Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.LamoLns, auf. Bei ihr dürft Ihr mir von meiner Mutter erzählen, soviel Euch und mich Sie hatte diesmal so leise gesprochen, daß selbst Tellez Alucita, welcher Camoens war im Begriff, sich aus dem glänzenden Gedränge um den König Und zweifelt Ihr daran, ehrwürdiger Bruder? entgegnete Camoens ruhig. Ich sage nichts gegen den Hauptinhalt Euers Werkes, soviel ich davon zu Eine Flut widerstreitender Gefühle durchschwelltc bei dieser Ansprache die LamoLns, auf. Bei ihr dürft Ihr mir von meiner Mutter erzählen, soviel Euch und mich Sie hatte diesmal so leise gesprochen, daß selbst Tellez Alucita, welcher Camoens war im Begriff, sich aus dem glänzenden Gedränge um den König Und zweifelt Ihr daran, ehrwürdiger Bruder? entgegnete Camoens ruhig. Ich sage nichts gegen den Hauptinhalt Euers Werkes, soviel ich davon zu Eine Flut widerstreitender Gefühle durchschwelltc bei dieser Ansprache die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0384" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197808"/> <fw type="header" place="top"> LamoLns,</fw><lb/> <p xml:id="ID_1129" prev="#ID_1128"> auf. Bei ihr dürft Ihr mir von meiner Mutter erzählen, soviel Euch und mich<lb/> verlangt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1130"> Sie hatte diesmal so leise gesprochen, daß selbst Tellez Alucita, welcher<lb/> in nächster Nähe stand, mit der Absicht, sich kein Wort des Mädchens verloren<lb/> gehen zu lassen, nichts als den Namen der Herzogin hörte. Als Camoens sich<lb/> dankend und zustimmend verneigte, nahm Catarina bereits ihren Sitz neben der<lb/> alten Dame, deren Obhut sie anvertraut war, wieder ein und schien eilig von<lb/> ihrer Unterredung mit dein Dichter zu berichten, wenigstens wandten sich ihre<lb/> Blicke fortgesetzt nach diesem zurück, bis plötzlich der König aufs neue zu den<lb/> Damen trat und die Herzogin einer laugen Unterredung würdigte, welche<lb/> ihm Gelegenheit genug gab, seine Augen an der anmutigen Befangenheit der<lb/> schönen Catarina zu weiden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1131"> Camoens war im Begriff, sich aus dem glänzenden Gedränge um den König<lb/> herauszuwinden, um wieder an Barretos Seite zu kommen, als ihn der Kaplan<lb/> des Königs ansprach: Erlaubt, Senhor Luis, daß ich Euch meinen Glückwunsch<lb/> zu Euern seltenen Gaben und Eltern großen Werke ausspreche. Ich hoffe, Ihr<lb/> wißt es selbst, daß Eure Lusiaden ein Geschenk Gottes siud, ein Geschenk, mit<lb/> dem Euch auch die höchste Verantwortung auf die Seele gelegt ward. Tragt<lb/> Sorge, daß jeder Laut und Hauch in Eurer Dichtung nur Edles in den Herzen<lb/> Eurer Hörer erwecke.</p><lb/> <p xml:id="ID_1132"> Und zweifelt Ihr daran, ehrwürdiger Bruder? entgegnete Camoens ruhig.<lb/> Giebt es Edleres und Erhebenderes als die ruhmreichen Thaten erlauchter Vor¬<lb/> fahren, welche nnter Gottes Schutz das, was unmöglich schien, verwirklicht und<lb/> dies kleine Land zu einem Weltreich umgewandelt haben?</p><lb/> <p xml:id="ID_1133"> Ich sage nichts gegen den Hauptinhalt Euers Werkes, soviel ich davon zu<lb/> erkennen vermag, flüsterte der junge Priester und legte vertraulich seine Hand<lb/> in Camoens' Arm, um ihn zu einer stilleren Ecke des Saales zu geleiten. Ihr<lb/> hört, wie es um uns her von Eurer Schöpfung wiederhallt, alle Sinne sind<lb/> von dem heldenhaften Schwung ergriffen, der Eure Dichtung hebt. Aber Ihr<lb/> seht und hört auch, wie der König aus Eurer Schilderung irdischer Leiden¬<lb/> schaft keineswegs klar die Mahnung vernahm, daß ein Gesalbter des Herrn die<lb/> irdische Liebe vor allen Sünden fliehen müsse.</p><lb/> <p xml:id="ID_1134" next="#ID_1135"> Eine Flut widerstreitender Gefühle durchschwelltc bei dieser Ansprache die<lb/> Seele des Dichters. Der Kaplan lenkte seinen Blick wieder ans Dom Sebastian,<lb/> welcher so dicht vor Catarina Palmeirim stand, daß ihr Atem sein Gesicht um¬<lb/> wehen mußte und, während er mit der Herzogin von Vraganza sprach, fort¬<lb/> gesetzt seine Augen in die Catarinas senkte. Zu jeder andern Zeit würde<lb/> Camoens aufwallend die mönchische Strenge des jungen Priesters zurückgewiesen<lb/> haben, jetzt beschlich ihn der Wunsch, daß König Sebastian die Anschauung seines<lb/> Kaplcms wenigstens das einemal noch teilen möge. Mühsam brachte er den<lb/> Gemeinplatz hervor: Ihr wißt, Ehrwürdiger, daß die Dichtung nicht zu allen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0384]
LamoLns,
auf. Bei ihr dürft Ihr mir von meiner Mutter erzählen, soviel Euch und mich
verlangt.
Sie hatte diesmal so leise gesprochen, daß selbst Tellez Alucita, welcher
in nächster Nähe stand, mit der Absicht, sich kein Wort des Mädchens verloren
gehen zu lassen, nichts als den Namen der Herzogin hörte. Als Camoens sich
dankend und zustimmend verneigte, nahm Catarina bereits ihren Sitz neben der
alten Dame, deren Obhut sie anvertraut war, wieder ein und schien eilig von
ihrer Unterredung mit dein Dichter zu berichten, wenigstens wandten sich ihre
Blicke fortgesetzt nach diesem zurück, bis plötzlich der König aufs neue zu den
Damen trat und die Herzogin einer laugen Unterredung würdigte, welche
ihm Gelegenheit genug gab, seine Augen an der anmutigen Befangenheit der
schönen Catarina zu weiden.
Camoens war im Begriff, sich aus dem glänzenden Gedränge um den König
herauszuwinden, um wieder an Barretos Seite zu kommen, als ihn der Kaplan
des Königs ansprach: Erlaubt, Senhor Luis, daß ich Euch meinen Glückwunsch
zu Euern seltenen Gaben und Eltern großen Werke ausspreche. Ich hoffe, Ihr
wißt es selbst, daß Eure Lusiaden ein Geschenk Gottes siud, ein Geschenk, mit
dem Euch auch die höchste Verantwortung auf die Seele gelegt ward. Tragt
Sorge, daß jeder Laut und Hauch in Eurer Dichtung nur Edles in den Herzen
Eurer Hörer erwecke.
Und zweifelt Ihr daran, ehrwürdiger Bruder? entgegnete Camoens ruhig.
Giebt es Edleres und Erhebenderes als die ruhmreichen Thaten erlauchter Vor¬
fahren, welche nnter Gottes Schutz das, was unmöglich schien, verwirklicht und
dies kleine Land zu einem Weltreich umgewandelt haben?
Ich sage nichts gegen den Hauptinhalt Euers Werkes, soviel ich davon zu
erkennen vermag, flüsterte der junge Priester und legte vertraulich seine Hand
in Camoens' Arm, um ihn zu einer stilleren Ecke des Saales zu geleiten. Ihr
hört, wie es um uns her von Eurer Schöpfung wiederhallt, alle Sinne sind
von dem heldenhaften Schwung ergriffen, der Eure Dichtung hebt. Aber Ihr
seht und hört auch, wie der König aus Eurer Schilderung irdischer Leiden¬
schaft keineswegs klar die Mahnung vernahm, daß ein Gesalbter des Herrn die
irdische Liebe vor allen Sünden fliehen müsse.
Eine Flut widerstreitender Gefühle durchschwelltc bei dieser Ansprache die
Seele des Dichters. Der Kaplan lenkte seinen Blick wieder ans Dom Sebastian,
welcher so dicht vor Catarina Palmeirim stand, daß ihr Atem sein Gesicht um¬
wehen mußte und, während er mit der Herzogin von Vraganza sprach, fort¬
gesetzt seine Augen in die Catarinas senkte. Zu jeder andern Zeit würde
Camoens aufwallend die mönchische Strenge des jungen Priesters zurückgewiesen
haben, jetzt beschlich ihn der Wunsch, daß König Sebastian die Anschauung seines
Kaplcms wenigstens das einemal noch teilen möge. Mühsam brachte er den
Gemeinplatz hervor: Ihr wißt, Ehrwürdiger, daß die Dichtung nicht zu allen
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