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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.

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Friedrich der Große und Gottsched.

Das Opfer wird gedoppelt schön.
Durch Amors Glut ist es verflogen,
Und das Geheimniß wird vollzogen.

Es War noch keine Stunde vergangen, so kam ein Diener und überbrachte
Gottsched einen Brief des Königs, "mit zwei schwarzen königlichen Pitschaften
bedruckt." Gottsched erbrach ihn und fand darin, außer der kurzen Antwort
des Königs: 1"Z vou.8 r<zu<zroi<z as ig, 8troxlio <l"z RousssM. 5ö rü'vtounö, c>us
vous I'a^W xv. ronäre su .V>!< in-in"! und einer gedruckten französischen Ode von
ihm auf die Eroberung von Port Mao" durch die Franzosen (28. Juni 1736)
ein Quartblatt, das der König eigenhändig mit französischen Versen beschrieben
hatte. Es war das später so berühmt gewordene Gedicht: 1,6 visi, "zu äisxsnsMt
868 aom8, in welchem der König, anknüpfend an die Unterredung des vorher¬
gegangenen Tages, ausführt, wie verschieden der Himmel seine Gaben an die
Völker verteilt habe, wie er den Deutschen zwar den Ruhm der Tapferkeit ver¬
liehen, aber nicht zugleich die Gabe, den Sieg mit unverwelklichen Kränzen (durch
die Poesie) zu verherrlichen, und sich endlich an Gottsched -- den "sächsischen
Schwan" -- mit den Worten wendet:


O'ost Ä, toi, lo o)'guf Llrxon,
O'srrsvnsr vo tslsvt ü, In. us.ti.lro "vsro:
O'iläouoir xirr los soins ä'uno um^no dö-rbüro
I^s. ciuro üxrotö als hos sons.
^fondo par los olu^mes, cjuo es. Nuso prox-iro,
^Vnx 1s,urisrs ävs vninciuours, aoud lo (Zorn-um so M"o,
I^os xlics dsiurx I-ruriors 6'^.xollon.

Da der Überbringer zugleich meldete, daß der König Montag früh sieben Uhr
abreisen würde, so beeilte sich Gottsched, sofort ein paar Verse zur Antwort auf¬
zusetzen. Es waren zwölf ziemlich unzusannnenhängeude Zeilen, die mit den
Worten schlössen:


Doch Helden pflanzen Lorbeerhaine,
Der Dichter blöde Hand bricht Zweige für ihr Haupt;
Dein siegreich Schwert ist längst umlaubt,
Und Dein Bewundrer bleibtder Deine
G.

Als der Bote gegen zehn Uhr mit dieser Antwort zurückkam, war der König
bereits zu Bett, und so wurde sie ihm auf seinen Tisch gelegt. Gottsched fand
sich am andern Morgen ein. um den König abreisen zu sehen, und hatte noch
die Genugthuung, daß dieser ihm "im Vorbeigehen auf sein Dauksagu'ngs-
kompliment zurief: ^.aigu, NonÄsur!"

Gottsched hatte sich-gleich beim Empfange des königlichen Gedichts vor¬
genommen, "seine Gegenmeinung von dem Flore der schönen Wissenschaften und
Künste bei den Völkern in einem ausführlicher!! Gedichte mit der Zeit aufzu-


Friedrich der Große und Gottsched.

Das Opfer wird gedoppelt schön.
Durch Amors Glut ist es verflogen,
Und das Geheimniß wird vollzogen.

Es War noch keine Stunde vergangen, so kam ein Diener und überbrachte
Gottsched einen Brief des Königs, „mit zwei schwarzen königlichen Pitschaften
bedruckt." Gottsched erbrach ihn und fand darin, außer der kurzen Antwort
des Königs: 1«Z vou.8 r<zu<zroi<z as ig, 8troxlio <l«z RousssM. 5ö rü'vtounö, c>us
vous I'a^W xv. ronäre su .V>!< in-in«! und einer gedruckten französischen Ode von
ihm auf die Eroberung von Port Mao» durch die Franzosen (28. Juni 1736)
ein Quartblatt, das der König eigenhändig mit französischen Versen beschrieben
hatte. Es war das später so berühmt gewordene Gedicht: 1,6 visi, «zu äisxsnsMt
868 aom8, in welchem der König, anknüpfend an die Unterredung des vorher¬
gegangenen Tages, ausführt, wie verschieden der Himmel seine Gaben an die
Völker verteilt habe, wie er den Deutschen zwar den Ruhm der Tapferkeit ver¬
liehen, aber nicht zugleich die Gabe, den Sieg mit unverwelklichen Kränzen (durch
die Poesie) zu verherrlichen, und sich endlich an Gottsched — den „sächsischen
Schwan" — mit den Worten wendet:


O'ost Ä, toi, lo o)'guf Llrxon,
O'srrsvnsr vo tslsvt ü, In. us.ti.lro »vsro:
O'iläouoir xirr los soins ä'uno um^no dö-rbüro
I^s. ciuro üxrotö als hos sons.
^fondo par los olu^mes, cjuo es. Nuso prox-iro,
^Vnx 1s,urisrs ävs vninciuours, aoud lo (Zorn-um so M«o,
I^os xlics dsiurx I-ruriors 6'^.xollon.

Da der Überbringer zugleich meldete, daß der König Montag früh sieben Uhr
abreisen würde, so beeilte sich Gottsched, sofort ein paar Verse zur Antwort auf¬
zusetzen. Es waren zwölf ziemlich unzusannnenhängeude Zeilen, die mit den
Worten schlössen:


Doch Helden pflanzen Lorbeerhaine,
Der Dichter blöde Hand bricht Zweige für ihr Haupt;
Dein siegreich Schwert ist längst umlaubt,
Und Dein Bewundrer bleibtder Deine
G.

Als der Bote gegen zehn Uhr mit dieser Antwort zurückkam, war der König
bereits zu Bett, und so wurde sie ihm auf seinen Tisch gelegt. Gottsched fand
sich am andern Morgen ein. um den König abreisen zu sehen, und hatte noch
die Genugthuung, daß dieser ihm „im Vorbeigehen auf sein Dauksagu'ngs-
kompliment zurief: ^.aigu, NonÄsur!"

Gottsched hatte sich-gleich beim Empfange des königlichen Gedichts vor¬
genommen, „seine Gegenmeinung von dem Flore der schönen Wissenschaften und
Künste bei den Völkern in einem ausführlicher!! Gedichte mit der Zeit aufzu-


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[0532] Friedrich der Große und Gottsched. Das Opfer wird gedoppelt schön. Durch Amors Glut ist es verflogen, Und das Geheimniß wird vollzogen. Es War noch keine Stunde vergangen, so kam ein Diener und überbrachte Gottsched einen Brief des Königs, „mit zwei schwarzen königlichen Pitschaften bedruckt." Gottsched erbrach ihn und fand darin, außer der kurzen Antwort des Königs: 1«Z vou.8 r<zu<zroi<z as ig, 8troxlio <l«z RousssM. 5ö rü'vtounö, c>us vous I'a^W xv. ronäre su .V>!< in-in«! und einer gedruckten französischen Ode von ihm auf die Eroberung von Port Mao» durch die Franzosen (28. Juni 1736) ein Quartblatt, das der König eigenhändig mit französischen Versen beschrieben hatte. Es war das später so berühmt gewordene Gedicht: 1,6 visi, «zu äisxsnsMt 868 aom8, in welchem der König, anknüpfend an die Unterredung des vorher¬ gegangenen Tages, ausführt, wie verschieden der Himmel seine Gaben an die Völker verteilt habe, wie er den Deutschen zwar den Ruhm der Tapferkeit ver¬ liehen, aber nicht zugleich die Gabe, den Sieg mit unverwelklichen Kränzen (durch die Poesie) zu verherrlichen, und sich endlich an Gottsched — den „sächsischen Schwan" — mit den Worten wendet: O'ost Ä, toi, lo o)'guf Llrxon, O'srrsvnsr vo tslsvt ü, In. us.ti.lro »vsro: O'iläouoir xirr los soins ä'uno um^no dö-rbüro I^s. ciuro üxrotö als hos sons. ^fondo par los olu^mes, cjuo es. Nuso prox-iro, ^Vnx 1s,urisrs ävs vninciuours, aoud lo (Zorn-um so M«o, I^os xlics dsiurx I-ruriors 6'^.xollon. Da der Überbringer zugleich meldete, daß der König Montag früh sieben Uhr abreisen würde, so beeilte sich Gottsched, sofort ein paar Verse zur Antwort auf¬ zusetzen. Es waren zwölf ziemlich unzusannnenhängeude Zeilen, die mit den Worten schlössen: Doch Helden pflanzen Lorbeerhaine, Der Dichter blöde Hand bricht Zweige für ihr Haupt; Dein siegreich Schwert ist längst umlaubt, Und Dein Bewundrer bleibtder Deine G. Als der Bote gegen zehn Uhr mit dieser Antwort zurückkam, war der König bereits zu Bett, und so wurde sie ihm auf seinen Tisch gelegt. Gottsched fand sich am andern Morgen ein. um den König abreisen zu sehen, und hatte noch die Genugthuung, daß dieser ihm „im Vorbeigehen auf sein Dauksagu'ngs- kompliment zurief: ^.aigu, NonÄsur!" Gottsched hatte sich-gleich beim Empfange des königlichen Gedichts vor¬ genommen, „seine Gegenmeinung von dem Flore der schönen Wissenschaften und Künste bei den Völkern in einem ausführlicher!! Gedichte mit der Zeit aufzu-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196733/532>, abgerufen am 15.01.2025.