Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.berg und den gar zu schwülstigen Ausdrücken seiner Gedichte, von Graf Bünaus Am folgenden Tage, Sonntag den 16, Oktober, machte sich Gottsched an
,lVei vielen Zerstreuungen" -- wie er selbst behauptet -- entwarf Gottsched in
Pietsch, gebracht; den habe ich weggeworfen, und Gellert antwortete: Jhro Majestät, den
werfe ich auch weg. berg und den gar zu schwülstigen Ausdrücken seiner Gedichte, von Graf Bünaus Am folgenden Tage, Sonntag den 16, Oktober, machte sich Gottsched an
,lVei vielen Zerstreuungen" — wie er selbst behauptet — entwarf Gottsched in
Pietsch, gebracht; den habe ich weggeworfen, und Gellert antwortete: Jhro Majestät, den
werfe ich auch weg. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0531" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197265"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1677" prev="#ID_1676"> berg und den gar zu schwülstigen Ausdrücken seiner Gedichte, von Graf Bünaus<lb/> und Mascovs Historie, von Gellerts Fabeln und hundert andern Sachen, denn<lb/> was kann man in viertehalb Stunden nicht reden! Des Klopstock Messias ver¬<lb/> wirft er ganz, und die Miltonsche Schreibart auch: uuM n<z vMt rien<lb/> xour >Ä xossic!. Weil er mir nun so viel Regeln der Poesie gegeben hatte,<lb/> die größteutheils vollkommen richtig waren, so sagte ich beim Abschiede: ins<lb/> og.ntörg.i ü, I'g,?Wir, ä'avoir axxris Iss loix ä«z 1^ pvvsi<z an 1v»i8litlLur 1s wus<lb/> los xöuxlW, Er verstund wohl, was ich sagte, und es schien ihm nicht zu mi߬<lb/> fallen, denn er sagte: -I'al 1'Irnnneur Ac vous rsvoir, und so entfernte ich mich,<lb/> indem er ein Packet aufbrach, welches ihm der Geheimderat Eichel zuschickte.<lb/> Nun, was dunkel Ihnen, werther Freund, von dieser langen Unterredung eines<lb/> Königes, eines Helden, der in solchen Umständen ist, der gleich beim Antritt aus<lb/> dem Reisewagen nach mir fraget, der, da sich unsere Rathsherren und Handels¬<lb/> leute auf dem Vorsaal befinden und Audienz suchen, mit einem Professor sich<lb/> von Dingen unterhält, die nur bei der größten Muße für Fürsten gehören, und<lb/> mit einer solchen Munterkeit des Geistes, als ob er sonst gar nichts zu denken<lb/> hätte?"</p><lb/> <p xml:id="ID_1678"> Am folgenden Tage, Sonntag den 16, Oktober, machte sich Gottsched an<lb/> seine Aufgabe, die Strophe aus dem Rousseau, die ihm der König bezeichnet<lb/> hatte, ins Deutsche zu übersetzen. Es ist die vorletzte Strophe aus der siebenten<lb/> Ode des zweiten Buches von Rousseaus Oden, welche lautet:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_10" type="poem"> <l> Lous >ni plus tisui'oux ->.ugxiov<lb/> ^ Äsosso Ass !>,W0N1'8<lb/> Vvut, cjn'un nouvsan SÄvriüvs<lb/> I^in onnsaorv vos bvnux Mirs.<lb/> Oojä 1« dnolnzr s'iMimo.<lb/> I^antsI drillo, I'snovus tuas,<lb/> I^-i, vintiras s'vmbsllit.<lb/> 1/^.rnour nom« tu, oonsumg,<lb/> I>o mystöi'v s'üttoonlplit.</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1679"> ,lVei vielen Zerstreuungen" — wie er selbst behauptet — entwarf Gottsched in<lb/> einer halben Stunde folgende „flüchtige Verdeutschung," die er abends gegen acht<lb/> Uhr versiegelt an den König sandte:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_11" type="poem"> <l> Mit ungleich glücklicheren Geschicke<lb/> Geheul die Göttin zarter Pein,<lb/> Ihr deine schönen Augenblicke<lb/> Zum Opfer noch einmal zu weihn.<lb/> Der Holzstoß hebt an, aufzugehn,<lb/> Der Altar glänzt, des Weihrauchs Düfte<lb/> Durchdringen schon die weiten Lüste,</l> </lg> </quote><lb/> <note xml:id="FID_46" prev="#FID_45" place="foot"> Pietsch, gebracht; den habe ich weggeworfen, und Gellert antwortete: Jhro Majestät, den<lb/> werfe ich auch weg.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0531]
berg und den gar zu schwülstigen Ausdrücken seiner Gedichte, von Graf Bünaus
und Mascovs Historie, von Gellerts Fabeln und hundert andern Sachen, denn
was kann man in viertehalb Stunden nicht reden! Des Klopstock Messias ver¬
wirft er ganz, und die Miltonsche Schreibart auch: uuM n<z vMt rien
xour >Ä xossic!. Weil er mir nun so viel Regeln der Poesie gegeben hatte,
die größteutheils vollkommen richtig waren, so sagte ich beim Abschiede: ins
og.ntörg.i ü, I'g,?Wir, ä'avoir axxris Iss loix ä«z 1^ pvvsi<z an 1v»i8litlLur 1s wus
los xöuxlW, Er verstund wohl, was ich sagte, und es schien ihm nicht zu mi߬
fallen, denn er sagte: -I'al 1'Irnnneur Ac vous rsvoir, und so entfernte ich mich,
indem er ein Packet aufbrach, welches ihm der Geheimderat Eichel zuschickte.
Nun, was dunkel Ihnen, werther Freund, von dieser langen Unterredung eines
Königes, eines Helden, der in solchen Umständen ist, der gleich beim Antritt aus
dem Reisewagen nach mir fraget, der, da sich unsere Rathsherren und Handels¬
leute auf dem Vorsaal befinden und Audienz suchen, mit einem Professor sich
von Dingen unterhält, die nur bei der größten Muße für Fürsten gehören, und
mit einer solchen Munterkeit des Geistes, als ob er sonst gar nichts zu denken
hätte?"
Am folgenden Tage, Sonntag den 16, Oktober, machte sich Gottsched an
seine Aufgabe, die Strophe aus dem Rousseau, die ihm der König bezeichnet
hatte, ins Deutsche zu übersetzen. Es ist die vorletzte Strophe aus der siebenten
Ode des zweiten Buches von Rousseaus Oden, welche lautet:
Lous >ni plus tisui'oux ->.ugxiov
^ Äsosso Ass !>,W0N1'8
Vvut, cjn'un nouvsan SÄvriüvs
I^in onnsaorv vos bvnux Mirs.
Oojä 1« dnolnzr s'iMimo.
I^antsI drillo, I'snovus tuas,
I^-i, vintiras s'vmbsllit.
1/^.rnour nom« tu, oonsumg,
I>o mystöi'v s'üttoonlplit.
,lVei vielen Zerstreuungen" — wie er selbst behauptet — entwarf Gottsched in
einer halben Stunde folgende „flüchtige Verdeutschung," die er abends gegen acht
Uhr versiegelt an den König sandte:
Mit ungleich glücklicheren Geschicke
Geheul die Göttin zarter Pein,
Ihr deine schönen Augenblicke
Zum Opfer noch einmal zu weihn.
Der Holzstoß hebt an, aufzugehn,
Der Altar glänzt, des Weihrauchs Düfte
Durchdringen schon die weiten Lüste,
Pietsch, gebracht; den habe ich weggeworfen, und Gellert antwortete: Jhro Majestät, den
werfe ich auch weg.
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