucht hier herausgeführt habe, Miraflores jedoch zeigte sich für die gute Meinung des Ritters unempfänglich. Ich that meine Pflicht, nicht mehr noch minder, erlauchter Herr Manuel, entgegnete er. Jetzt aber wollte ich, daß die Frau Herzogin mir eine andre Pflicht auferlegt hätte. Ich verstehe nicht, was hier vorgeht, und merke nur, daß meine junge Gebieterin nicht hier sein sollte. Was die Tochter des Grafen Palmeirim thut, muß die ganze Welt wissen können, Euer Thun aber scheut das Licht! scheut das Licht! rief Barreto, Siehst du denn uicht, Alter, daß die Gvttcssonne schöner als je hier aufgeht, und wagst du angesichts des ehr¬ würdigen Pater Henriqnes zu bezweifeln, daß wir ein christliches Werk vor¬ haben? Ihr wißt, was ich meine, Senhor! antwortete mit unverändert grämlicher Miene der Stallmeister, Gottes Sonne geht über vielem auf, was sich besser in Dunkel hüllte, und mancher Priester hat seine Hand zu Werken geboten, die christlich genng waren, aber schweres Leid im Schoße bargen. Meine junge Herrin soll nicht bloß rein vor Gott und allen Engeln, sondern auch stolz vor der Welt dastehen, und es ziemt sich für die Gräfin Catarina Palmeirim nicht, daß sie in Gesellschaft einer heidnischen Fremden und einer Ziegenhirtin ge¬ sehen wird. Barreto spürte eine Anwandlung heftig zu werden, bezwang sich jedoch und warf nur leicht hin: Warte eine Stunde, alter Murrkopf, und du wirst jeder Besorgnis um deine Herrin enthoben sein, Camoens jedoch, welcher mit wachsender Entrüstung die rauhen Worte des Stallmeisters vernommen hatte, widerstand seiner Aufwallung nicht und rief, indem er den Alten mit funkelnden Augen maß: Die erste Pflicht eines getreuen Dieners ist, seine Herrin nicht leichtfertig zu tadeln, Ihr könnt es getrost Donna Catarina anheimstellen, wem sie ihre Nähe gönnen will. Euch ziemt es, Eures Dienstes zu warten und bei allem übrigen zu schweigen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/532>, abgerufen am 05.02.2025.