Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Viertes Quartal.Wein- und Gbstbau in Deutschland. Vergegenwärtigen wir uns die Schicksale der Länder, um welche es sich Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Ordenslande. Der furchtbare Schlag Wein- und Gbstbau in Deutschland. Vergegenwärtigen wir uns die Schicksale der Länder, um welche es sich Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Ordenslande. Der furchtbare Schlag <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0029" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/196763"/> <fw type="header" place="top"> Wein- und Gbstbau in Deutschland.</fw><lb/> <p xml:id="ID_62"> Vergegenwärtigen wir uns die Schicksale der Länder, um welche es sich<lb/> hier hauptsächlich handelt: der Mark Brandenburg und des Ordensstaates.<lb/> Willibald Alexis giebt uns im „Falschen Woldemar" ein plastisches Bild der<lb/> Zustände in der Mark Brandenburg während des großen Markgrafen Woldemar<lb/> und dann ein Menschenalter nach seinem Tode; wir glauben, alle diejenigen, die<lb/> sich für unsern Gegenstand näher interessiren, hierauf verweisen zu dürfen. Die<lb/> Herrschaft des bairischen Markgrafen war ein Fluch für die Mark; der un¬<lb/> glückliche Krieg mit Pommern, der furchtbare Tatareueinfall, die merkwürdige<lb/> Bewegung des falschen Woldemar machten das Land zur'Wüste, und erst unter<lb/> der Negierung des luxemburgischen Kaisers, Karls des Vierten, atmete es wieder<lb/> auf. Dann aber kam noch die allerbittcrste Neige des Leidensbechers: die<lb/> „Regierung" Jobsts von Mähren. Endlich erschienen die Hohenzollern, und<lb/> mit ihnen begann allerdings ein stetiges Besserwerden; aber es dauerte doch<lb/> lange, bis dasselbe durchgreifend und wahrnehmbar wurde. Und kaum war<lb/> dies erreicht, so flammte der dreißigjährige Krieg auf, der bekanntlich kein<lb/> deutsches Land so furchtbar, so bis auf das letzte Mark der Knochen mitnahm<lb/> wie die Mark Brandenburg. Ein schwedischer General erklärte es ja schlechter¬<lb/> dings sür unmöglich, durch die Mark zu marschiren, weil da keine Katze<lb/> mehr leben könne, geschweige denn Mann und Pferd. Es folgte die Regierung<lb/> des Großen Kurfürsten; dem Lande wurde wunderbar aufgeholfen, aber auch seine<lb/> ganze Kraft fortwährend aufs äußerste angestrengt, und an Kriegsverwüstungen<lb/> fehlte es auch unter ihm nicht. Auch die nachfolgenden Könige nahmen die<lb/> Kraft des Landes fast immer bis zur Überspannung in Anspruch. Ganz be¬<lb/> sonders gilt dies von Friedrich dem Großen, und anch unter ihm waren wieder<lb/> feindliche Heere im Lande und wurden Schlachten auf dem Boden desselben<lb/> geschlagen. Endlich 1806 und dann die Befreiungskriege; man denke an Groß-<lb/> beeren, Dennewitz und Hagelsberg. Erst seitdem ist das Land zur Ruhe ge¬<lb/> kommen, und es wird schwerlich übertrieben sein, wenn man wohl oft gesagt<lb/> hat: für die allgemeine wirtschaftliche Lage des Landes, insbesondre für den<lb/> Landbau kehre jetzt erst die Zeit der Askanier wieder.</p><lb/> <p xml:id="ID_63" next="#ID_64"> Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Ordenslande. Der furchtbare Schlag<lb/> bei Tannenberg 141V brach die Macht des Ordens; schreckliche Verwüstungen,<lb/> Erpressungen, lange Fehden aller Art folgten. Von 1453 bis 1466 tobte der<lb/> unglückselige sogenannte Städtekrieg, an dessen Ende der Hochmeister auf Ost¬<lb/> preußen beschränkt und auch dieses ein polnisches Lehen wurde. Westpreußen<lb/> wurde polnisch, d. h. es versank auf mehr als dreihundert Jahre in Barbarei,<lb/> aus der es erst durch Friedrich den Großen wieder herausgerissen wurde. Ost¬<lb/> preußen hatte ein besseres, aber auch kein rosiges Schicksal. Nicht endende<lb/> Kriege verheerten das unglückliche Land, und nachdem der Große Kurfürst die<lb/> Herrschaft seines Hauses in demselben fest begründet hatte, ging in dieser Hinsicht<lb/> das Elend erst recht an. Schweden, Polen und Russen hausten in Ostpreußen,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0029]
Wein- und Gbstbau in Deutschland.
Vergegenwärtigen wir uns die Schicksale der Länder, um welche es sich
hier hauptsächlich handelt: der Mark Brandenburg und des Ordensstaates.
Willibald Alexis giebt uns im „Falschen Woldemar" ein plastisches Bild der
Zustände in der Mark Brandenburg während des großen Markgrafen Woldemar
und dann ein Menschenalter nach seinem Tode; wir glauben, alle diejenigen, die
sich für unsern Gegenstand näher interessiren, hierauf verweisen zu dürfen. Die
Herrschaft des bairischen Markgrafen war ein Fluch für die Mark; der un¬
glückliche Krieg mit Pommern, der furchtbare Tatareueinfall, die merkwürdige
Bewegung des falschen Woldemar machten das Land zur'Wüste, und erst unter
der Negierung des luxemburgischen Kaisers, Karls des Vierten, atmete es wieder
auf. Dann aber kam noch die allerbittcrste Neige des Leidensbechers: die
„Regierung" Jobsts von Mähren. Endlich erschienen die Hohenzollern, und
mit ihnen begann allerdings ein stetiges Besserwerden; aber es dauerte doch
lange, bis dasselbe durchgreifend und wahrnehmbar wurde. Und kaum war
dies erreicht, so flammte der dreißigjährige Krieg auf, der bekanntlich kein
deutsches Land so furchtbar, so bis auf das letzte Mark der Knochen mitnahm
wie die Mark Brandenburg. Ein schwedischer General erklärte es ja schlechter¬
dings sür unmöglich, durch die Mark zu marschiren, weil da keine Katze
mehr leben könne, geschweige denn Mann und Pferd. Es folgte die Regierung
des Großen Kurfürsten; dem Lande wurde wunderbar aufgeholfen, aber auch seine
ganze Kraft fortwährend aufs äußerste angestrengt, und an Kriegsverwüstungen
fehlte es auch unter ihm nicht. Auch die nachfolgenden Könige nahmen die
Kraft des Landes fast immer bis zur Überspannung in Anspruch. Ganz be¬
sonders gilt dies von Friedrich dem Großen, und anch unter ihm waren wieder
feindliche Heere im Lande und wurden Schlachten auf dem Boden desselben
geschlagen. Endlich 1806 und dann die Befreiungskriege; man denke an Groß-
beeren, Dennewitz und Hagelsberg. Erst seitdem ist das Land zur Ruhe ge¬
kommen, und es wird schwerlich übertrieben sein, wenn man wohl oft gesagt
hat: für die allgemeine wirtschaftliche Lage des Landes, insbesondre für den
Landbau kehre jetzt erst die Zeit der Askanier wieder.
Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Ordenslande. Der furchtbare Schlag
bei Tannenberg 141V brach die Macht des Ordens; schreckliche Verwüstungen,
Erpressungen, lange Fehden aller Art folgten. Von 1453 bis 1466 tobte der
unglückselige sogenannte Städtekrieg, an dessen Ende der Hochmeister auf Ost¬
preußen beschränkt und auch dieses ein polnisches Lehen wurde. Westpreußen
wurde polnisch, d. h. es versank auf mehr als dreihundert Jahre in Barbarei,
aus der es erst durch Friedrich den Großen wieder herausgerissen wurde. Ost¬
preußen hatte ein besseres, aber auch kein rosiges Schicksal. Nicht endende
Kriege verheerten das unglückliche Land, und nachdem der Große Kurfürst die
Herrschaft seines Hauses in demselben fest begründet hatte, ging in dieser Hinsicht
das Elend erst recht an. Schweden, Polen und Russen hausten in Ostpreußen,
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