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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal.

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Die Rawlineninseln.

Palao- oder Pelew-Jnseln auf mißverständlicher Auffassung der ihm erteilten
Weisungen beruht. Indem sie mich daher beauftragt hat, Eurer Exzellenz ge¬
neigte Aufmerksamkeit auf diese Frage zu lenken und hinzuzufügen, daß sie die
von dem spanischen Konsul in Hongkong beanspruchte Souveränität und Zoll¬
hoheit über jene Inseln aus den angeführten Gründen nicht anerkennen kann,
beehre ich mich im Namen der kaiserlichen Regierung die Hoffnung auszusprechen,
daß die königlich spanische Regierung den spanischen Kolvnialbchördcn und Be¬
fehlshabern der in den dortigen Gewässern stationirten Kriegsschiffe sowie den
spanischen Konsulaten in Ostasien und Polynesien die Weisung zugehen lassen
wird, dem direkten Verkehr deutscher Schiffe und Staatsangehörigen mit und
auf den gedachten Inselgruppen keinerlei Hindernisse in den Weg zu legen." In
der Note, welche Layard, der englische Gesandte am spanischen Hofe, an de Castro
richtete und welche einen ähnlichen Gedankengang verfolgte wie die deutsche, hieß
es am Schlüsse: "Ihrer Majestät Negierung erkennt das von Spanien bean-
spruchte Recht über die Karolinen- oder Pelew-Jnseln, über welche dieselbe niemals
irgendwelche thatsächliche Herrschaft ausgeübt hat noch jetzt ausübt, nicht an."

Das waren Verwahrungen so förmlich und entschieden, als man sie nur
verlangen kann, und wenn die spanische Regierung gegen diese Noten keinen
Widerspruch erhoben hat, so ist anzunehmen, daß sie dieselben als wohlbegründet
ansehen mußte. Thatsache aber ist, daß sie auch seitdem von den Karolinen
in keiner Weise effektiv Besitz ergriffen hat und erst jetzt, nachdem die Deutschen
das Protektorat über dieselben übernommen haben, Ansprüche auf deren Besitz
erhebt. Deutschland war mit diesem Vorgehen die erste Macht, welche nach den
neuen von der Berliner Kongvkonfercnz festgestellten Prinzipien ein exotisches
Gebiet, welches noch von keiner zivilisirtcn Macht okkupirt war, in Besitz nahm.
Daß Spanien in der That, als dies geschah, die Karolinen noch nicht okkupirt
hatte, giebt die offiziöse ^.Mntig l^atra. indirekt selbst zu, indem sie sagt, der
Gouverneur der Philippinen habe die effektive Okkupation jener Inseln seit dem
März d. I. "vorbereitet." Wenn sie sich dann aber beschwert, daß die deutschen
Konsuln ihre Negierung von dieser Absicht und Vorbereitung in Kenntnis gesetzt
haben, so ist das völlig unbegreiflich. Die Konsuln haben damit nur ihre Pflicht er¬
füllt und im Interesse ihres Landes gehandelt, und andrerseits hat es der Gouver¬
neur von Manila an der in solchen Fällen notwendigen Naschheit und vorsichtige"
Verschwiegenheit fehlen lassen, sodaß es den Deutschen möglich war, ihm zuvorzu¬
kommen. Durch diesen Akt war die Frage so gestellt, daß das deutsche Reich formell
und effektiv Besitzer der Karolinen geworden war, und daß Spanien, wenn es
aus eiuer völkerrechtlichen Frage nicht eine Machtfrage machen wollte, vor Europa
den Beweis zu erbringen hatte, daß es schon vorher von der Inselgruppe formell
und effektiv Besitz ergriffen. Mit geräuschvollem Protestiren, sich in die Brust
werfen und Reden von kastilischer Ehre war natürlich nichts zu machen. Das
war aber auch garnicht die Absicht der Wühler in der Straße del Principe


Die Rawlineninseln.

Palao- oder Pelew-Jnseln auf mißverständlicher Auffassung der ihm erteilten
Weisungen beruht. Indem sie mich daher beauftragt hat, Eurer Exzellenz ge¬
neigte Aufmerksamkeit auf diese Frage zu lenken und hinzuzufügen, daß sie die
von dem spanischen Konsul in Hongkong beanspruchte Souveränität und Zoll¬
hoheit über jene Inseln aus den angeführten Gründen nicht anerkennen kann,
beehre ich mich im Namen der kaiserlichen Regierung die Hoffnung auszusprechen,
daß die königlich spanische Regierung den spanischen Kolvnialbchördcn und Be¬
fehlshabern der in den dortigen Gewässern stationirten Kriegsschiffe sowie den
spanischen Konsulaten in Ostasien und Polynesien die Weisung zugehen lassen
wird, dem direkten Verkehr deutscher Schiffe und Staatsangehörigen mit und
auf den gedachten Inselgruppen keinerlei Hindernisse in den Weg zu legen." In
der Note, welche Layard, der englische Gesandte am spanischen Hofe, an de Castro
richtete und welche einen ähnlichen Gedankengang verfolgte wie die deutsche, hieß
es am Schlüsse: „Ihrer Majestät Negierung erkennt das von Spanien bean-
spruchte Recht über die Karolinen- oder Pelew-Jnseln, über welche dieselbe niemals
irgendwelche thatsächliche Herrschaft ausgeübt hat noch jetzt ausübt, nicht an."

Das waren Verwahrungen so förmlich und entschieden, als man sie nur
verlangen kann, und wenn die spanische Regierung gegen diese Noten keinen
Widerspruch erhoben hat, so ist anzunehmen, daß sie dieselben als wohlbegründet
ansehen mußte. Thatsache aber ist, daß sie auch seitdem von den Karolinen
in keiner Weise effektiv Besitz ergriffen hat und erst jetzt, nachdem die Deutschen
das Protektorat über dieselben übernommen haben, Ansprüche auf deren Besitz
erhebt. Deutschland war mit diesem Vorgehen die erste Macht, welche nach den
neuen von der Berliner Kongvkonfercnz festgestellten Prinzipien ein exotisches
Gebiet, welches noch von keiner zivilisirtcn Macht okkupirt war, in Besitz nahm.
Daß Spanien in der That, als dies geschah, die Karolinen noch nicht okkupirt
hatte, giebt die offiziöse ^.Mntig l^atra. indirekt selbst zu, indem sie sagt, der
Gouverneur der Philippinen habe die effektive Okkupation jener Inseln seit dem
März d. I. „vorbereitet." Wenn sie sich dann aber beschwert, daß die deutschen
Konsuln ihre Negierung von dieser Absicht und Vorbereitung in Kenntnis gesetzt
haben, so ist das völlig unbegreiflich. Die Konsuln haben damit nur ihre Pflicht er¬
füllt und im Interesse ihres Landes gehandelt, und andrerseits hat es der Gouver¬
neur von Manila an der in solchen Fällen notwendigen Naschheit und vorsichtige»
Verschwiegenheit fehlen lassen, sodaß es den Deutschen möglich war, ihm zuvorzu¬
kommen. Durch diesen Akt war die Frage so gestellt, daß das deutsche Reich formell
und effektiv Besitzer der Karolinen geworden war, und daß Spanien, wenn es
aus eiuer völkerrechtlichen Frage nicht eine Machtfrage machen wollte, vor Europa
den Beweis zu erbringen hatte, daß es schon vorher von der Inselgruppe formell
und effektiv Besitz ergriffen. Mit geräuschvollem Protestiren, sich in die Brust
werfen und Reden von kastilischer Ehre war natürlich nichts zu machen. Das
war aber auch garnicht die Absicht der Wühler in der Straße del Principe


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_196099/450>, abgerufen am 25.11.2024.