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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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Camoens.

daran gedacht, daß sie mit der Taufe auch Tracht und Sitte unsers Landes
annehmen sollte?

Gewiß, Herrin -- Barreto, der an alles denkt, hat auch dies vorgesehen.
Wenn Ihr mir die Ehre gönnen wollt, Euch zu Pater Heuriqnes und Esmcch
zu geleiten, so könnt Ihr selbst der Maurin Anweisung geben, was sie thun soll.

Ich werde ihr helfen! sagte Catarina mit einem flüchtigen Blicke nach
Joauas Hütte. Eben trat Barreto herzu und begrüßte die junge Gräfin ehr¬
erbietig, aber mit einem Anfluge väterlicher Vertraulichkeit. Er verstand augen¬
blicklich einen fragenden Blick Catciriuas, welche selbst unter so ungewöhnlichen
Umständen nicht vergaß, daß Senhor Manuel ein besseres Recht habe sie zu
führen als Camoens. Als Barreto jedoch lächelnd beiseite trat und dem Paare
Raum gab, legte Catarina ihre Hand in die des Dichters und überließ den
beiden Begleitern, welche mit ihr gekommen waren, die Sorge für die Pferde.
Esmah, welche während diesen Minnten fast bewegungslos geharrt, jedoch un¬
ablässig prüfend nach der jungen Gräfin herübergesehcu hatte, senkte beim Heran¬
nahen Catarinas das Haupt und schien im Begriffe, sich der edeln Portugiesin
zu Füßen zu werfen. Aber Catarina öffnete der Fremden herzlich die Arme
und rief, nachdem sie einen Kuß auf die Stirn Esmahs gehaucht, Camoens zu:
Sagt ihr, Senhor Luis, daß ich sie lieb gewinnen, ihr eine Schwester sein
werde, und daß sie ohne Furcht um ihre Vergangenheit denken soll. Wir werden
alles, was ihr droht, mit dem Wasser der heiligen Taufe auslöschen!

Camoens blickte Barreto mit stolzer Genugthuung, beinahe herausfordernd
an, Senhor Manuel nickte nur beifällig zu den Worten der Gräfin. Pater
Henriques aber nahm das Wort und sagte:

Da wir beisammen sind und Ihr, Fräulein, entschlossen seid, eine hohe und
heilige Pflicht auf Euch zu nehmen, so laßt uns auch nicht zögern. Dn mußt
dich umkleiden, Esmah, wandte er sich an die Maurin, Jvana wird dir gern
beistehen, und wir können, da es dein ernster und freier Wille ist, dich zu uns
zu wenden, alsdann die Taufe vollziehen.

Du kennst Esmahs Herz, mein Vater, versetzte das Mädchen in ihrer
heimatlichen Sprache. Du weißt es, daß ich mich hoffnungsreich zum helfenden
Heiland und seiner allerseligsten Mutter wende, und daß minds verlangt mehr
von der göttlichen Lehre zu hören, als ich zur Stunde weiß.

Pater Henriques machte bekräftigend das Zeichen des Segens, Joana,
welche dienstwillig nähergekommen war, wollte schüchtern zurücktreten, als sie
die junge Edeldame ihren Arm um den Leib der Maurin legen und dieselbe
geleiten sah. Esmah aber streckte die Hand nach ihrer kleinen Freundin aus
und ließ dieselbe nicht. Gräfin Catarina sah einen Augenblick verwundert ans
die Ziegenhirtin, dann besann sie sich auf alles, was ihr Camoens von den
jüngsten Schicksalen der Flüchtigen berichtet hatte, und gönnte der Kleinen, die
zur Linken Esmahs ging, ein freundlich ermunterndes Wort. Der junge Bursche,


Camoens.

daran gedacht, daß sie mit der Taufe auch Tracht und Sitte unsers Landes
annehmen sollte?

Gewiß, Herrin — Barreto, der an alles denkt, hat auch dies vorgesehen.
Wenn Ihr mir die Ehre gönnen wollt, Euch zu Pater Heuriqnes und Esmcch
zu geleiten, so könnt Ihr selbst der Maurin Anweisung geben, was sie thun soll.

Ich werde ihr helfen! sagte Catarina mit einem flüchtigen Blicke nach
Joauas Hütte. Eben trat Barreto herzu und begrüßte die junge Gräfin ehr¬
erbietig, aber mit einem Anfluge väterlicher Vertraulichkeit. Er verstand augen¬
blicklich einen fragenden Blick Catciriuas, welche selbst unter so ungewöhnlichen
Umständen nicht vergaß, daß Senhor Manuel ein besseres Recht habe sie zu
führen als Camoens. Als Barreto jedoch lächelnd beiseite trat und dem Paare
Raum gab, legte Catarina ihre Hand in die des Dichters und überließ den
beiden Begleitern, welche mit ihr gekommen waren, die Sorge für die Pferde.
Esmah, welche während diesen Minnten fast bewegungslos geharrt, jedoch un¬
ablässig prüfend nach der jungen Gräfin herübergesehcu hatte, senkte beim Heran¬
nahen Catarinas das Haupt und schien im Begriffe, sich der edeln Portugiesin
zu Füßen zu werfen. Aber Catarina öffnete der Fremden herzlich die Arme
und rief, nachdem sie einen Kuß auf die Stirn Esmahs gehaucht, Camoens zu:
Sagt ihr, Senhor Luis, daß ich sie lieb gewinnen, ihr eine Schwester sein
werde, und daß sie ohne Furcht um ihre Vergangenheit denken soll. Wir werden
alles, was ihr droht, mit dem Wasser der heiligen Taufe auslöschen!

Camoens blickte Barreto mit stolzer Genugthuung, beinahe herausfordernd
an, Senhor Manuel nickte nur beifällig zu den Worten der Gräfin. Pater
Henriques aber nahm das Wort und sagte:

Da wir beisammen sind und Ihr, Fräulein, entschlossen seid, eine hohe und
heilige Pflicht auf Euch zu nehmen, so laßt uns auch nicht zögern. Dn mußt
dich umkleiden, Esmah, wandte er sich an die Maurin, Jvana wird dir gern
beistehen, und wir können, da es dein ernster und freier Wille ist, dich zu uns
zu wenden, alsdann die Taufe vollziehen.

Du kennst Esmahs Herz, mein Vater, versetzte das Mädchen in ihrer
heimatlichen Sprache. Du weißt es, daß ich mich hoffnungsreich zum helfenden
Heiland und seiner allerseligsten Mutter wende, und daß minds verlangt mehr
von der göttlichen Lehre zu hören, als ich zur Stunde weiß.

Pater Henriques machte bekräftigend das Zeichen des Segens, Joana,
welche dienstwillig nähergekommen war, wollte schüchtern zurücktreten, als sie
die junge Edeldame ihren Arm um den Leib der Maurin legen und dieselbe
geleiten sah. Esmah aber streckte die Hand nach ihrer kleinen Freundin aus
und ließ dieselbe nicht. Gräfin Catarina sah einen Augenblick verwundert ans
die Ziegenhirtin, dann besann sie sich auf alles, was ihr Camoens von den
jüngsten Schicksalen der Flüchtigen berichtet hatte, und gönnte der Kleinen, die
zur Linken Esmahs ging, ein freundlich ermunterndes Wort. Der junge Bursche,


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[0531] Camoens. daran gedacht, daß sie mit der Taufe auch Tracht und Sitte unsers Landes annehmen sollte? Gewiß, Herrin — Barreto, der an alles denkt, hat auch dies vorgesehen. Wenn Ihr mir die Ehre gönnen wollt, Euch zu Pater Heuriqnes und Esmcch zu geleiten, so könnt Ihr selbst der Maurin Anweisung geben, was sie thun soll. Ich werde ihr helfen! sagte Catarina mit einem flüchtigen Blicke nach Joauas Hütte. Eben trat Barreto herzu und begrüßte die junge Gräfin ehr¬ erbietig, aber mit einem Anfluge väterlicher Vertraulichkeit. Er verstand augen¬ blicklich einen fragenden Blick Catciriuas, welche selbst unter so ungewöhnlichen Umständen nicht vergaß, daß Senhor Manuel ein besseres Recht habe sie zu führen als Camoens. Als Barreto jedoch lächelnd beiseite trat und dem Paare Raum gab, legte Catarina ihre Hand in die des Dichters und überließ den beiden Begleitern, welche mit ihr gekommen waren, die Sorge für die Pferde. Esmah, welche während diesen Minnten fast bewegungslos geharrt, jedoch un¬ ablässig prüfend nach der jungen Gräfin herübergesehcu hatte, senkte beim Heran¬ nahen Catarinas das Haupt und schien im Begriffe, sich der edeln Portugiesin zu Füßen zu werfen. Aber Catarina öffnete der Fremden herzlich die Arme und rief, nachdem sie einen Kuß auf die Stirn Esmahs gehaucht, Camoens zu: Sagt ihr, Senhor Luis, daß ich sie lieb gewinnen, ihr eine Schwester sein werde, und daß sie ohne Furcht um ihre Vergangenheit denken soll. Wir werden alles, was ihr droht, mit dem Wasser der heiligen Taufe auslöschen! Camoens blickte Barreto mit stolzer Genugthuung, beinahe herausfordernd an, Senhor Manuel nickte nur beifällig zu den Worten der Gräfin. Pater Henriques aber nahm das Wort und sagte: Da wir beisammen sind und Ihr, Fräulein, entschlossen seid, eine hohe und heilige Pflicht auf Euch zu nehmen, so laßt uns auch nicht zögern. Dn mußt dich umkleiden, Esmah, wandte er sich an die Maurin, Jvana wird dir gern beistehen, und wir können, da es dein ernster und freier Wille ist, dich zu uns zu wenden, alsdann die Taufe vollziehen. Du kennst Esmahs Herz, mein Vater, versetzte das Mädchen in ihrer heimatlichen Sprache. Du weißt es, daß ich mich hoffnungsreich zum helfenden Heiland und seiner allerseligsten Mutter wende, und daß minds verlangt mehr von der göttlichen Lehre zu hören, als ich zur Stunde weiß. Pater Henriques machte bekräftigend das Zeichen des Segens, Joana, welche dienstwillig nähergekommen war, wollte schüchtern zurücktreten, als sie die junge Edeldame ihren Arm um den Leib der Maurin legen und dieselbe geleiten sah. Esmah aber streckte die Hand nach ihrer kleinen Freundin aus und ließ dieselbe nicht. Gräfin Catarina sah einen Augenblick verwundert ans die Ziegenhirtin, dann besann sie sich auf alles, was ihr Camoens von den jüngsten Schicksalen der Flüchtigen berichtet hatte, und gönnte der Kleinen, die zur Linken Esmahs ging, ein freundlich ermunterndes Wort. Der junge Bursche,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/531>, abgerufen am 05.02.2025.