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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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Lcimoöns.

Das grämlich starre Gesicht des alten Miraflores belebte sich im Zorn,
aus seinen grauen Augen blitzte ein Strahl des Hasses gegen Camoens, und
unbekümmert um Barreto und den Priester erwiederte er in noch rauheren Tone
als zuvor:

Es sieht Euch ganz ähnlich, daß Ihr nach den Folgen Eurer Handlungen
wenig fragt, Senhor Luis. Ihr habt vor Zeiten schweres Leid über das alte
Haus Atayde gebracht. Dank Euch ist Donna Catarinas edle Mutter im Leben
nicht wieder froh geworden, jetzt steht Ihr bereit, auch das Gluck der Tochter
aufs Spiel zu setzen, ohne Euch würde die junge Gräfin nicht hier oben sein,
und wollte Gott, ich hätte sie erst von hier wieder heimgeleitet, und Ihr dürstet
ihren Weg nie mehr kreuzen!

In demselben Augenblicke faßte Camoens erbleichend an den Griff seines
Schwertes, die Hand des Alten fuhr nach seiner Waffe, und Barreto trat mit
zürnender Miene und strafend erhobnen Arm zwischen die Streitenden. Der
Stallmeister wandte sich mit einer Geberde nach seinem Genossen, dem Falkenier,
welcher denselben aufzufordern schien, die bittere Ansprache zu bekräftigen. Zum
Glück fand keiner von beiden Gelegenheit, noch ein unbesonnenes Wort zu
sprechen. Der greise Priester, welcher deu Wortwechsel nur von ferne vernommen
hatte, empfand doch, daß jeder Zwist rasch erstickt werden müsse, und zog Ca¬
moens an seiner Hand gegen die Hütte Joanas hin, aus der in der rechten
Minute die Frauen wieder hervorgetreten waren. Die Maurin erschien in ein
schlichtes weißes Gewand von landesüblichem Schnitte gehüllt, von ihrer frühern
Tracht hatte sie nur den Gürtel mit den Rubinen behalten, an ihrer Brust trug
sie ein goldnes, mit Perlen umsttnmtes Kreuz, das ihr Gräfin Catariua um¬
gehängt hatte. Die fremdartige Schönheit Esmahs trat mich in der neuen
Kleidung hervor, Camoens verglich sie im Stillen mit der Schönheit Catarinas
und mußte sich widerstrebend eingestehen, daß die Mnnrin der edeln Tochter
seines Volkes nicht zu weichen habe. Auch die kleine Hirtin hatte sich nach
ihrem Vermögen festtäglich geschmückt, sie lachte selig verschämt über die Ehre,
zur Seite so prächtiger Damen zu schreiten, und über deu glücklichen Ausgang
sorgenvoller Tage. Pater Henriqncs blickte befriedigt auf die ernsten und
dennoch erwartungsvollen Mienen Esmahs, sie schien in der Stimmung, welche
er für diese Stunde wünschen mußte. Er selbst wollte sich eben mit einem
stummen Gebete zur Spendung des Sakraments vorbereiten, als er Barretos
Stimme dicht an seinem Ohr vernahm.

Verzeiht, daß ich Euch noch einmal aufhalte, mein Vater, sagte der Fidalgo.
Ich werde es Luis Camoens und der Gräfin allein überlassen, der neuen Christin
als Taufzeugeu zu dienen, und mich neben den beiden störrischen Alten halten,
damit wir von ihnen keine Störung zu befahren haben. Und nun thut mit
Gott, was Gott segnen wolle! (Fortsetzung folgt.)




Lcimoöns.

Das grämlich starre Gesicht des alten Miraflores belebte sich im Zorn,
aus seinen grauen Augen blitzte ein Strahl des Hasses gegen Camoens, und
unbekümmert um Barreto und den Priester erwiederte er in noch rauheren Tone
als zuvor:

Es sieht Euch ganz ähnlich, daß Ihr nach den Folgen Eurer Handlungen
wenig fragt, Senhor Luis. Ihr habt vor Zeiten schweres Leid über das alte
Haus Atayde gebracht. Dank Euch ist Donna Catarinas edle Mutter im Leben
nicht wieder froh geworden, jetzt steht Ihr bereit, auch das Gluck der Tochter
aufs Spiel zu setzen, ohne Euch würde die junge Gräfin nicht hier oben sein,
und wollte Gott, ich hätte sie erst von hier wieder heimgeleitet, und Ihr dürstet
ihren Weg nie mehr kreuzen!

In demselben Augenblicke faßte Camoens erbleichend an den Griff seines
Schwertes, die Hand des Alten fuhr nach seiner Waffe, und Barreto trat mit
zürnender Miene und strafend erhobnen Arm zwischen die Streitenden. Der
Stallmeister wandte sich mit einer Geberde nach seinem Genossen, dem Falkenier,
welcher denselben aufzufordern schien, die bittere Ansprache zu bekräftigen. Zum
Glück fand keiner von beiden Gelegenheit, noch ein unbesonnenes Wort zu
sprechen. Der greise Priester, welcher deu Wortwechsel nur von ferne vernommen
hatte, empfand doch, daß jeder Zwist rasch erstickt werden müsse, und zog Ca¬
moens an seiner Hand gegen die Hütte Joanas hin, aus der in der rechten
Minute die Frauen wieder hervorgetreten waren. Die Maurin erschien in ein
schlichtes weißes Gewand von landesüblichem Schnitte gehüllt, von ihrer frühern
Tracht hatte sie nur den Gürtel mit den Rubinen behalten, an ihrer Brust trug
sie ein goldnes, mit Perlen umsttnmtes Kreuz, das ihr Gräfin Catariua um¬
gehängt hatte. Die fremdartige Schönheit Esmahs trat mich in der neuen
Kleidung hervor, Camoens verglich sie im Stillen mit der Schönheit Catarinas
und mußte sich widerstrebend eingestehen, daß die Mnnrin der edeln Tochter
seines Volkes nicht zu weichen habe. Auch die kleine Hirtin hatte sich nach
ihrem Vermögen festtäglich geschmückt, sie lachte selig verschämt über die Ehre,
zur Seite so prächtiger Damen zu schreiten, und über deu glücklichen Ausgang
sorgenvoller Tage. Pater Henriqncs blickte befriedigt auf die ernsten und
dennoch erwartungsvollen Mienen Esmahs, sie schien in der Stimmung, welche
er für diese Stunde wünschen mußte. Er selbst wollte sich eben mit einem
stummen Gebete zur Spendung des Sakraments vorbereiten, als er Barretos
Stimme dicht an seinem Ohr vernahm.

Verzeiht, daß ich Euch noch einmal aufhalte, mein Vater, sagte der Fidalgo.
Ich werde es Luis Camoens und der Gräfin allein überlassen, der neuen Christin
als Taufzeugeu zu dienen, und mich neben den beiden störrischen Alten halten,
damit wir von ihnen keine Störung zu befahren haben. Und nun thut mit
Gott, was Gott segnen wolle! (Fortsetzung folgt.)




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[0533] Lcimoöns. Das grämlich starre Gesicht des alten Miraflores belebte sich im Zorn, aus seinen grauen Augen blitzte ein Strahl des Hasses gegen Camoens, und unbekümmert um Barreto und den Priester erwiederte er in noch rauheren Tone als zuvor: Es sieht Euch ganz ähnlich, daß Ihr nach den Folgen Eurer Handlungen wenig fragt, Senhor Luis. Ihr habt vor Zeiten schweres Leid über das alte Haus Atayde gebracht. Dank Euch ist Donna Catarinas edle Mutter im Leben nicht wieder froh geworden, jetzt steht Ihr bereit, auch das Gluck der Tochter aufs Spiel zu setzen, ohne Euch würde die junge Gräfin nicht hier oben sein, und wollte Gott, ich hätte sie erst von hier wieder heimgeleitet, und Ihr dürstet ihren Weg nie mehr kreuzen! In demselben Augenblicke faßte Camoens erbleichend an den Griff seines Schwertes, die Hand des Alten fuhr nach seiner Waffe, und Barreto trat mit zürnender Miene und strafend erhobnen Arm zwischen die Streitenden. Der Stallmeister wandte sich mit einer Geberde nach seinem Genossen, dem Falkenier, welcher denselben aufzufordern schien, die bittere Ansprache zu bekräftigen. Zum Glück fand keiner von beiden Gelegenheit, noch ein unbesonnenes Wort zu sprechen. Der greise Priester, welcher deu Wortwechsel nur von ferne vernommen hatte, empfand doch, daß jeder Zwist rasch erstickt werden müsse, und zog Ca¬ moens an seiner Hand gegen die Hütte Joanas hin, aus der in der rechten Minute die Frauen wieder hervorgetreten waren. Die Maurin erschien in ein schlichtes weißes Gewand von landesüblichem Schnitte gehüllt, von ihrer frühern Tracht hatte sie nur den Gürtel mit den Rubinen behalten, an ihrer Brust trug sie ein goldnes, mit Perlen umsttnmtes Kreuz, das ihr Gräfin Catariua um¬ gehängt hatte. Die fremdartige Schönheit Esmahs trat mich in der neuen Kleidung hervor, Camoens verglich sie im Stillen mit der Schönheit Catarinas und mußte sich widerstrebend eingestehen, daß die Mnnrin der edeln Tochter seines Volkes nicht zu weichen habe. Auch die kleine Hirtin hatte sich nach ihrem Vermögen festtäglich geschmückt, sie lachte selig verschämt über die Ehre, zur Seite so prächtiger Damen zu schreiten, und über deu glücklichen Ausgang sorgenvoller Tage. Pater Henriqncs blickte befriedigt auf die ernsten und dennoch erwartungsvollen Mienen Esmahs, sie schien in der Stimmung, welche er für diese Stunde wünschen mußte. Er selbst wollte sich eben mit einem stummen Gebete zur Spendung des Sakraments vorbereiten, als er Barretos Stimme dicht an seinem Ohr vernahm. Verzeiht, daß ich Euch noch einmal aufhalte, mein Vater, sagte der Fidalgo. Ich werde es Luis Camoens und der Gräfin allein überlassen, der neuen Christin als Taufzeugeu zu dienen, und mich neben den beiden störrischen Alten halten, damit wir von ihnen keine Störung zu befahren haben. Und nun thut mit Gott, was Gott segnen wolle! (Fortsetzung folgt.)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/533>, abgerufen am 05.02.2025.